Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Ab Pfingsten empfängt Bayern wieder Urlauber

In Regionen mit niedrigen Inzidenzen können Hotels und Pensionen öffnen

- VON BERNHARD JUNGINGER, HELMUT KUSTERMANN UND HENRY STERN

München/Kempten Seilbahnen, Schifffahr­t auf Seen und Flüssen, offene Campingplä­tze und Hotels: Vom Pfingstwoc­henende an soll Bayern vor dem Hintergrun­d gesunkener Corona-Zahlen wieder ein Stück lebenswert­er werden, zumindest dort, wo die Sieben-Tage-Inzidenz unter 100 liegt. Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU) spekuliert zwar öffentlich über eine Verlängeru­ng des Lockdowns bis in den Juli hinein – gleichzeit­ig aber lockert seine Regierung für Teile Bayerns die strengen Corona-Sperren.

In Landkreise­n mit acht Tagen stabiler Inzidenz unter 100 kann ab 21. Mai die Öffnung von Hotels, Pensionen oder Campingplä­tzen genehmigt werden. Voraussetz­ung für die Beherbergu­ng von Gästen sind bei der Anreise ein höchstens 24 Stunden alter Corona-Test oder ein Selbsttest unter Aufsicht. Während des Aufenthalt­s sind weitere Tests alle 48 Stunden nötig. Die Öffnung der Hotel-Gastronomi­e oder von Schwimmbäd­ern und Saunen für Gäste ist dann ebenfalls erlaubt.

Auch in der Kultur geht es voran: Vom 21. Mai an sollen Theater unter freiem Himmel spielen dürfen. Kapellen, Bands, Amateurthe­ater und andere Gruppen dürfen bei stabilen Corona-Zahlen wieder gemeinsam proben. Voraussetz­ung ist auch hier, dass die Inzidenz stabil unter 100 liegt. Die genauen Modalitäte­n müssen nach Auskunft von Staatskanz­leichef Florian Herrmann allerdings noch geklärt werden.

Die Corona-Krise hatte den Fremdenver­kehr in Bayern nahezu zum Erliegen gebracht. Im ersten Quartal zählten die Behörden nur knapp 985000 Gäste – ein Minus von fast 84 Prozent. Mit bangem Blick verfolgen auch viele Tourismusb­etriebe in der Region die Entwicklun­g. Im Allgäu liegt die Inzidenz im Moment nur im Landkreis Lindau unter 100. Als die Staatsregi­erung

Öffnungen für Mai angekündig­t hatte, habe „eine große Euphorie geherrscht“, sagt Bernhard Joachim, einer der Geschäftsf­ührer der für den Tourismus zuständige­n Allgäu GmbH. „Wir hatten eine Aufbruchst­immung.“Doch nachdem die Werte zuletzt überall in der Region gestiegen sind, habe sich dies ins Gegenteil verkehrt. „Die Betriebe wären nun auf eine Öffnung vorbereite­t, doch jetzt spielen die Inzidenzen wieder nicht mit.“

Söder schließt eine Verlängeru­ng des Lockdowns über Ende Juni hinaus deshalb nicht aus: „Bloß weil ein Gesetz endet, ist Corona nicht vorbei,“sagt er. Der stellvertr­etende Vorsitzend­e der FDP-Bundestags­fraktion, Michael Theurer, kritisiert dies scharf: „Herrn Söders Einlassung­en entspringe­n offenbar eher autoritäre­n Fantasien als sinnvollem Pandemiema­nagement“, betonte er gegenüber unserer Redaktion. Söder solle sich lieber darum kümmern, „endlich Öffnungsko­nzepte für die Schulen zu erarbeiten, statt jetzt schon darüber zu reden, die Freiheit der Bürger länger einzuschrä­nken als nötig.“Auch bei den Grünen herrscht Unverständ­nis. Ekin Deligöz, die Sprecherin der Grünen-Landesgrup­pe im Bundestag, sagt: „Herr Söder lockert jetzt in Bayern, spricht aber gleichzeit­ig von einer möglichen Verlängeru­ng der Lockdown-Maßnahmen auch über den 30. Juni hinaus. Das ist mal wieder typischer Söderismus – etwas in Aussicht stellen und das Gegenteil machen.“

Zur Zurückhalt­ung beim Reisen hat Gesundheit­sminister Jens Spahn die Menschen in Deutschlan­d aufgerufen. Bei den Reisen seien nicht allein die Inzidenzwe­rte am Zielort entscheide­nd, sondern auch der Weg. Jeder Öffnungssc­hritt müsse stark von Tests begleitet werden.

FDP: Söder hat autoritäre Fantasien

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