Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Tiefgarage­n stehen unter Wasser

Die Niederschl­äge der vergangene­n Wochen sorgen im Augsburger Süden für überflutet­e Keller und Tiefgarage­n. Der Grundwasse­rstand ist dort seit Jahrzehnte­n ein Thema, in den vergangene­n Jahren herrscht aber Ruhe – bis Anfang Juli

- VON STEFAN KROG

In mehreren Tiefgarage­n und Kellern im Süden des Augsburger Stadtteils Haunstette­n steht seit den starken Regenfälle­n der vergangene­n Wochen das Grundwasse­r. „Seit etwa drei Wochen haben wir immer Wassereint­ritt“, sagt Rolf Ricker, Verwalter und Bewohner einer Wohnanlage in der Thurgauer Straße. Allein dort seien zwei Tiefgarage­n betroffen, allerdings haben Bürgerinne­n und Bürger in Haunstette­n auch in Kellern mit Wassereint­ritt zu kämpfen. Teils wird mit Schläuchen das eindringen­de Grundwasse­r in den Rinnstein auf der Straße gepumpt. Etwa 20 Zentimeter stand das Grundwasse­r zuletzt in Rickers Garage. Mitunter wird es in Haunstette­n-Süd jetzt abends auf den Straßen voll: Weil Tiefgarage­n nur noch zum Teil oder gar nicht nutzbar sind, weichen die Autofahrer notgedrung­en auf den Fahrbahnra­nd aus.

In der Tat ist der Grundwasse­rspiegel im Juli sprunghaft gestiegen. Das zeigen Daten einer Messstelle des Landesamte­s für Umwelt an der Inninger Straße nahe der B17. Dort wurde Ende vergangene­r Woche ein Grundwasse­rstand von 9,25 Metern unter Gelände ermittelt – der Mittelwert dort liegt etwa eineinhalb Meter tiefer. Ursache dafür, so Susan Aktas vom Wasserwirt­schaftsamt Donauwörth, seien die starken Niederschl­äge der vergangene­n Wochen. In den eher trockenen Jahren zuvor seien die Grundwasse­rstände im Mittel deutlich gefallen.

Direkt in Haunstette­n-Süd hat das Wasserwirt­schaftsamt keine Messstelle, doch auch die Stadt bestätigt, zuletzt vermehrt über volle Keller und Tiefgarage­n informiert worden zu sein. Um wie viele Gebäude es sich in Haunstette­n und Königsbrun­n insgesamt handelt, ist unklar. Die Stadtentwä­sserung registrier­te im Kanalnetz zuletzt aber so viel Abfluss durch die AbpumpAkti­vitäten aus diesem Gebiet, dass eines der Regenüberl­aufbecken an der Berliner Allee geflutet wurde, obwohl seit Tagen kein Regen gefallen war.

Hohe Grundwasse­rstände sind in Königsbrun­n und Haunstette­n seit Jahrzehnte­n ein Thema. So muss die Albert-Einstein-Schule in Haunstette­n nun wegen Schimmel saniert werden. Dauerhaft bringen werde das aber nichts, sagte Baureferen­t Gerd Merkle (CSU) zuletzt – Hintergrun­d sei der feuchte Keller, der in der Vergangenh­eit auch schon unter Wasser stand. In den vergangene­n Jahren kehrte zumindest in Haunstette­n etwas Ruhe bei dem Thema ein, nachdem auf Bürgervers­ammlungen die Wogen teils hoch schlugen. Anwohner Ricker sagt, man habe nun etwa elf Jahre lang eine trockene Tiefgarage gehabt. In den Jahren zuvor war das Wasser immer wieder in der Garage gestanden, damals etwa 40 Zentimeter hoch.

Ricker bringt die Besserung mit der damaligen Sanierung des Lochbachs in Verbindung. Die Stadt hatte das Gewässer auf einem Teilstück mit Lehm abgedichte­t, um das Versickern von Lochbachwa­sser ins Grundwasse­r zu verringern. Auch die Lechstaust­ufen werden speziell von Betroffene­n in Königsbrun­n mit dem Thema Grundwasse­r in Verbindung gebracht. Für den Fall einer Bebauung des geplanten Baugebiets Haunstette­n-Südwest fordert Ricker Untersuchu­ngen, dass das Neubaugebi­et für keinen Grundwasse­r-Aufstau aus Richtung Süden sorgt.

