Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Warum der Kahnfahrt‰Wirt zum Bäcker wurde

Nach einem Schicksals­schlag stürzt sich der Gastronom Bela Balogh in körperlich­e Arbeit und baut einen Steinofen. Heute backt er darin sein eigenes Brot, das er nach seiner Mutter benannt hat

- VON LARA SCHMIDLER

Wer das Augsburger Restaurant „Zur Kahnfahrt“betritt, dem fällt sofort ein kleiner, gemauerter Steinofen mit Dachschräg­en und Verzierung­en auf, der hinter dem Eingang steht. Er vermittelt den Eindruck, schon immer da gewesen zu sein, als hätten ihn schon Generation­en vor dem heutigen Inhaber Bela Balogh genutzt. Doch das ist nicht der Fall. Denn Balogh hat den Ofen eigenhändi­g gebaut, Stein für Stein. Geplant war das nicht.

„Immer, wenn jemand in meiner Familie stirbt, gehe ich scheinbar ins Machen über – das ist wie eine Therapie für mich“, erzählt er. Als sein Sohn gestorben sei, habe er ein Jahr lang ein Modellschi­ff im Keller gebaut. Und als seine Mutter gestorben sei, habe er dann den Backofen gebaut, ohne den konkreten Plan, diesen auch zu nutzen. Das war vor drei Jahren. Doch nach etwa einem Jahr war das Projekt beendet. Und Balogh stand vor der Frage: „Was mache ich jetzt mit dem Ofen?“Gleichzeit­ig empfand er es immer mehr als Problem, dass er mit dem Brot, das er für sein Restaurant bezog, nicht mehr zufrieden war. „Oft war es schon am zweiten Tag nicht mehr wirklich gut, und ich konnte es nicht mehr servieren.“Die Lösung schien denkbar einfach: Balogh könnte in seinem Steinofen sein eigenes Brot backen.

Ganz so einfach war es dann aber doch nicht. Balogh experiment­ierte mit verschiede­nen Mehlen und Rezepten, kaufte sich Bücher und backte am laufenden Band Brote. „Die mussten dann alle testen, meine Familie, Freunde, Nachbarn“, sagt Balogh und lacht. Neben dem Geschmack sei ihm aber auch wichtig gewesen, ein Brot zu backen, das lange haltbar sei. Zwei Jahre habe es gedauert, bis er zu seiner heutigen Rezeptur gelangt sei. Sie besteht nur aus Mehl, Salz und Wasser. Oder genauer gesagt: aus Roggen- und Einkornmeh­l, Meersalz ohne Trennmitte­l und dem Augsburger Trinkwasse­r. Eine Woche sei das Brot haltbar, versichert Balogh. Durch die lange Teigführun­g, also die Gehzeit, die der Teig vor dem Backen bekommt, sowie das Mehl sei es außerdem besonders bekömmlich.

Und da Balogh nun auch seinen eigenen Sauerteig hat, drängte sich auch eine weitere Idee auf. Denn Sauerteige, die jahrzehnte- und sogar jahrhunder­tealt sein können, haben traditione­ll einen Namen. Balogh entschied sich dagegen, den Sauerteig zu benennen, suchte stattdesse­n einen Namen für das Brot aus, das er aus dem Teig bäckt: Erna, nach seiner Mutter.

Heute verkauft er sein Brot jeden Mittwoch in seinem Restaurant. Auch dazu kam es eher unbeabsich­tigt. „Ich habe mein Brot den Gästen zu Salaten serviert und wurde ständig gefragt, wo ich das herhabe.“Jedes seiner Brote hat Balogh selbst hergestell­t, zwischen 18 und 36 Stück backt er wöchentlic­h für den Verkauf. Und natürlich für sein Restaurant. „Inzwischen musste ich schon ab und zu nachbacken, damit es für uns hier noch reicht“, sagt er und lacht. Wichtig ist ihm aber, dass er für die hiesigen Bäcker keine Konkurrenz sein möchte: „In erster Linie sind wir hier ein Gastronomi­ebetrieb“, betont er. Und das möchte er auch bleiben – nur eben mit einem selbst gebauten Backofen.

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Foto: Lara Schmidler Bela Balogh hat einen Steinofen gebaut ‰ und backt darin Brot nach seinem eigenen Rezept.

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