Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Bangen mit dem Augsburger WildwasserHelden
Fans und Familie von Sideris Tasiadis verfolgen gemeinsam das spannende Rennen in Tokio
Augsburg Mama Maria Tasiadis flossen die Tränen über die Wangen, Papa Anastasios tobte mit den Augsburger Kanu-Fans vor der Leinwand, Freundin Denise klammerte sich an ihr Glückskissen mit dem Konterfei von Sideris Tasiadis und Hündin Milou schloss sich mit Gebell dem kollektiven Jubel an. So ausgelassen feierten die Familie, Freunde und Fans im Kegelzentrum am Augsburger Eiskanal die Bronzemedaille ihres „Sidi“in Tokio. Ihre ganze Anspannung entlud sich lautstark, als der Franzose Martin Thomas, der letzte Starter, der dem deutschen Slalomkanuten die Medaille im Canadier Einer noch hätte entreißen können, mit schlechterer Zeit die Ziellinie überquerte.
„Es hat sich alles gelohnt. Dabei war die Anspannung bei ihm dieses Jahr ganz schlimm. Erst die schwierige Olympia-Quali und jetzt Bronze“, sagt die Mutter beim Anblick ihres jubelnden Sohnes in Tränen aufgelöst, „einfach unglaublich. Ich freue mich so für ihn“. Auch Freundin
Denise Sattich ist erleichtert und glücklich über das Happy End nach einer nervenaufreibenden zweijährigen Vorbereitung. Geprägt durch die Verschiebung der Olympischen Spiele um ein Jahr und die erst vor ein paar Wochen erfolgte Qualifikation für Tokio. „Ich bin einfach nur glücklich, dass er eine Medaille geholt hat. Er hat es sich so verdient. Es waren so viele Hürden gewesen.“
Früh hatten sie aufstehen müssen, um ihren Augsburger Helden im Wildwasser verfolgen zu können. Doch Maria Tasiadis hatte sowieso die ganze Nacht nicht schlafen können. Also warten die Eltern mit ihrer Schwiegertochter in spe schon frühzeitig vor der Leinwand. Auch viele Mitglieder der Kanu Schwaben Augsburg, des benachbarten AKV, die am Freitag mit ihrem KajakSpezialisten Hannes Aigner ein heißes Eisen im Feuer haben, sowie weitere Ehrengäste finden sich zur Outdoor-Live-Übertragung ein.
Und sie müssen zittern. Im Halbfinale handelt sich Tasiadis eine 2-Sekunden-Strafe ein und muss gehörig kämpfen, um ins Finale zu gelangen. Mit Platz sechs gelingt ihm das gerade noch, sodass Eltern und Freundin zumindest durchschnaufen können. Für einen Kaffee in der Pause bis zum Finallauf reicht das Nervenkostüm noch, vom angebotenen Frühstück bringt keiner einen Bissen hinunter. Als das Finale beginnt, ist die Terrasse voll, Tasiadis jagt mit Vollgas durch die Stangen. Bei jedem fehlerlos durchfahrenen
Aufwärtstor jubelt die Menge und klatscht, bis der Augsburger mit 103.70 Sekunden und vorläufiger Bestzeit im Ziel ist. „Das wird eine Medaille“, sagt Elisabeth MichelerJones zuversichtlich. Sie muss es wissen, sie hat 1992 in Barcelona im Kajak Einer der Frauen selbst Gold nach Augsburg geholt.
Trotzdem bangen die Fans. Denn Tasiadis ist schnell Dritter – und drei stehen noch oben. Im Kegelzentrum ist es still geworden. Nur wenige rechnen damit, dass alle drei Starter patzen werden. Doch der Spanier Elosegi vergibt seine Chance ebenso wie der Australier Watkins. Und als tatsächlich auch der Franzose Martin mehrmals von der Ideallinie abgetrieben wird, weiß das Augsburger Fachpublikum: Die Bronzemedaille ist Tasiadis nicht mehr zu nehmen. Nach Silber 2012 in London und Rang fünf 2018 in Rio hat der 31-jährige Polizeibeamte seine zweite olympische Medaille aus dem Wildwasser gefischt.
Auch beim Vorsitzenden der Kanu Schwaben Augsburg, Hans Koppold, ist die Freude über die Medaille seines Vereinsmitglieds riesengroß. „Es ist fantastisch, wenn ein Sportler, der im Verein als Schüler begonnen und den ganzen Weg bis zu Olympia gemacht hat, mit einer Medaille nach Hause kommt. Vor allem ist es ein Ansporn für unseren Nachwuchs, der ja einen ganz engen Kontakt zu Sideris hat, weil er zu unserer Kanu-Familie im Verein dazugehört.“