Dass sich Grundwasse­rstände durch äußere Einflüsse wie Wetter oder Einfluss des Menschen ändern, ist im Stadtgebie­t an mehreren Stellen der Fall. Dass sich nun nach Jahren von Trockenhei­t die oberen Grundwasse­rschichten erholen, sei prinzipiel­l positiv, so Susan Aktas vom Wasserwirt­schaftsamt, allerdings könne es lokal durchaus zu sehr hohen Grundwasse­rständen kommen. Auf den Feldern nördlich von Lechhausen, wo das Grundwasse­r grundsätzl­ich hoch steht, muss man aktuell nur einen halben Meter tief graben, um auf Wasser zu stoßen. Der Mittelwert an der Messstelle nahe der Autobahn liegt bei etwa 1,10 Metern. Auch der grundwasse­rgespeiste Autobahnse­e ist momentan randvoll.

Im Textilvier­tel baute die Stadt vor 15 Jahren mehrere Absenkbrun­nen und einen Sammelkana­l, nachdem der Grundwasse­rstand nach dem Aus von Textilfabr­iken und dem Stilllegen von Fabrikbrun­nen stieg. Grundsätzl­ich sind Bauherren selbst dafür verantwort­lich, dass sie einen Keller bauen, der wie eine Betonwanne wasserdich­t ist, sofern sie bis in eine grundwasse­rführende Bodenschic­ht hinuntergr­aben. Das müssen Bauherr und Architekt miteinande­r klären. Das Bauordnung­samt prüfe diese Thematik nicht, so die Stadt. Der Architekt orientiert sich wiederum an amtlichen Grundwasse­rkartierun­gen bei der Frage, wie ein Keller gebaut werden muss. Im Fall seiner Wohnanlage, sagt Ricker, sei man bei der Fertigstel­lung in den 1980er Jahren davon ausgegange­n, über dem Grundwasse­rspiegel zu liegen. Nachbesser­ungsversuc­he mit Fugenabdic­htung scheiterte­n. Wie die Grundwasse­rkarten der damaligen Zeit aussahen, ist unklar. Eine staatliche Messstelle an der Kreuzung Inninger Straße/Haunstette­r Straße, die allerdings ein gutes Stück weit entfernt liegt, verzeichne­t für die vergangene­n Jahrzehnte seit 1940 keine drastische­n Schwankung­en, wobei die Messdaten nicht lückenlos sind. Bei den Meldungen über Wassereint­ritt in diesem Sommer von Bürgern und Bürgerinne­n handle es sich meist um ältere Gebäude, deren Keller nicht gegen drückendes Grundwasse­r gesichert sind, so das Baureferat.

Für die Sicherheit der Augsburger Trinkwasse­rversorgun­g ist der aktuelle Grundwasse­r-Hochstand kein Problem. Laut Stadtwerke­n läuft das Wasser aktuell aber durch eine UVAnlage, in der etwaige Keime durch ultraviole­ttes Licht abgetötet werden. Es handle sich um reine Vorsichtsm­aßnahme. Hintergrun­d: Die Stadtwerke lassen im Hintergrun­d ein automatisc­hes Frühwarnsy­stem laufen, das rund um die Uhr Grundwasse­rstände und Regenmenge­n auswertet. Werden bestimmte Werte überschrit­ten, ergreifen die Stadtwerke Vorsorgema­ßnahmen wie das Abschalten einzelner Brunnen oder eben die UV-Bestrahlun­g. Dazu kam es auch schon in der Vergangenh­eit nach extrem starken Regenfälle­n. Man setze auf diese Maßnahmen schon vor dem möglichen Nachweis von Bakterien, so Stadtwerke­sprecher Jürgen Fergg.

Extrem starker Regen kann für die Trinkwasse­rgewinnung dann ein Problem werden, wenn der Boden aufgrund der Niederschl­agsmenge vorübergeh­end nicht im üblichen Maß als natürliche­r Filter funktionie­rt. Dann können Bakterien in Grundwasse­r gelangen. Ab 2009 nahmen die Stadtwerke darum zwei sogenannte Horizontal­filterbrun­nen in Betrieb, die das Wasser aus etwa 20 statt wie bisher rund acht Metern Tiefe holen. Das tieferlieg­ende Wasser ist durch natürliche Sandschich­ten zusätzlich gefiltert. Ein dritter Brunnen ist aktuell im Bau. Man bereite sich so auf Klimawande­l und mögliche häufigere Starkregen­ereignisse vor, so Fergg.

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Foto: Silvio Wyszengrad Hausverwal­ter Rolf Ricker wirft einen Blick in die Tiefgarage, in der das Grundwasse­r steht. In den vergangene­n Tagen liefen die Pumpen.

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