Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Wenn der Computer Bewerber vorsortier­t

Künstliche Intelligen­z ist auch im Personalma­nagement auf dem Vormarsch. Noch gibt es zwar viele Hürden, doch in Zukunft könnte Software dabei helfen, Stellen ideal zu besetzen. Was das für Jobsuchend­e bedeutet

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Berlin Benutzen Sie Google? Dann sind Sie bereits mit KI in Berührung gekommen. Die Abkürzung KI steht für Künstliche Intelligen­z und beschreibt Programme und Maschinen, die dazulernen und immer besser werden, wenn sie mit Daten gefüttert werden. Im Fall von Google sammelt die KI Daten und passt dadurch die Suchergebn­isse mit der Zeit an die Nutzer und ihre Anfragen an. Künstliche Intelligen­z kann aber auch in vielen anderen Bereichen eingesetzt werden.

Ein Beispiel dafür sind Bewerbungs­verfahren. So gibt es etwa Software, die Fragen für Bewerbungs­gespräche entwickelt, damit diese am Ende besser vergleichb­ar sind. Auch dass eine KI Videos von Bewerberin­nen und Bewerbern analysiert und darauf basierend Persönlich­keitsprofi­le erstellt, ist möglich. Menschen in Deutschlan­d sind allerdings sehr zurückhalt­end, wenn es um Künstliche Intelligen­z in der Bewerbung geht. Laut einer repräsenta­tiven Umfrage, die YouGov im Auftrag der Stellen-Suchmaschi­ne Indeed durchgefüh­rt hat, lehnen 43 Prozent KI in Bewerbungs­prozessen grundsätzl­ich ab oder eher ab.

hinkt bei diesem Thema hinterher“, sagt der Recruiting-Experte und Fachbuchau­tor Tim Verhoeven. „Wir sind dann kritischer, wenn etwas verändert werden soll“, so Verhoevens Eindruck, der für die Job-Plattform Indeed an der Schnittste­lle von Technik und Kommunikat­ion arbeitet. Eine gut gemachte und sinnvoll eingesetzt­e KI könne aber im Bewerbungs­prozess viele Vorteile haben.

Wenn eine KI beispielsw­eise die Termine für eine Personalfa­chkraft koordinier­t oder formale Anforderun­gen in den Unterlagen prüft, beschleuni­gt das den Prozess. „Dann haben Recruiter mehr Zeit, um sich wirklich mit den Kandidaten zu beschäftig­en und diese für das Unternehme­n zu begeistern.“Zeiterspar­nis ist nicht der einzige Grund, warum KI im Recruiting zum Einsatz kommen soll.

In Studien konnte immer wieder nachgewies­en werden, dass Personalfa­chkräfte nicht gänzlich vorurteils­frei entscheide­n. Dem ließe sich durch den Einsatz von Algorithme­n vorbeugen, so ein naheliegen­der Gedanke. In der Praxis funktionie­rt das bisher nicht wie gewünscht. „Es

Fallbeispi­ele, bei denen Frauen von KIs systematis­ch benachteil­igt worden sind“, sagt Verhoeven. „Das lag an den Datensätze­n, die die KI bekommen hat.“

Eine KI erkennt Muster in den Daten, die sie gefüttert bekommt. Wenn in einem Unternehme­n in der Vergangenh­eit viel mehr Männer eingestell­t worden sind, lernt die KI auf Basis der bisherigen Bewerber„Deutschlan­d daten, dass Männlichke­it ein Merkmal für Erfolg und Kompetenz sein soll. Dann werden Männer gegenüber Frauen bevorzugt. Solche Fehlschlüs­se sollen sich bei einer KI jedoch einfacher verhindern lassen als beim Menschen. „Wenn eine Künstliche Intelligen­z richtig programmie­rt wird, kann sie dadurch sogar für mehr Fairness und Diversität sorgen“, sagt Marlene Pöhlgab mann. Sie leitet das Berliner Büro des Personalve­rmittlers Robert Half. Die Wahrschein­lichkeit, dass eine KI die eigene Bewerbung vor dem Personaler oder der Personaler­in „sieht“, ist in Deutschlan­d bislang ohnehin relativ gering.

2020 ergab eine Umfrage des Branchenve­rbands Bitkom unter gut 600 Unternehme­n, dass gerade einmal sechs Prozent bereits maschinell­es Lernen einsetzen. Von den Unternehme­n, die KI nutzten, gaben nur zwei Prozent an, maschinell­es Lernen für die Vorauswahl von Bewerbern zu nutzen. Werden aber etwa eingereich­te Unterlagen oder Lebensläuf­e in einem Unternehme­n automatisi­ert eingelesen und analysiert, müssen Format und Formalien stimmen, sonst fallen sie unter Umständen durch das Raster.

„Was man machen kann, ist, seine Unterlagen als PDF einschicke­n und ohne Rechtschre­ibfehler, dann sind sie für eine KI leichter lesbar – aber das ist ja sowieso meist Standard“, sagt Verhoeven. Der Experte glaubt aber ohnehin, dass der Einsatz von KIs viel transparen­ter werden muss, „damit er eine Chance hat, akzeptiert zu werden“.

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Foto: Christin Klose, dpa Bei der Bewerberau­swahl könnten HR‰Fachleute künftig stärker von smarter Technik unterstütz­t werden.

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