Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Ist Corona schuld an Konflikten?
Die Vorfälle in der Maximilianstraße und in den Parks führen zu Diskussionen. Für den Sozialreferenten ist die Pandemie ein Grund für die Fehlentwicklung
Die Randale-Nacht im Juni in der Augsburger Maximilianstraße, bei der zahlreiche Einsatzkräfte und Feiernde verletzt wurden, hat weit über Augsburg hinaus für Schlagzeilen gesorgt. Im städtischen Jugendhilfeausschuss, dem neben Stadtratsmitgliedern auch Vertreterinnen und Vertreter von einschlägigen Einrichtungen angehören, bezog Sozialreferent Martin Schenkelberg (CSU) zuletzt Stellung zu den dramatischen Stunden. „Die Vorfälle mit 19 Tatverdächtigen und insgesamt 60 Straftaten haben uns alle aufgeschreckt“, sagte er. Unter diesem Eindruck dürfe man aber nicht vergessen, dass in Augsburg, der zweitsichersten Großstadt Deutschlands, rund 40.000 junge Menschen zwischen 15 und 25 Jahren leben. „Die größte Mehrheit verhält sich gesetzestreu und unauffällig.“Für Schenkelberg sind die Beschränkungen der Corona-Pande
zwar „keine Entschuldigung, aber ein Grund für diese Fehlentwicklung“. Jetzt gehe es darum, Lösungen zu entwickeln, die den Tag überdauern.
Ordnungsreferent Frank Pintsch bezeichnete im Ausschuss die Krawalle als „Kollateralschaden der Pandemie“. In den vergangenen Monaten habe es an ausreichenden Angeboten für Jugendliche gefehlt. Der dadurch entstandene Druck auf den öffentlichen Raum sei zunächst mal unproblematisch, führe aber zu Nutzungskonflikten auch mangels anderer offener Alternativen. „Jetzt weiß man, was Streetwork und Jugendhäuser leisten. Wenn Prävention nicht wäre, hätten wir ein anderes Augsburg.“Pintsch machte klar, dass nicht die friedliche Mehrheit für die Taten Einzelner büßen solle. „Wir wollen möglich machen, was möglich ist“, gab der CSU-Politiker als Marschroute für die nächsten Monate aus.
Mit beliebten Treffpunkten und städtischen Konfliktorten ist Janina Hentschel gleichermaßen vertraut. Die Leiterin des Büros für kommunale Prävention ist nicht nur in der Innenstadt unterwegs, sondern auch in den Stadtteilparks, in denen es zuletzt ebenfalls Reibereien bis hin zu einer Messerstecherei gegeben hatte. Um die Vorfälle dort und in der Maxstraße aufzuarbeiten, müsse man sich noch stärker damit befassen. Dies geschehe in Workshops oder bei Ortsterminen mit Anwohnern, sagt Hentschel. Ein Präventionstag sei ebenfalls angedacht.
Jungen Menschen öffentliche Räume wie Parks vorzuenthalten wäre für Jugendamtsleiter Joachim Herz der falsche Weg. „Sie müssen diese Räume für ihre Entwicklung in Anspruch nehmen“, sagte er. Aufgabe der Jugendhilfe sei es, Entwicklungsräume zu schaffen und für Akzeptanz zu sorgen. Jumie gendliche würden oft allein dadurch anecken, dass sie in Gruppen zusammenstehen. Da müssten sie gar keinen Verstoß begehen, weiß Herz. Er forderte, die Kommunikation mit jungen Menschen auszubauen und sie stärker in Planungsprozesse einzubinden. Der Amtsleiter verwies in diesem Zusammenhang auf ein aktuelles Beteiligungsprojekt im Stadtteil Bärenkeller, wo Angebote für die junge Generation ausgebaut werden sollen.
Mehr Partizipation befürwortet auch Helmut Jesske als Geschäftsführer des Stadtjugendrings. Seine Forderung: „Planungsprozesse müssen wesentlich schneller gehen, damit das, was die Jugendlichen vorschlagen, zeitnah umgesetzt wird.“Manchmal könnten schon mit kleineren Maßnahmen öffentliche Räume attraktiver gemacht werden, beispielsweise mit einem Basketballkorb am Königsplatz.