Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Bürger sollen über freien Blick auf Burg Markt bestimmen
Am Dienstag entscheidet der Gemeinderat über die Zulässigkeit eines Bürgerentscheids. Dieser will eine Bebauung am Fuße von Burg Markt verhindern. Doch der Zwist geht längst über diese Sachfrage hinaus
Biberbach Darf man am Fuß der weithin sichtbaren Markter Burg bauen, oder ist das ein Frevel an der historischen Landmarke und am Ortsbild? An dieser Frage scheiden sich in Biberbach seit einem Gemeinderatsbeschluss im Oktober 2020 die Geister. Ein Bürgerentscheid soll nun Klarheit ins Thema bringen. Über dessen Zulassung entscheidet der Marktgemeinderat in seiner Sitzung am Dienstag.
Mit nur einer Stimme Mehrheit beschloss der Marktgemeinderat im Herbst vergangenen Jahres die Aufstellung einer Einbeziehungssatzung für ein Grundstück unterhalb der Markter Burg. Die Gemeinderäte der CSU und der Freien Wähler unterstützten gemeinsam mit dem Bürgermeister den Antrag des Eigentümers, die Vertreter der Grünen, der Jungen Liste, der Bibertalliste und der Unabhängigen Frauenliste votierten dagegen. Damit begann eine Auseinandersetzung, die bis heute das Gremium nicht zur Ruhe kommen lässt.
Der Rathauschef unterstütze ein Vorhaben, für das es keinerlei öffentliches Interesse gebe, warf Gemeinderätin Johanna Quis (UFB) Bürgermeister Wolfgang Jarasch mehrfach vor. Die Frage nach der Interessenslage stellten auch Jürgen Scharrer, Gemeinderat der Grünen, und Katharina Motzet, Gemeinderätin der Jungen Liste. Der Bürgermeister habe dem Gemeinderat gegenüber als Begründung für die Einleitung des Verfahrens unvollständige Angaben gemacht, so der Vorwurf. Durch die Lage im Landschaftsschutzgebiet sei die Bebauung auch unter landwirtschaftlicher Privilegierung nicht so einfach, wie er es dargestellt habe.
Auffällig sei zudem der enge zeitliche Zusammenhang der Abstimmung mit einem Grundstücksgeschäft der Gemeinde. Darin ging es um dem Ankauf von Flächen für ein neues Baugebiet vom selben Landwirt, dem auch das strittige Grundstück unterhalb der Burg gehört. Vermutungen, dass es sich um ein Gefälligkeitsverfahren handle, machten in Biberbach schnell die Runde. Es wurde sogar gemutmaßt, dass im Gemeindehaushalt eine finanzielle Rückstellung zugunsten des Landwirts hinterlegt sei, falls der vermutete Deal nicht klappen würde. Dafür sah das Landratsamt als Aufsichtsbehörde aber keine Hinweise. Das teilte es auf eine Anfrage der Bebauungsgegner mit.
Dieses Schreiben sowie auch eine E-Mail von Johanna Quis, in dessen Verteiler er unabsichtlich gelangt war und in der von Winkelzügen des Bürgermeisters die Rede war, thematisierte Jarasch im Gemeinderat. Immer wieder sei er persönlichen Angriffen ausgesetzt, das sei inakzeptabel, klagte Jarasch. Vor diesem Hintergrund sei er auch nicht bereit, eine Klausur zur Verbesserung der Kommunikation im Gemeinderat anzusetzen. Jarasch: „Solange die Auseinandersetzung auf so persönlicher Ebene geführt wird, macht das für mich keinen Sinn.“
Johanna Quis wiederum erklärte gegenüber unserer Redaktion, es gehe ihr nach wie vor einzig darum, die Bebauung am Burgberg, „der seit Jahrhunderten geprägt ist von einem Zusammenspiel von Geschichte, Kultur und Natur“zu verhindern. Die vom Bürgermeister vorgebrachten Vorwürfe seien nicht zutreffend. „Sie lenken nach meiner Meinung nur von einer sachlichen
Debatte über die Bebauung des Burgbergs ab.“
Mit einer Einbeziehungssatzung können Kommunen Baurecht für Grundstücke schaffen, die aufgrund ihrer Lage im Außenbereich gar nicht oder nur im Rahmen landwirtschaftlicher Privilegierung bebaubar wären. „Nichts Ungewöhnliches“, ist das laut Bürgermeister Wolfgang Jarasch. Zur Ortsabrundung führe man solche Verfahren häufiger durch. Natur- und Denkmalschutzbehörden signalisierten im strittigen Fall trotz der exponierten Lage am Fuß der Burg Zustimmung. Ausgleichsmaßnahmen und die Einhaltung von Abständen zum historischen Ensemble der Burg wären allerdings Voraussetzung für eine Genehmigung. Das Landratsamt bestätigte der Gemeinde einen regelkonformen Verfahrensverlauf.
Doch von privater Seite kamen zahlreiche Einwände. Die Interessengemeinschaft „Freier Burgblick in Markt“formierte sich. Auf der Onlineplattform Open Petition unterschrieben knapp 800 Unterstützer, denen ein Bauvorhaben auf der aktuell als Pferdeweide genutzten Fläche ein Dorn im Auge ist. Ein formelles Bürgerbegehren mit über 400 Unterschriften wurde der Gemeinde kurz danach übergeben. Die Verwaltung hatte zu prüfen, ob alle Unterstützer ihren Wohnort in Biberbach haben und das Bürgerbegehren die Voraussetzungen für einen Bürgerentscheid erfüllt. Das ist der Fall, erklärte Bürgermeister Jarasch auf Nachfrage. Das Ergebnis werde dem Gemeinderat nun zum Beschluss über die Durchführung des beantragten Bürgerbegehrens vorgelegt. Bis die Biberbacher ihr Votum abgegeben haben, ruht das Verfahren zur Einbeziehungssatzung.