Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Tiefgaragen stehen unter Wasser
Die Niederschläge der vergangenen Wochen sorgen im Augsburger Süden für überflutete Keller und Tiefgaragen. Der Grundwasserstand ist dort seit Jahrzehnten ein Thema, in den vergangenen Jahren herrscht aber Ruhe – bis Anfang Juli
In mehreren Tiefgaragen und Kellern im Süden des Augsburger Stadtteils Haunstetten steht seit den starken Regenfällen der vergangenen Wochen das Grundwasser. „Seit etwa drei Wochen haben wir immer Wassereintritt“, sagt Rolf Ricker, Verwalter und Bewohner einer Wohnanlage in der Thurgauer Straße. Allein dort seien zwei Tiefgaragen betroffen, allerdings haben Bürgerinnen und Bürger in Haunstetten auch in Kellern mit Wassereintritt zu kämpfen. Teils wird mit Schläuchen das eindringende Grundwasser in den Rinnstein auf der Straße gepumpt. Etwa 20 Zentimeter stand das Grundwasser zuletzt in Rickers Garage. Mitunter wird es in Haunstetten-Süd jetzt abends auf den Straßen voll: Weil Tiefgaragen nur noch zum Teil oder gar nicht nutzbar sind, weichen die Autofahrer notgedrungen auf den Fahrbahnrand aus.
In der Tat ist der Grundwasserspiegel im Juli sprunghaft gestiegen. Das zeigen Daten einer Messstelle des Landesamtes für Umwelt an der Inninger Straße nahe der B17. Dort wurde Ende vergangener Woche ein Grundwasserstand von 9,25 Metern unter Gelände ermittelt – der Mittelwert dort liegt etwa eineinhalb Meter tiefer. Ursache dafür, so Susan Aktas vom Wasserwirtschaftsamt Donauwörth, seien die starken Niederschläge der vergangenen Wochen. In den eher trockenen Jahren zuvor seien die Grundwasserstände im Mittel deutlich gefallen.
Direkt in Haunstetten-Süd hat das Wasserwirtschaftsamt keine Messstelle, doch auch die Stadt bestätigt, zuletzt vermehrt über volle Keller und Tiefgaragen informiert worden zu sein. Um wie viele Gebäude es sich in Haunstetten und Königsbrunn insgesamt handelt, ist unklar. Die Stadtentwässerung registrierte im Kanalnetz zuletzt aber so viel Abfluss durch die AbpumpAktivitäten aus diesem Gebiet, dass eines der Regenüberlaufbecken an der Berliner Allee geflutet wurde, obwohl seit Tagen kein Regen gefallen war.
Hohe Grundwasserstände sind in Königsbrunn und Haunstetten seit Jahrzehnten ein Thema. So muss die Albert-Einstein-Schule in Haunstetten nun wegen Schimmel saniert werden. Dauerhaft bringen werde das aber nichts, sagte Baureferent Gerd Merkle (CSU) zuletzt – Hintergrund sei der feuchte Keller, der in der Vergangenheit auch schon unter Wasser stand. In den vergangenen Jahren kehrte zumindest in Haunstetten etwas Ruhe bei dem Thema ein, nachdem auf Bürgerversammlungen die Wogen teils hoch schlugen. Anwohner Ricker sagt, man habe nun etwa elf Jahre lang eine trockene Tiefgarage gehabt. In den Jahren zuvor war das Wasser immer wieder in der Garage gestanden, damals etwa 40 Zentimeter hoch.
Ricker bringt die Besserung mit der damaligen Sanierung des Lochbachs in Verbindung. Die Stadt hatte das Gewässer auf einem Teilstück mit Lehm abgedichtet, um das Versickern von Lochbachwasser ins Grundwasser zu verringern. Auch die Lechstaustufen werden speziell von Betroffenen in Königsbrunn mit dem Thema Grundwasser in Verbindung gebracht. Für den Fall einer Bebauung des geplanten Baugebiets Haunstetten-Südwest fordert Ricker Untersuchungen, dass das Neubaugebiet für keinen Grundwasser-Aufstau aus Richtung Süden sorgt.
