Augsburger Allgemeine (Land Nord)
„MännerBerufe“speziell für Mädchen
Warum die Industrie an der Meitinger Realschule ganz gezielt nach weiblichem Nachwuchs sucht
Meitingen Ganz schön spannend war das Schuljahr für 15 Schülerinnen der Dr.-Max-Josef-Metzger-Realschule in Meitingen. Sie waren „Studentinnen“der Girls’-DayAkademie und hatten die Chance, in Berufe hineinzuschnuppern, die noch immer nicht typisch für junge Frauen sind. Dafür haben sie ein ganzes Schuljahr lang neben dem regulären Unterricht noch mal 120 Stunden ihrer Freizeit investiert. Bei der Online-Abschlussveranstaltung kamen die Beteiligten noch einmal zu Wort. „Es hat sich gelohnt“, steht für die 14-jährige Sonja fest. Ob ein MINT-Beruf für sie nun infrage kommt, das weiß auch die gleichaltrige Samira noch nicht. Aber zu überlegen wäre das schon.
MINT ist das neue Zauberwort bei Ausbildung und Berufsorientierung. Die Abkürzung steht für Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik. Die Bereiche, in denen Unternehmen händeringend qualifizierte Bewerber suchen. Um mehr weiblichen Nachwuchs in die Betriebe zu bekommen, ziehen die bayerischen Metall- und Elektro-Arbeitgeberverbände gemeinsam mit der Agentur für Arbeit und dem Bayerischen Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie an einem Strang. Bei den vielen Aktivitäten der Girls’-Day-Akademie können Mädchen handfeste Erfahrungen mit Naturwissenschaft und Technik sammeln.
„Die Scheu ist noch da“, bestätigte der Leiter der Meitinger Realschule Michael Kühn bei der Online-Abschlussveranstaltung des Girls’-Day-Akademie-Projekts im zu Ende gehenden Schuljahr. Die Girls’ Day Akademie sei eine hervorragende Chance für die Mädchen, sich auszuprobieren und auch mal neue Wege zu gehen, so Kühn. Denn immer noch sind die Mädchen in den mathematisch-technischen Zweigen der Schulen unterrepräsentiert. Die Meitinger Schülerinnen aus den siebten bis neunten Klassen lernten löten und bauten ein blinkendes LED-Herz, sie erkundeten die Tragfähigkeit von Brücken und übten, wie ein Quadrocopter in der Luft bleibt. Auch vom CoronaLockdown ließen sich die jugendlichen Forscherinnen nicht vom Experimentieren abhalten. In Heimversuchen bauten sie eine LavaLampe und starteten eine Kartoffelbatterie. „Alles mit größter Begeisterung“, wie Andrea Kraus, die Leiterin des Projekts in Meitingen, den Schülerinnen bescheinigte.
In der Zusammenarbeit mit Airbus Helicopters in Donauwörth, den Lech-Stahlwerken in Meitingen, bei KUKA Deutschland und bei der Uni Augsburg waren die Schülerinnen willkommen. Julia Sönning von der Agentur für Arbeit in Augsburg hatte nützliche Tipps und den Rat, sich so viele Praktikumsplätze wie möglich zu sichern, um einen Einblick in die Berufswelt zu bekommen. Für Joachim Herfert, Ausbildungsleiter bei Airbus Helicopters, sind Frauen in verantwortlichen Positionen nichts Ungewöhnliches, auch wenn die Frauenquote im Luftfahrtbetrieb erst bei gut einem Viertel der Belegschaft liegt.
Doch das könnte sich gerne ändern. Beste Chancen bei der Bewerbung hätten offene Persönlichkeiten, die mit Begeisterung für Technik überzeugen können. Wichtig, doch nicht das allein ausschlaggebende Kriterium seien die schulischen Leistungen, so Herfert. Vom Girls’-Day-Projekt ist er sehr angetan, denn „wir haben von Teilnehmerinnen aus jedem Projektjahr Bewerbungen bekommen“.
Bayernweit waren heuer 21 Schulen und 58 Unternehmen bei der Girls’-Day-Akademie dabei. Schülerinnen der 7. bis 10. Jahrgangsstufen in Realschulen und der 9. bis 11. Jahrgangsstufen an Gymnasien können sich für das Programm bewerben. Die Girls’-Day-Akademie gibt es in Bayern seit 2013. Über 1400 Schülerinnen haben bisher teilgenommen. Auch in Meitingen werde man gerne wieder dabei sein, ist Schulleiter Michael Kühn vom „ganz speziellen Angebot für Mädchen“überzeugt.