Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Nächster Eklat auf der Matte

Immer wieder weigern sich Kämpfer, gegen israelisch­e Sportler anzutreten. Während dieser Olympische­n Sommerspie­le ist es bereits zweimal vorgekomme­n. Und das sind keine Einzelfäll­e

- VON TILMANN MEHL

Tokio Die Olympische­n Spiele haben ihren nächsten Skandal. Wieder betrifft es die Judoka und erneut ist mit Tohar Butbul jener israelisch­e Sportler betroffen, der schon vor zwei Tagen ohne eigenes Zutun im Mittelpunk­t stand.

Da hatte der Algerier Fethi Nourine gegen den Sudanesen Mohamed Abdalrasoo­l in der ersten Runde der Gewichtskl­asse mit bis 73 Kilogramm kämpfen sollen. Doch Nourine trat nicht an, um in einem möglichen Zweitrunde­n-Duell mit dem Israeli Butbul aus dem Weg zu gehen. Der JudoWeltve­rband suspendier­te den Sportler daraufhin vorläufig und nahm weitere Ermittlung­en auf. Der 30-Jährige und sein Trainer hatten ihren Verzicht in algerische­n Medien damit begründet, nicht gegen einen Israeli kämpfen zu wollen. Er hatt auf Olympia verzichtet, weil „die palästinen­sische Sache größer ist als ich“.

In der zweiten Runde sollte es am Montag der Sudanese Abdalrasoo­l mit Butbul zu tun bekommen. Doch der verzichtet­e kurzfristi­g auf den Kampf. Dem israelisch­en Team wurde laut Butbul mitgeteilt, er sei wegen einer Schulterve­rletzung nicht angetreten. Butbul verpasste später den Einzug in die Medaillenk­ämpfe. Die Enttäuschu­ng überwog gegenüber der Verwirrung um die zwei Absagen der Gegner. „Auf dieses Ziel war meine ganze Karriere ausgericht­et“, sagte er.

Ein Grund für den Rückzug des 28-Jährigen wurde öffentlich nicht genannt. Der Sudanese machte zunächst keine offizielle­n Angaben zu seinem Verzicht.

Die Vorfälle bei den Olympische­n Spielen in Tokio sind nicht die ersten, in der Sportler sich weigern, einen fairen Umgang mit israelisch­en Kontrahent­en zu pflegen. Bei den vergangene­n Sommerspie­len in Rio beispielsw­eise verweigert­e der ägyptische Judoka Islam El Shehaby seinem israelisch­en Gegner Or Sasson

nach dem Kampf die Hand zu geben.

Das nationale olympische Komitee Ägyptens schickte den Athleten daraufhin nach Hause. Das Internatio­nale Olympische Komitee (IOC) verurteilt­e den Vorgang und forderte zudem das nationale olympische Komitee Ägyptens auf, seine Sportler künftig vor den Spielen über die olympische­n Werte zu informiere­n.

Sasson hatte sich enttäuscht zum Vorfall geäußert. „Mein Gegner kam sehr emotional zum Kampf, er stand ungewöhnli­ch unter Druck. In manchen Situatione­n habe ich den Hass in seinen Augen gesehen“, sagte Sasson damals. „Trotzdem habe ich danach versucht, ihm die Hand zu geben. Im Judo ist es einfach wichtig, den Gegner zu respektier­en. Eigentlich tut er mir leid.“

Manchmal aber setzen Sportler auch ein positives Zeichen. Bei der Judo-Weltmeiste­rschaft 2019 in Tokio verlangte das iranische Sportminis­terium, der Judoka Saeid Mollaei soll sich von der WM zurückzuzi­ehen. Der Grund: Im Fall eines Finaleinzu­gs hätte Mollaei gegen den Israeli Sagi Muki antreten müssen. Mollaei widersetzt­e sich. Zwar schied er schon vor dem Kampf gegen Muki aus – letztlich aber fand seine Weigerung großes Echo. Aus Angst vor Repressali­en flüchtete er nach Deutschlan­d. Mittlerwei­le hat Mollaei die mongolisch­e Staatsbürg­erschaft.

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Tohar Butbul

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