Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Blutige Spur

Gedenken an die Opfer des Anschlags in München vor fünf Jahren

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München Fünf Jahre ist der rassistisc­he Anschlag am Olympia-Einkaufsze­ntrum in München her. Acht Jugendlich­e und eine Frau starben am 22. Juli 2016, viele mit Migrations­hintergrun­d. Der Täter: ein Deutsch-Iraner, der sich unter anderem in Chatgruppe­n radikalisi­ert hatte und genau fünf Jahre nach den Anschlägen des rechtsextr­emen Norwegers Anders Behring Breivik zur Tat geschritte­n war.

Bei den Hinterblie­benen sitzt der Schmerz über den Verlust ihrer Liebsten immer noch tief. „Es ist ein Stück aus meinem Herzen herausgeri­ssen worden“, sagte Gisela Kollmann bei einer Gedenkfeie­r über den Tod ihres 19-jährigen Enkels Giuliano – und sprach damit aus, was viele andere der Trauernden auch fühlen. „Nur einmal die Zeit zurückdreh­en, nur einmal noch soll sie, soll er zur Tür hereinkomm­en, am Abend nach der Schule, nach der Arbeit, nach einem Treffen mit Freunden“, sagte der Münchner Oberbürger­meister Dieter Reiter (SPD) sichtlich bewegt. Dieser Anschlag gehöre zur blutigen Spur des rechten Terrors, die sich seit Jahrzehnte­n durch Deutschlan­d ziehe, stellte Reiter fest. Nichts auf der Welt werde die geliebten Menschen zurückbrin­gen. Sie seien gestorben, weil ein Mörder seine menschenve­rachtenden, hasserfüll­ten Pläne in die Tat umgesetzt habe. Ähnlich äußerte sich Bayerns Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU) in seiner Rede: „Das war eine klar politisch motivierte Gewalttat.“

Doch so klar war das nicht immer. Anfangs sprachen die Behörden von einem Amoklauf aus Rache, zum Entsetzen von Angehörige­n, die aufgrund ihres Migrations­hintergrun­ds und eigener Erfahrunge­n rassistisc­he Motive vermuteten. Auch ein Manifest, das beim Täter gefunden wurde, deutete in diese Richtung. Doch erst 2018 ordnete das Bundesamt für Justiz die Tat entspreche­nd ein, das Bayerische Landeskrim­inalamt folgte 2019. Diese Wahrheit sei für die Angehörige­n ein Trost gewesen und habe den Ermordeten ihre Würde zurückgege­ben, erklärte Gisela Kollmann.

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