Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Gelungener Dialog
Wolfgang Lackerschmid gibt seinen Mitmusikern Raum für virtuose Soli
Da hatte der lange Lockdown doch ausnahmsweise auch mal sein Gutes, jedenfalls für einen Künstler, der auf so einen reichen Schatz an Aufnahmen und Erinnerungen zurückgreifen kann wie Wolfgang Lackerschmid. Der Komponist und weltweit erfolgreiche Vibraphonist nutzte die Zeit nicht nur, um ein neues Album mit „Lockdown Releases“herauszubringen, er schien sich in dieser Zeit ohne Auftritte und Reisen auch gern an seine Anfänge als blutjunger Musiker zu erinnern. Mit seinem ersten eigenen Ensemble, dem „Trio 77“aus dem Jahr 1977, spielte er jetzt in der Matinee der Fronhof-Konzerte.
Fast 45 Jahre sind vergangen seit dieser Zusammenarbeit der damals wirklich sehr jungen Jazz-Musiker. Mit dem Kontrabassisten Thomas Stabenow und dem Schlagzeuger Michael Kersting verbindet ihn aber offensichtlich immer noch ein enges musikalisches Band, wie man hören konnte beim Konzert, das wegen des Regens am Sonntagmorgen in die Kirche Evangelisch-HeiligKreuz verlegt wurde.
Doch die drei ließen nicht nur Altes wieder aufleben. Zusammen mit Martin Auer (Trompete) und Lukas Langguth (Klavier) groovten sie sich durch eine Fülle an Melodien und Motiven aus den letzten Jahrzehnten, bis hin zur gerade 14 Tage alten Komposition des Vibraphonisten, der Ballade „At The Park“. Lackerschmids besonderes Talent dabei: mit seinen melodischen Vorgaben die Kollegen nicht zu sehr einzuengen. Er schenkt ihnen Raum für virtuose Soli und Entfaltungsmöglichkeiten, übergibt mit großzügiger Gelassenheit, freut sich an gelungenen Improvisationen und raffinierten Varianten wie die vom Augsburger Kunstförderpreisträger Langguth am Klavier. Auer setzt beim chromatisch aufsteigenden „Climbing Up“funkige Spitzen, bleibt aber oft, vielleicht sogar zu oft, zurückgenommen im Ensemblesound. Auch vom gerade neu erschienenen Album „Summer Changes“gab es Probehappen wie das von Brechts Sonett Nr. 19 inspirierte „Half The Way“, das mit charmanter Beweglichkeit im 5/4-Takt dahintanzt.
Die kleinen Dialoge zwischen den einzelnen Musikern funktionieren auch mit dem Überraschungsgast Peter Oswald an der Trompete. Diese Formation mit den zwei Trompeten erfordert mehr Aufmerksamkeit, das wird schnell klar. Aber auch hier finden sich die Musiker in kongenialer Brillanz.