Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Bürgermeister seit Wochen krank – wie geht es weiter?
In Aystetten ist neben Peter Wendel auch Geschäftsstellenleiter Jürgen Schantin nicht arbeitsfähig
Aystetten Die gewohnten Führungskräfte in der Gemeinde Aystetten sind derzeit abwesend – sowohl Bürgermeister Peter Wendel als auch Geschäftsstellenleiter Jürgen Schantin sind seit Wochen krank geschrieben. Die Amtsgeschäfte in der 3000-Einwohner-Gemeinde führen seit zwei Monaten der Zweite Bürgermeister Roland Woppmann (CSU) und die Dritte Bürgermeisterin und Kreisrätin Ursula Reichenmiller-Thoma (Grüne). „Es ist alles sehr viel Arbeit zur Zeit“, sagt Woppmann. Denn das Bürgermeisteramt übt er ja zusätzlich zu seinem Vollzeit-Job in München aus. „Ich gehe oft morgens kurz ins Rathaus, bevor ich nach München fahre und auch abends“, so Woppmann, sowie stundenweise, soweit es seine Arbeit zulässt.
Abends führe er viele Telefonate und beantworte Anliegen von Bürgern. Die Gemeindeangelegenheiten liefen laut Woppmann einigermaßen gut weiter. Es herrsche ein „geordnetes Chaos“, sagt er mit einer Portion Galgenhumor. „Frau Reichenmiller-Thoma kann zum Glück auch tagsüber Termine wahrnehmen und viele Dinge im Rathaus erledigen.“
Dort fehlt seit Mitte April auch der 60-jährige Verwaltungschef und
Kämmerer Jürgen Schantin. Der ehemalige Bürgermeister von Gersthofen ist schwer erkrankt. Seine Aufgaben hat im Rathaus Christopher Huttner übernommen.
Zu Bürgermeister Peter Wendel scheinen nur wenige Kontakt zu haben. Und niemand weiß, wann der 59-Jährige wieder kommt und was ihm fehlt. Alle Versuche einer Kontaktaufnahme seitens seiner Stellvertreter für eine Absprache über dringliche Angelegenheiten der Kommune blieben erfolglos.
Die Gerüchteküche im Ort brodelt. Viele Bürgerinnen und Bürger sind besorgt und fragen sich, was los ist und warum sich Bürgermeister Wendel nicht äußert – allein schon, um den Spekulationen ein Ende zu setzen. Roland Woppmann, der genauso wie Ursula ReichenmillerThoma bei der Kommunalwahl 2020 Wendels Gegenkandidat um das Bürgermeisteramt war, ist ratlos: „Ich kriege keinen Kontakt zu ihm, ich weiß nicht, wann er wiederkommt.“ Auch eine schriftliche Anfrage unserer Zeitung bei Bürgermeister Wendel blieb unbeantwortet.
„Das ist sein gutes Recht, seine Krankheit privat zu halten“, findet hingegen Anton Rauberger, Fraktionssprecher der Freien Wähler und langjähriger Gemeinderat. Er habe ein paar Mal mit Wendel gesprochen, aber auch keine näheren Informationen erhalten.
Es sei für die Verwaltung und die Fraktion sehr schwierig, zumal er oft auf das Thema angesprochen werde. Antworten könne er keine geben. „Es ist nicht schön, aber was soll ich machen?“Allerdings sieht Rauberger auch, dass die Kommune eine Perspektive braucht: „Mit den Stellvertretern kann man ja so nicht ewig weitermachen.“
Die Vertretung des Bürgermeisters bei Amtsgeschäften sei äußerst schwierig, berichtet Ursula Reichenmiller-Thoma: Informationen erhalte man manchmal auf Nachfrage bei der Mitarbeiterin in Wendels Vorzimmer, die Stellvertreter hätten anfangs keinen Zugriff auf die Termine des Bürgermeisters gehabt. Einige seien auch versäumt worden, wie Ausschusssitzungen übergeordneter Gremien im Landkreis oder runde Geburtstage von Bürgern.
Auch im Landratsamt weiß man von der schwierigen Situation in Aystetten. „Die Funktionsfähigkeit der Gemeinde ist aber gesichert“, bestätigt Fachbereichsleiter Johannes Bayerl. Nun sei es ein Glücksfall, dass Aystetten neben einem Stellvertreter auch eine dritte Bürgermeisterin habe, diese Funktion sei ja nicht zwingend vorgeschrieben. „Aber wenn solch ein Fall eintritt, ist es gut, wenn die Vertretung nicht nur von einer einzelnen Person abhängt“, so Bayerl, zumal der ehrenamtliche Stellvertreter meist die Doppelbelastung von Beruf und Amt zu tragen hat. Eine kleine Gemeindeverwaltung wie Aystetten trifft der Ausfall von zwei Führungskräften natürlich besonders hart: „Je kleiner der Personalkörper ist, umso schwerwiegender ist der Ausfall solcher Eckpfeiler“, so Bayerl. Aus seiner langjährigen Erfahrung kommt es durchaus manchmal vor, dass Kräfte in der Verwaltung langfristig ausfallen, bei Bürgermeistern sei das eher selten.
Seit die Machtverhältnisse im Aystetter Gemeinderat nicht mehr so klar sind wie vor der Wahl 2020, als Bürgermeister Wendel mit seinen Freien Wählern noch die Mehrheit
hatte, gibt es verstärkt kontroverse Diskussionen und knappe Abstimmungen um wichtige Projekte der Gemeinde. Zum Beispiel die Neugestaltung der Ortsmitte. Hier stellten die CSU und die Grünen alle bisherigen Planungen noch mal auf den Prüfstand.
Reichenmiller-Thoma berichtet davon, dass Bürgermeister Peter Wendel hart um sein Prestigeobjekt gekämpft habe: „Wir haben gemeinsam mit der CSU eine Info rausgegeben, dass wir das kippen werden, aber in der entscheidenden Sitzung war der Bürgermeister dann nicht mehr da.“Seine Stimme hätte allerdings nichts geändert, denn die Abstimmung ging acht zu fünf aus. Nun müssten die geschlossenen Verträge gekündigt werden, so Reichenmiller-Thoma.
In der Fraktion der Freien Wähler herrscht seit Monaten Unruhe. Schon vor der Kommunalwahl haben einige Rätinnen und Räte ihr Mandat aufgegeben, und allein im vergangenen Jahr kamen drei Nachrücker ins Gremium. Einer davon, Thorsten Meynen, trat dann auch noch vor Kurzem aus der Fraktion aus. Er führte persönliche Gründe an und wollte sich darüber hinaus nicht äußern. Im Januar hatte zuvor Gemeinderat Dr. Dieter Pschorr den Gemeinderat verlassen, Ende 2020 Maximilian Hertrich.