Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Mit der Kraft von 150 000 Laptops
In Karlsruhe wird am Freitag ein neuer Superrechner präsentiert. Er gehört zu den 15 schnellsten Europas und soll auch helfen, den Klimaschutz voranzubringen. Dabei verbraucht er selbst riesige Mengen Energie – ein Dilemma
Karlsruhe Bläulich leuchtet es in den Gängen des neuen Superrechners Horeka am Karlsruher Institut für Technologie (KIT). Links und rechts ragen Wände voller Technik empor, Kabel greifen krakenartig um sich. Auf dem System wird schon gearbeitet, Astrophysiker vom Teilchenbeschleuniger Cern hätten das System mit Berechnungen getestet, sagt Jennifer Buchmüller, Leiterin des Bereichs High Performance Computing (HPC) am Steinbuch Centre for Computing des KIT. Am Freitag nun wird Horeka offiziell eingeweiht.
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus ganz Deutschland sollen den Superrechner nutzen. Er kann rund 17 Billiarden Rechenoperationen in der Sekunde bewältigen, für Fachleute: 17 Petaflops. Das entspreche der Leistung von mehr als 150 000 Laptops. Damit zählt Horeka zu den 15 schnellsten Rechnern Europas. Er soll helfen, Fragen etwa aus den Erdsystem- und Materialwissenschaften,
der Energieund Mobilitätsforschung im Ingenieurwesen sowie der Teilchen- und Astroteilchenphysik zu beantworten. Zudem wirbt das KIT mit einem grünen Thema: Auf der internationalen „Green500“-Liste der energieeffizientesten Supercomputer weltweit landet Horeka auf Platz 13. Noch besser bewertet aus Deutschland sind zwei Rechner aus dem Forschungszentrum Jülich in Nordrhein-Westfalen (Plätze 7 und 8) sowie auf Rang 12 ein Supercomputer der Max-Planck-Gesellschaft, der in Garching bei München steht.
In Karlsruhe wird die Heißwasserkühlung des Rechnergebäudes genutzt, um den Rechner ganzjährig mit minimalem Energieeinsatz zu kühlen, wie Buchmüller erklärt. „In den kälteren Jahreszeiten können auch die Büroräume mit der Abwärme beheizt werden.“Bis zu 90000 Liter Kühlwasser fließen laut KIT pro Stunde durch die Rohre. Heißwasserkühlung und Abwärmenutzung
sind nach Einschätzung von Nick Kriegeskotte, Bereichsleiter Infrastruktur und Regulierung beim Branchenverband Bitkom, gerade im HPC-Bereich weiter verbreitet als anderswo. „Obwohl gerade für Forschungszwecke sicher auch mal ein vorübergehend höherer Energieverbrauch erlaubt sein sollte als in Standardanwendungen, sind insbesondere die HPC-Systeme oftmals sogar deutlich effizienter als die kommerziellen Systeme“, sagt er.
Horeka besteht aus zwei Komponenten: den auf Grafikprozessoren (GPUs) basierenden Rechenbeschleunigern und den Standardprozessoren (CPUs). Bei Rechenoperationen wie der Simulation von neuronalen Netzen in der Künstlichen Intelligenz erreichten die Beschleunigerprozessoren eine extrem hohe Leistung – ein wichtiger Ansatz für die Wissenschaft. Für andere Operationen seien hingegen die Standardprozessoren deutlich besser geeignet. Bei Hochleistungsrechnern kommt laut Kriegeskotte im Gegensatz zu kommerziellen Rechenzentren noch eine bessere Planbarkeit der Rechenleistungen hinzu, „sodass
die Systeme optimal ausgenutzt werden können“. Hier wollen auch Buchmüller und ihr Team am KIT ansetzen: Forscher und Forscherinnen müssen ihr Vorhaben anmelden, kriegen ein Kontingent zugewiesen und kommen auf eine Warteliste. Zudem wollen die HorekaExperten ressourcenschonende Programme vorantreiben. „Wie man optimiert programmiert, ist die hohe Kunst“, sagt Buchmüller. Dafür werden extra Kurse angeboten, bei Bedarf aber auch der einzelne Code unter die Lupe genommen und verbessert.
Das Thema Energieeffizienz ist also in der Welt der Superrechner längst angekommen. Der Energieverbrauch sei in den vergangenen Jahren schon enorm gesenkt worden, sagt Kriegeskotte. Zumal es allgemein Konsens sei, dass ein Ausbau der digitalen Infrastruktur unbedingt notwendig ist – unter anderem, um die Klimaziele erreichen zu können. Marco Krefting, dpa