Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Wartezeiten in Bürgerbüros sorgen für Ärger
Wer sein neues Auto anmelden oder seinen Ausweis verlängern möchte, braucht derzeit einen langen Atem, oft über mehrere Wochen. Vor allem ältere Bürger stehen zudem noch vor anderen Problemen
Herbert Koch hat sich vor Kurzem ein Auto gekauft und wollte es zügig anmelden. Weil in den Bürgerbüros derzeit wegen Corona nur Termine mit Reservierung möglich sind, bemühte er sich auf dem Online-Portal der Stadt darum. Doch es gab ein Problem: „Laut den Angaben auf der Internetseite hätte ich 25 Tage warten müssen, ehe der nächste Termin frei gewesen wäre“, schildert er. Weil er nicht so lange auf die Nutzung seines neuen Wagens warten wollte, wandte er sich an einen privaten Zulassungsdienst, der sein Anliegen binnen weniger Tage umsetzen konnte. Für solche Dienste und Autohäuser gibt es nämlich einen eigenen Großkundenschalter für Kfz-Zulassungen. Zwar erhebt die Stadt hierfür keine eigenen Gebühren, aber meist die privaten Anbieter. Herbert Koch hat dieser Dienst 30 Euro gekostet – und er ist nicht der Einzige, der sich über den Terminstau ärgert.
Zuletzt hatten sich mehrere Leser an unsere Redaktion gewandt und über lange Wartezeiten bei der KfzZulassung beschwert. Aber auch, wer einen Reisepass oder Ausweis beantragen oder verlängern will, braucht Geduld. Dass es immer wieder zu langen Wartezeiten in den Bürgerbüros kommt, ist nichts Neues. Vor allem in den Sommermonaten, wenn Urlaube anstehen und auf die Schnelle noch Reisepässe oder Personalausweise beantragt oder verlängert werden müssen, wird es eng. Auch aktuell, so heißt es aus dem Ordnungsreferat, sei dies der Hauptgrund für verzögerte Terminvergaben. Doch es gibt einen weiteren Grund: Unter anderem wegen der Vorbereitung der Bundestagswahl stehe nicht das gesamte Personal zur Verfügung.
1000 persönliche Termine können von den Bürgerbüros derzeit pro Tag vergeben werden. Doch neben dem hohen Arbeitsaufkommen bei dünner Personaldecke gibt es eine weitere Schwierigkeit: Immer wieder buchen Personen mehrere Termine, nehmen aber nur einen wahr. Etwa 100 Reservierungen täglich blieben ungenutzt, nennt das Ordnungsreferat eine Größenordnung. Frank Pintsch, Referent für Bürgerinnen- und Bürgeranliegen, appellierte daher schon vor einigen Tagen, Mehrfachbuchungen zu vermeiden und nicht benötigte Termine zu stornieren.
Für Friedrich Schlegel ist das aber nur ein Teil der Lösung. Ihn ärgert es, dass Termine – wegen einer „dauerbesetzten Telefonhotline“– generell nur noch per OnlineReservierung möglich sind. Schließlich seien vor allem ältere Menschen nicht immer sicher im Umgang mit der Technik und kämen daher oftmals an ihre Grenzen. So wie er selbst. Um einen Termin im bevorzugten Bürgerbüro in Haunstetten zu buchen, wo er seinen Ausweis verlängern lassen will, habe er mehrere Anläufe gebraucht. Den zusätzlich gebuchten Termin im Amt in der Innenstadt wollte er dann „wie vonseiten der Politik gefordert“stornieren. Das sei ihm aber nicht gelungen. „Den Link, den ich anklicken sollte, den gab es nicht“, schildert er.
Tatsächlich befindet sich in der entsprechenden Mail nur eine Buchstaben- und Zahlenfolge, die man kopieren und ins Browserfenster einsetzen und dann mit einer mitgelieferten Kennzahl (ID) bestätigen muss. Es braucht also gewisse Grundkenntnisse im Umgang mit dem Internet, um einen Termin zu löschen. „Das als bürgerfreundliche Verwaltung zu bezeichnen, finde ich eine Frechheit“, ist Schlegel sauer.
Bei der Stadt zeigt man Verständnis für den Ärger und räumt ein, dass der Übergang von analogen zu digitalen Angeboten nicht immer reibungslos verlaufe. Oftmals fehle Bürgerinnen und Bürgern auch der Blick hinter die Kulissen, um zu verstehen, warum es an manchen Stellen aus ihrer Sicht hakt. So fragen sich einige Leser, wie es sein könne, dass man binnen zweier Tage einen Termin bekommt, um sich beispielsweise nach einem Umzug umzumelden, aber drei Wochen und mehr warten müsse, bis man sein neues Auto anmelden kann. Das Ordnungsreferat erklärt: „Dies liegt an den unterschiedlichen Bearbeitungszeiten. Für eine Ummeldung werden zehn Minuten veranschlagt, für die Zulassung eines Kfz 20 Minuten.“Anders formuliert: Ist innerhalb der nächsten Wochen kein Zeitfenster in der Größenordnung von 20 Minuten frei, kann auch keine Kfz-Zulassung angenommen werden, eine Ummeldung dagegen schon.
Um den Frust zu minimieren, hat das Ordnungsreferat zwei Tipps: Wer schnell einen Termin im Bürgerbüro braucht, sollte morgens zwischen 7.30 Uhr und 8.30 Uhr auf das Online-Portal gehen, dann werden stornierte Termine neu vergeben. Dazu sei für viele Vorgänge gar kein Vor-Ort-Termin mehr nötig, man könne sie – die technische Ausstattung vorausgesetzt – bereits komplett online erledigen. Dazu gehören die Beantragung eines Führungszeugnisses, der Antrag auf Meldebescheinigung, die Abgabe der Wohnungsgeberbestätigung, die Abmeldung ins Ausland, die KfzAbmeldung, der Antrag für eine Feinstaubplakette sowie der Antrag eines Bewohnerparkausweises. Sogar die Kfz-Zulassung ist direkt online möglich, heißt es. Die nötigen Plaketten für die Schilder werden einem danach zugeschickt. Lediglich melderechtliche Vorgänge wie die Beantragung von Pässen und Ausweisen sowie spezielle Änderungen im Zulassungsrecht müssen weiter direkt vor Ort erledigt werden.
Der Hoffnung, dass dies bald auch wieder mit einem spontanen Besuch im Bürgerbüro möglich sein wird, erteilt das Ordnungsreferat eine Absage: „Der Beschluss im Stadtrat sieht eine dauerhafte Vorsprache nur mit Termin vor“, heißt es. Dazu werden Notfalltermine bereit gehalten. Eine Entspannung bei den Wartezeiten erwartet das Ordnungsreferat ab Ferienende, spätestens jedoch nach der Bundestagswahl am 26. September.