Dass sich Grundwasserstände durch äußere Einflüsse wie Wetter oder Einfluss des Menschen ändern, ist im Stadtgebiet an mehreren Stellen der Fall. Dass sich nun nach Jahren von Trockenheit die oberen Grundwasserschichten erholen, sei prinzipiell positiv, so Susan Aktas vom Wasserwirtschaftsamt, allerdings könne es lokal durchaus zu sehr hohen Grundwasserständen kommen. Auf den Feldern nördlich von Lechhausen, wo das Grundwasser grundsätzlich hoch steht, muss man aktuell nur einen halben Meter tief graben, um auf Wasser zu stoßen. Der Mittelwert an der Messstelle nahe der Autobahn liegt bei etwa 1,10 Metern. Auch der grundwassergespeiste Autobahnsee ist momentan randvoll.
Im Textilviertel baute die Stadt vor 15 Jahren mehrere Absenkbrunnen und einen Sammelkanal, nachdem der Grundwasserstand nach dem Aus von Textilfabriken und dem Stilllegen von Fabrikbrunnen stieg. Grundsätzlich sind Bauherren selbst dafür verantwortlich, dass sie einen Keller bauen, der wie eine Betonwanne wasserdicht ist, sofern sie bis in eine grundwasserführende Bodenschicht hinuntergraben. Das müssen Bauherr und Architekt miteinander klären. Das Bauordnungsamt prüfe diese Thematik nicht, so die Stadt. Der Architekt orientiert sich wiederum an amtlichen Grundwasserkartierungen bei der Frage, wie ein Keller gebaut werden muss. Im Fall seiner Wohnanlage, sagt Ricker, sei man bei der Fertigstellung in den 1980er Jahren davon ausgegangen, über dem Grundwasserspiegel zu liegen. Nachbesserungsversuche mit Fugenabdichtung scheiterten. Wie die Grundwasserkarten der damaligen Zeit aussahen, ist unklar. Eine staatliche Messstelle an der Kreuzung Inninger Straße/Haunstetter Straße, die allerdings ein gutes Stück weit entfernt liegt, verzeichnet für die vergangenen Jahrzehnte seit 1940 keine drastischen Schwankungen, wobei die Messdaten nicht lückenlos sind. Bei den Meldungen über Wassereintritt in diesem Sommer von Bürgern und Bürgerinnen handle es sich meist um ältere Gebäude, deren Keller nicht gegen drückendes Grundwasser gesichert sind, so das Baureferat.
Für die Sicherheit der Augsburger Trinkwasserversorgung ist der aktuelle Grundwasser-Hochstand kein Problem. Laut Stadtwerken läuft das Wasser aktuell aber durch eine UVAnlage, in der etwaige Keime durch ultraviolettes Licht abgetötet werden. Es handle sich um reine Vorsichtsmaßnahme. Hintergrund: Die Stadtwerke lassen im Hintergrund ein automatisches Frühwarnsystem laufen, das rund um die Uhr Grundwasserstände und Regenmengen auswertet. Werden bestimmte Werte überschritten, ergreifen die Stadtwerke Vorsorgemaßnahmen wie das Abschalten einzelner Brunnen oder eben die UV-Bestrahlung. Dazu kam es auch schon in der Vergangenheit nach extrem starken Regenfällen. Man setze auf diese Maßnahmen schon vor dem möglichen Nachweis von Bakterien, so Stadtwerkesprecher Jürgen Fergg.
Extrem starker Regen kann für die Trinkwassergewinnung dann ein Problem werden, wenn der Boden aufgrund der Niederschlagsmenge vorübergehend nicht im üblichen Maß als natürlicher Filter funktioniert. Dann können Bakterien in Grundwasser gelangen. Ab 2009 nahmen die Stadtwerke darum zwei sogenannte Horizontalfilterbrunnen in Betrieb, die das Wasser aus etwa 20 statt wie bisher rund acht Metern Tiefe holen. Das tieferliegende Wasser ist durch natürliche Sandschichten zusätzlich gefiltert. Ein dritter Brunnen ist aktuell im Bau. Man bereite sich so auf Klimawandel und mögliche häufigere Starkregenereignisse vor, so Fergg.