Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Klopapier-Berge im Modehaus
Baden Württembergs Ministerpräsident Kretschmann sei ein weiser Mann. Der das gesagt, ist sein bayerischer Amtskollege Söder, der es wissen muss, schließlich strebt er stets nach höherer politischer Machtweisheit. Der grüne Landesvater wiederum hat über den seine partielle Unweisheit ungehemmt auslebenden Tübinger Oberbürgermeister und Parteikollegen Palmer geurteilt: Er sei ein Profi, der wissen müsste, dass Ironie in der Politik nie funktioniere.
Palmer hatte sich zuvor auf das rutschigste aller Glatteise gewagt und das Thema „Rassismus“, das behauptet er, mit humorvoll gemeinten Provokativ-Pirouetten umtanzt. Der grüne und vielleicht bald nicht mehr grüne Politiker mit bundes-, ja menschheitspolitischem Dauerverkündigungsdrang stammt aus einem Bundesland, in dem überdurchschnittlich viele widerborstige Landeskinder zu leben scheinen. Palmers Vater war bekanntlich ein widerstandslustiger Obstbauer, der sich als Remstal-Rebell gegen staatliche Bevormundung brüsk wehrte. Das prägt.
So lässt einen schon ein Wochenendausflug ins Ländle, etwa in Kretschmanns Heimat Sigmaringen, um das Hohenzollernschloss zumindest einmal von außen gesehen zu haben, flugs in die Hände anderer Aufbegehrer laufen. In unserem Fall sind es die Inhaber des Modehauses Robben, in dessen Erdgeschoss sich der Gast am Samstag wundersam ohne Anmeldung und/ oder Corona-Test tummeln durfte. Die cleveren Schwaben haben ihr Haus schon am 27. März neu eröffnet und bedienen sich unter dem Motto „Handel ist Wandel!“mehrerer Tricks, türmen sich in dem Laden abseits von Kleidung Berge von Klopapier, das als „unbegrenzt haltbar“angepriesen wird. Ja, im Schatten von Pullovern, Kleidern und Hosen finden sich Tische mit „regionalen Spezialitäten“wie Nudeln oder ein Stapel mit Bierkästen – alles, was der Mensch in CoronaZeiten vordringlich braucht.
Eine Frau probiert entspannt Kleidung und lässt sich von einer Verkäuferin Ware, die mit Absperrbändern umgeben ist, anreichen. Manch einer schmunzelt, gibt es derart viel Klopapier selbst bei Discountern nicht. Die Szenerie zeigt die Absurdität der Krise. Manchmal funktioniert Ironie also doch, auch wenn sie bitterböse ist.