Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Neusässer Bahnhöfe werden nicht verbessert

Falls es noch Hoffnung gegeben hätte, dass mit dem Ausbau der Bahnstreck­e Augsburg–Ulm auch die Haltepunkt­e in Neusäß und Westheim modernisie­rt werden, ist diese nun vom Tisch

- VON ANGELA DAVID

Neusäß Eigentlich war es den meisten schon lange klar, aber nun wissen die Neusässer ganz genau, dass sie von der Bahn keine Hilfe bei der Modernisie­rung ihrer beiden Bahnhöfe zu erwarten haben. Um aktuelle Informatio­nen über den Stand des Ausbaus der Bahnstreck­e Augsburg-Ulm zu erhalten, hatte der Neusässer Stadtrat den zuständige­n Projektlei­ter der DB Netz AG, Markus Baumann, zu Gast. Doch der hatte über die kontrovers diskutiert­e Trassenfüh­rung nicht viel Neues zu berichten. Derzeit arbeite man die Details der vier bekannten Trassen aus.

Nur die Nachfragen der Stadträte zum Thema Bahnhöfe konnte Baumann klar beantworte­n: „Die Wahrschein­lichkeit, dass wir in die Bahnhöfe irgendwie eingreifen müssen, ist sehr gering“, so der Projektlei­ter. Er verdeutlic­hte, dass man theoretisc­h auch zwei neue Gleise entlang der Bestandsst­recke bauen könnte, ohne die Bahnhöfe „anzufassen“, vor allem, weil die neuen Gleise dann höchstwahr­scheinlich nordwestli­ch der alten Gleise entstehen würden – und die Bahnhöfe sind auf der anderen, südlichen Seite.

Wie mehrfach berichtet, wünschen sich die Neusässer seit Jahren eine Modernisie­rung der alten Bahnhöfe in Westheim und Neusäß. Sie haben keinen Aufzug, sind nicht barrierefr­ei und haben noch andere Mängel. In der aktuellen Stadtratss­itzung wurde erneut deutlich: Die Bahn wird daran nichts ändern. Die Stadträte kritisiert­en, der Bund und der Freistaat, der für die Bahnhöfe zuständig ist, hätten sich jahrelang den Schwarzen Peter gegenseiti­g zugeschobe­n und den Umbau der Bahnhöfe mit der Aussicht auf das „dritte Gleis“vertagt – passiert sei jedoch nichts.

Deutlich wurde Baumann auch beim Zeitrahmen: Da der Bundestag 2024 über die neue Trasse – immer noch stehen vier zur Auswahl – entscheide­n soll und eine Fertigstel­lung bis 2030 anvisiert ist, könnte die Stadt Neusäß gemeinsam mit dem Freistaat einen barrierefr­eien Umbau ihrer Bahnhöfe wahrschein­lich schon viel früher realisiere­n. Bürgermeis­ter Richard Greiner war sich mit dem Stadtrat einig, dass man sich nun andere Gesprächsp­artner und Wege suchen muss, um bei der Frage der Bahnhöfe vorwärtszu­kommen, zum Beispiel mit dem Förderprog­ramm des Freistaats zur Barrierefr­eiheit.

Auf Nachfragen von SPD-Stadtrat Christian Rindsfüßer erklärte Baumann, dass keine der Trassenvar­ianten das Güterverke­hrszentrum (GVZ) beeinträch­tigen werde. Darüber hinaus sei völlig unklar, wie hoch der Anteil des Güterverke­hrs welchem Gleis sein werde. Die Befürchtun­g der Neusässer, der Güterverke­hr werde überwiegen­d auf der Bestandsst­recke laufen und auch zunehmen, konnte Baumann nur teilweise entkräften: Das käme auch stark auf die Preisentwi­cklung an. Manchmal sei die alte Strecke zwar länger, dafür aber günstiger. Der Güterverke­hr könnte auf der neuen Fernverkeh­r-Trasse aber nachts verkehren. Geschichte ist übrigens schon lange das „dritte Gleis“: Die Planungen sehen vier Gleise vor.

Vier mögliche Trassen und bis zu 500 Meter breite Planungsko­rridore gibt es. Einer läuft bis Dinkelsche­rben auf der jetzigen Strecke und dann durch den südlichen Landkreis Günzburg Richtung Ulm.

Die anderen drei orientiere­n sich früher oder später Richtung Autobahn. Daraus entwickeln die Planer derzeit vier etwa 20 Meter breite Trassen, wobei auch Kombinatio­nen unter den jetzigen Korridoren möglich sind. Eine davon sieht die Untertunne­lung von Neusäß und des Schmuttert­als vor. Eine Variante, die im Neusässer Stadtrat auf weauf nig Gegenliebe stößt. Margot Kießling (AfD) stellte die prinzipiel­le Frage, warum man eine so aufwendige und teure Lösung überhaupt ins Auge fasse? Markus Baumann erklärte, dass man in diesem Fall ohnehin mit vier Trassen sehr wenig Möglichkei­ten gefunden habe. Grund sei die Topografie mit vielen Steigungen. Dies sei auch der Grund, warum man die Strecke nicht auf ganzer Länge neben der Autobahn führen könne. Die bewältige teils Steigungen von vier Prozent.

CSU-Stadträtin Ute Anthuber fragte, ob nicht jene Trassenfüh­rung an der Bestandsst­recke den geringsten Widerstand bei den Bürgern vermuten lasse, weshalb diese leichter und schneller zu realisiere­n sei. „Nein, überhaupt nicht“, sagte Markus Baumann, „der Widerstand kann überall groß sein, wenn das bedeutet, die Menschen bekommen eine Lärmschutz­wand vor ihr Haus“. Leichter sei eher eine Strecke „über die unbebaute, grüne Wiese“.

Silvia Daßler (Grüne) plädierte dafür, dass man nun als Stadt Neusäß alles daran setzen müsse, die Bahnhöfe voranzubri­ngen, nach einem

Bund und Freistaat schoben sich die Verantwort­ung zu

„jahrzehnte­langen Hin und Her zwischen Bund und Freistaat“. Man könne nicht noch zehn Jahre warten.

Mit der Neubaustre­cke, die für den Fernverkeh­r gedacht ist (die Strecke soll planerisch auf 300 km/h ausgericht­et werden, wobei die Züge langsamer fahren können), sollen künftig Fahrzeiten von 26 statt bisher 40 Minuten möglich sein. Ulm – Augsburg gilt als Nadelöhr auf der europäisch­en Schienenma­gistrale Paris – Budapest, weil die Bahn hier noch dem 160 Jahre alten Streckenve­rlauf mit vielen Kurven folgt. Die Bahn steigt noch im Juni in den Dialog mit den Bürgern ein, um über das Projekt zu informiere­n. Dabei machen die Mitarbeite­r für mehrere Tage Station in den Orten und beantworte­n Fragen. Schon jetzt gibt es alle Informatio­nen unter www.ulm-augsburg.de. In zwei Jahren soll dann das Raumordnun­gsverfahre­n bei der Regierung von Schwaben beginnen, wo alle Vor- und Nachteile der Trassen geprüft werden.

Oberster Maßstab ist der Deutschlan­dtakt

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Fotos: Marcus Merk (Archivbild­er) Seit Jahren wünschen sich die Neusässer eine Modernisie­rung der alten Bahnhöfe in Westheim (rechts) und Neusäß. Sie haben keinen Aufzug, sind nicht barrierefr­ei und haben noch andere Mängel.
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