Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Bio boomt, doch die ÖkoBauern bangen
Weil Verbraucher ökologisch erzeugte Lebensmittel wollen, wächst auch im Landkreis Augsburg der Markt für Bio. Aber der nasse Sommer bedroht die Ernte
Ehingen Zuckerrüben, Petersilie, Kartoffeln und Getreide: Auf 130 Hektar betreibt Familie Hausmann aus Ehingen ökologischen Landbau. Bereits 2016 hat sie ihren konventionellen Betrieb in einen Biohof umgewandelt. Dazu gehört auch ein kleiner Hofladen, in dem Judith Hausmann unter anderem selbst gebackenes Brot direkt vermarktet – das Gesamtkonzept der Hausmanns ist ein Musterbeispiel für biologisch betriebene Landwirtschaft.
So war es dann auch der Hausmann’sche Hof in Ehingen, auf welchem die Landesvereinigung für den ökologischen Landbau in Bayern (LVÖ) über Aktuelles rund um die Bio-Landwirtschaft im Freistaat informierte. Vor der Kulisse eines Zuckerrübenfeldes sprachen kundige Vertreter der Branche unter anderem über die derzeitigen Bedingungen und Entwicklungen auf dem Bio-Markt sowie wetterbedingte Widrigkeiten.
Die frohe Botschaft: Bio-Lebensmittel werden immer beliebter. Lediglich das momentane Wiederaufleben
der Gastronomie wirkt sich punktuell negativ auf den Absatz bestimmter Produkte aus. Bezüglich der Bio-Getreideernte erklärte Hubert Heigl als Vorsitzender der LVÖ Bayern: „2020 haben wir zum zweiten Mal die Eine-Million-TonnenMarke überschritten.“Dieser Wert beziehe sich auf ganz Deutschland. In Bayern werden laut Heigl im Moment etwa zwölf Prozent der landwirtschaftlichen Flächen ökologisch bewirtschaftet. Das Ziel des bayerischen Landesprogramms „BioRegio 2020“, die Erzeugung von Bio-Produkten zu verdoppeln, wurde damit erreicht.
Das Folgeprogramm heißt „BioRegio 2030“und möchte bis 2030 einen landwirtschaftlichen Bio-Anteil von 30 Prozent erreichen. Damit das gelingen kann, forderte Hubert Heigl in Ehingen: „Die Politik muss nun die Handbremse lösen und Gas geben.“
Seiner Meinung nach sollte der Ausbau des Öko-Landbaus finanziell „gut und ausreichend“gefördert werden. Heigl sprach auch von den „Nebenleistungen“, die beim biologischen Landbau unbezahlt mitgeliefert würden: Wer genauer hinsehe, könnte unter dem Getreidebestand bis zu 60 verschiedene Wildkräuterarten entdecken, die seltene und hochspezialisierte Insekten anlocken. Es gelte, einen Ausgleich zu schaffen zwischen Wirtschaftlichkeit und Raum für die Natur.
Damit der Bio-Markt weiterwachsen kann, braucht es vor allem eines: Landwirte, die vom konventionellen Betrieb auf Öko-Anbau umsteigen. „Für Umsteller bestehen aktuell und für die kommenden zwei Jahre sehr gute Vermarktungsbedingungen“, prognostizierte Andreas Hopf, Geschäftsführer der Vermarktungsgesellschaft Bio-Bauern mbH mit Sitz in Pöttmes. Seine Warnung: „Wir müssen aufpassen, nicht in eine Situation der Knappheit zu geraten, die dazu führen würde, dass wir die steigende Nachfrage
nicht mit heimischen Rohstoffen bedienen können.“
Besonders lohnenswert sei im Moment der Einstieg in die biologische Erzeugung von Ölsaaten wie Raps oder Sonnenblumen, fand Stefan Schmidt als Vertriebsleiter für Druschfrüchte bei der NaturlandMarktgesellschaft: „Diese sind im Moment knapp und teuer und werden auch mittelfristig sehr interessant sein.“Daneben hätte auch die Erzeugung von Drusch- und Blattkräutern als Nischenprodukte Potenzial. Mit Sorgenfalten auf der Stirn blickten alle Anwesenden auf die diesjährige Wetterlage. „Absolut schwierig“, kommentierte Gastgeber Alfred Hausmann die feuchte Witterung. Getreidetechnisch gesehen sei nur „ein trockenes Jahr ein gutes Jahr“. Ebenso fragte sich Andreas Hopf: „Bekommen wir den Getreidebestand trocken vom Halm?“, und fürchtete eine starkregenbedingte Krautfäule auf den Kartoffeläckern. Nun bleibe abzuwarten, wie sich das Wetter in den nächsten Wochen entwickle und wie die Ernte letztendlich ausfallen wird.