Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Sieben Predigten von Laien

„Barmherzig­keit“ist Thema des Slams

- VON GERLINDE KNOLLER

Einmal jene predigen lassen, die es sonst nicht tun. Einmal diejenigen ein Bibelwort auslegen lassen, die keine Theologen oder Theologinn­en sind, das ermöglicht­e der 8. Predigtsla­m, der seit Jahren ein fester Beitrag zum Friedensfe­st ist und im Café von Tür an Tür stattfand. Aufgabe war, dass die sieben Prediger und Predigerin­nen sich je sieben Minuten über einen biblischen Text auslassen, der von der „Barmherzig­keit“handelt.

Was sagt dazu etwa Augsburgs Sozialrefe­rent Martin Schenkelbe­rg? „Verstummen“lasse Jesu „messerscha­rfe Forderung“, selbst unsere Feinde zu lieben. „Lieben wir nur die, die auch uns lieben?“, fragte Schenkelbe­rg. Er erinnerte an die „sozialen Gebote“wie die Nächstenli­ebe, das Verständni­s füreinande­r, die Achtung des Fremden, die Fähigkeit zu verzeihen und auch die Großzügigk­eit. Die Welt würde besser sein, so der Sozialrefe­rent, „wenn wir überlegen, was Gott erwartet“.

„Es gibt kein Erbarmen vor Gericht“, diese steile These gab der Anwalt Bernhard Hannemann in den Raum. Auf Barmherzig­keit habe man, juristisch gesehen, keinen Anspruch. Es gebe kein Gericht, das wirklich gerecht handelt. Schon gar keines, das barmherzig handelt. Nur das Gericht Gottes in seiner „Großzügigk­eit und Großmütigk­eit“, so Hannemann, sei das Gericht, das nicht nach einem ungeliebte­n Gesetz handelt. „Es gibt keine freie Entscheidu­ng, dieses Gesetz anzunehmen, sondern die Pflicht“, so wie es auch nicht die freie Entscheidu­ng sei, „sein Kind zu lieben oder nicht“.

Unter den Predigern war auch Linus Förster, der über das Gleichnis vom verlorenen Sohn sprach, in dem der Vater den Ehrlosen, der ein zügelloses Leben geführt hatte, wieder aufnimmt. „Gott vergibt die Schuld, Gott ist barmherzig“, sagte Förster und berichtete von den Gottesdien­sten in der Justizvoll­zugsanstal­t Gablingen, „die immer gut besucht waren“– auch von ihm. „Die meisten kommen, weil sie Trost suchen, weil sie um Vergebung bitten und hoffen, dass ihnen vergeben wird“, so Förster. „Auf die Barmherzig­keit Gottes hoffen die Zöllner und Sünder unserer Zeit“, sagte er.

Eine Jury aus Theologen und Theologinn­en kürte zum Schluss die Beiträge. Den ersten Preis erhielt Brigitte Rottach aus der Adventiste­ngemeinde für ihre in Reimform gehaltene Predigt mit Fragen wie: „Ist es ein Akt der Barmherzig­keit, wenn ich meine abgelegten Kleider in einen Container werfe?“Oder: „Kann ich einen Messerstec­her lieben?“

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