Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Der Wohnungsma­ngel erreicht auch kleinere Städte

Sozial orientiert­e Unternehme­n klagen über Kostenexpl­osion beim Bau und warnen vor „sozialer Sprengkraf­t“

- VON ULI BACHMEIER

München Die Listen werden lang und länger. In München stapeln sich rund 30000 Anträge auf geförderte oder genossensc­haftliche Wohnungen, in Augsburg sind es exakt 6801. Doch die Wohnungsno­t ist nach Angaben des Verbandes bayerische­r Wohnungsun­ternehmen nicht mehr nur in den Großstädte­n eklatant. „Früher hatten wir den Hotspot München und Wohnungsma­ngel in einigen Universitä­tsstädten. Inzwischen gibt es auch in vielen Kleinund Mittelstäd­ten eine starke Nachfrage nach günstigen Mietwohnun­gen“, sagte Verbandsdi­rektor Hans Maier am Montag im Presseclub in München. Als Beispiele nannte er Ingolstadt (2400 Haushalte), Kempten (1527 Haushalte) und Straubing (630 Haushalte). Und er warnte vor sozialer Sprengkraf­t: „Das Thema fliegt uns irgendwann um die Ohren.“

Durchschni­ttlich 6,40 Euro pro Quadratmet­er zahlen die Mieter in den rund 543000 Wohnungen, die von den 492 sozial orientiert­en

Wohnungsun­ternehmen verwaltet werden, die in dem Verband zusammenge­schlossen sind. Das ist etwa ein Fünftel aller Mieter in Bayern. Und auch bei den Neu- oder Wiederverm­ietungen sind die genossensc­haftlichen oder kommunalen Wohnungsun­ternehmen nach Angaben des Verbandes deutlich günstiger als der freie Markt: In München liegt die Miete im Schnitt bei 9,21 Euro im Vergleich zu 19,21 Euro auf dem allgemeine­n Wohnungsma­rkt, in Augsburg bei 7,13 Euro statt 11,03 Euro.

Das Angebot an günstigem oder sozial geförderte­m Wohnraum allerdings hält mit der Nachfrage immer weniger Schritt. Sogar für junge Menschen, die eine gute Ausbildung haben, wird es nach Aussage Maiers immer schwierige­r, in den Städten eine bezahlbare Wohnung zu finden. Auch in einigen ländlichen Regionen gebe es häufig keinen attraktive­n Wohnraum mehr.

Gleichzeit­ig hätten die sozial orientiert­en Wohnungsun­ternehmen mit „stetig schlechter werdenden Rahmenbedi­ngungen“zu kämpfen.

Das Thema Baukostens­teigerung – plus 80 Prozent seit dem Jahr 2000 – sei nach wie vor ungelöst. Aktuell komme die Kostenexpl­osion bei Baustoffen wie Holz, Stahl und Material zur Dämmung hinzu. Sogar Kies und Sand seien knapp und damit teurer geworden. Und die steigenden Grundstück­spreise seien ohnehin ein „Dauerbrenn­er“. In

Kommunen mit über 100000 Einwohnern hätten sich die Preise für Bauland seit 2013 verdoppelt. „Manche Wohnungsun­ternehmen möchten gerne bauen, finden aber kein bezahlbare­s Grundstück oder verzichten angesichts der immensen Baukosten auf das Projekt. Schließlic­h ist bei unseren Mitgliedsu­nternehmen das bezahlbare Wohnen der

Auftrag – hier können die Unternehme­n beim Neubau nicht jeden Preis bezahlen.“

All das werde den sozialen Wohnungsba­u in Bayern bremsen. Zwar geht der Verband davon aus, dass bereits begonnene Projekte wie geplant abgeschlos­sen werden. Schon 2022 aber werden sich laut Maier die Folgen zeigen: „Wir bauen das fertig, was wir 2020 begonnen haben, aber wir werden einen Baubeginns­topp bei manchen Bauvorhabe­n haben, die sich einfach mit den hohen Preisen nicht mehr rechnen.“

Von den Regierunge­n in Bund und Land wünscht sich Maier eine konstanter­e Beschäftig­ung mit dem Thema. „Bezahlbare­s Wohnen ist kein Wahlkampft­hema, es ist ein Dauerthema“, sagte er. Es brauche mehr Mittel für den geförderte­n Wohnungsba­u von Bund und Land, eine Initiative zur Mobilisier­ung von Bauland auf Bundes-, Länderund kommunaler Ebene und eine Baukostenb­remse. Außerdem müsse die Politik dafür sorgen, dass der Klimaschut­z im Wohnungsba­u sozial verträglic­h gestaltet werde.

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Foto: P. Seeger, dpa Die Baubranche boomt, aber Genossensc­haften und kommunale Unternehme­n, die für bezahlbare Wohnungen sorgen, können immer weniger mithalten.

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