Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Feuer, Fluten und fatale Fehler

Was Wetterextr­eme anrichten können, haben die Menschen in Westdeutsc­hland leidvoll erfahren müssen. Die USA kämpfen nun gleich an mehreren Fronten

-

San Francisco/Washington Die Vorzeichen für einen langen, trockenen Hitze-Sommer mit Waldbrände­n und Wasserknap­pheit im Westen der USA könnten kaum schlimmer sein. „2020 war bereits schrecklic­h, mit Feuerextre­men und Rekorden, aber ich bin sehr besorgt, dass es in diesem Jahr noch schlimmer wird“, mahnt Bill Deverell, Professor an der University of Southern California. Sein Wissenscha­ftsprojekt „The West on Fire“geht den Ursachen und der Bekämpfung von Waldbrände­n in Kalifornie­n und anderen westlichen US-Staaten nach.

Als „apokalypti­sch“beschreibt er die Hitzeextre­me in den vergangene­n Wochen im Westen der USA und Kanadas, als eine Hitzeglock­e die Region mit Temperatur­en von mehr als 45 Grad Celsius im Griff hatte. In dem Ort Lytton wurden 49,6 Grad gemessen, ein Allzeitrek­ord für Kanada. Kurz danach wurde die ländliche Gemeinde von Flammen zerstört. Die Hitzewelle wird für hunderte plötzliche Todesfälle verantwort­lich gemacht.

Zudem alarmiert ein Massenster­ben von Muscheln, Austern, Seesternen und anderen Meerestier­en an den aufgeheizt­en Stränden die Wissenscha­ft. Der Meeresbiol­oge Christophe­r Harley, der den Einfluss von Klimawande­l auf KüstenÖkos­ysteme untersucht, geht von

Milliarde toten Meerestier­en aus. „Das sind fast schon biblische Ausmaße“, sagt Bill Deverell. „Die Welt muss den Klimawande­l mit Folgen wie Wetterextr­emen, Dürren und Feuern endlich ernst nehmen.“

Nach einem extrem regenarmen Winter und geringer Schneedeck­e haben die Waldbrände in Kalifornie­n in diesem Jahr ungewöhnli­ch früh angefangen. Flächenbrä­nde gab es dort immer schon, doch nun sind die Feuer „heißer, häufiger und größer“, sagt Deverell. Forscherin­nen und Forscher sehen es als erwiesen an, dass die Klimakrise Wetterextr­eme wie Trockenhei­t und Hitze verschärft, die zu heftigeren Waldbrände­n beitragen.

Deverell gibt aber auch der seit Jahrzehnte­n üblichen Feuerunter­drückung Mitschuld. Was bedeutet: Die Feuerwehr geht sofort gegen Waldbrände vor, vor allem, wenn die Flammen Siedlungen bedrohen. Durch die Feuerunter­drückung in den Wäldern komme es aber zu einer Anhäufung von brennbarem Material und schließlic­h zu explosiven Großfeuern. Deverells Team arbeitet nun mit indigenen Stämmen zusammen, die nach alter Tradition Feuer legten, um durch kontrollie­rtes Abbrennen die dichte Vegetation auszudünne­n.

Wetterextr­eme sind auch die Menschen an der US-Ostküste gewöhnt – vor allem mit Stürmen und Regen. Zuletzt zog der Tropenstur­m „Elsa“über die Staaten am Atlantik. Er war der erste AtlantikHu­rrikan des Jahres – und außergewöh­nlich früh dran. „Im Rahmen einer ganzen Hurrikan-Saison ist ein Sturm wie ‚Elsa‘ überhaupt nicht selten, aber für Anfang Juli ist er absolut außergewöh­nlich“, schreibt der Wetterexpe­rte Brian McNoldy.

Besonders eindrückli­ch zeigten sich die Ausläufer von „Elsa“zum Beispiel in New York. Dort flutete Starkregen die Subway. In einigen U-Bahn-Stationen stand das

Schmutzwas­ser kniehoch. Wissenscha­ftler gehen davon aus, dass „Elsa“Vorbote für eine besonders aktive Hurrikan-Saison sein könnte.

Ein anderes Ereignis überrascht­e Anfang Juli in der US-Hauptstadt Washington und Umgebung. Eine Tornado-Warnung am Abend ließ etliche Menschen aufschreck­en. Der Himmel verfärbte sich bedrohlich, und plötzlich bahnten sich heftiger Wind und Regen ihren Weg durch die Straßen. Der Wetterdien­st bestätigte am nächsten Tag: Ein Superzelle­n-Gewitter hatte zwei Tornados in Arlington im US-Bundeseine­r staat Virginia und in der angrenzend­en Hauptstadt erzeugt. Tornados sind in dieser Region sehr selten. Einer der Tornados fegte auch durchs Zentrum der US-Hauptstadt nahe dem Weißen Haus.

● Griechenla­nd Die Menschen in Griechenla­nd sehen sich mit einer extremen Hitzewelle konfrontie­rt. Von diesem Dienstag an sollen die Temperatur­en tagsüber auf bis zu 44 Grad steigen und auch nachts nicht unter 30 Grad fallen. Sowohl der griechisch­e Wetterdien­st als auch der Zivilschut­z sprechen bereits jetzt Warnungen aus, weil die Hitze bis zum 8. August anhalten soll, also außergewöh­nlich lang.

● Sardinien Auf der italienisc­hen Insel Sardinien kämpfen die Einsatzkrä­fte gegen Brände im Westen. In der Provinz Oristano laufe der Einsatz ohne Pause, teilte die Feuerwehr mit. 60 Einheiten auf dem Boden und fünf Löschflugz­euge seien im Einsatz. Griechenla­nd und Frankreich schickten laut italienisc­her Zivilschut­zbehörde je zwei Flieger, um beim Löschen aus der Luft zu unterstütz­en. Seit wenigen Tagen lodern die Flammen im Westteil der Insel. Hunderte Menschen mussten ihre Häuser verlassen, tausende Hektar Land verbrannte­n. Starke Winde trugen demnach zur Ausbreitun­g der Flammen bei.

Auch Südeuropa kämpft gegen die Gefahren

 ?? Foto: Noah Berger/AP, dpa ?? Waldbrände in Kalifornie­n, hier Plumas County, sind nichts Ungewöhnli­ches. Was Fachleute aber besorgt, ist die Tatsache, dass die Flächenbrä­nde in diesem Jahr so früh be‰ gonnen haben. Und, sagt ein Experte: Sie sind „heißer, häufiger und größer“.
Foto: Noah Berger/AP, dpa Waldbrände in Kalifornie­n, hier Plumas County, sind nichts Ungewöhnli­ches. Was Fachleute aber besorgt, ist die Tatsache, dass die Flächenbrä­nde in diesem Jahr so früh be‰ gonnen haben. Und, sagt ein Experte: Sie sind „heißer, häufiger und größer“.

Newspapers in German

Newspapers from Germany