Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Biermann kommt ins Archiv
Liedermacher trennt sich von Privatem
Berlin Mehr als 100 große Kisten voller Tagebücher, Manuskripte, Noten, Briefe, Fotos, zeithistorischer Dokumente – der Liedermacher Wolf Biermann hat der Staatsbibliothek in Berlin sein privates Archiv vermacht. Während einer Feierstunde überreichte er symbolisch seine Handschrift des Liedes „Ermutigung“mit dem bekannten Beginn „Du, lass dich nicht verhärten, in dieser harten Zeit“an die bisherige Generaldirektorin Barbara Schneider-Kempf. „Ich muss mir ja nicht selber hinterherreden“, sagte Biermann und präsentierte dafür einige seiner Lieder als Beispiele verschiedener Schaffensphasen.
Die Staatsbibliothek hat das private und berufliche Archiv sowie die persönlichen Tagebücher des 84-Jährigen mithilfe des Bundes sowie der Kulturstiftung der Länder erworben. Eingefädelt wurde der Deal von der Bundeskanzlerin – die Ehepaare Merkel und Biermann kennen sich lange und sind befreundet.
Biermanns Werk umfasst 24 Alben und mehr als 40 Publikationen von Gedichten, Übersetzungen, Nachdichtungen, Essays, Noten und Hörbüchern. Das Archiv wurde laut Biermann von seiner Frau Pamela über Jahrzehnte angelegt und gepflegt. Dazu gehören auch ein Ton- und Filmarchiv, eine Plakatsammlung, Kritiken oder zeithistorische Dokumente der Linken in Ost und West. Enthalten ist zudem der Nachlass der Eltern Biermanns. Biermann führte seit seinem 17. Lebensjahr Tagebücher, in mehr als 200 Büchern entstand so eine Chronik seiner Zeit.
Der in Hamburg geborene Künstler war 1953 in die DDR gezogen und lebte in Ost-Berlin. Dauerhafte Auseinandersetzungen mit Staat und Partei gipfelten 1976 in seiner Ausbürgerung, die in Ost und West einen Sturm der Entrüstung auslöste. Biermann lebt in Hamburg, ist aber weiter eng verbunden mit Berlin und denkt nach eigenen Worten immer wieder über eine Rückkehr nach. Die Tagebücher sollen nun digitalisiert und wie die anderen Teile des Archivs öffentlich zugänglich gemacht werden.