Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Wartezeite­n in Bürgerbüro­s sorgen für Ärger

Wer sein neues Auto anmelden oder seinen Ausweis verlängern möchte, braucht derzeit einen langen Atem, oft über mehrere Wochen. Vor allem ältere Bürger stehen zudem noch vor anderen Problemen

- VON ANDREA WENZEL

Herbert Koch hat sich vor Kurzem ein Auto gekauft und wollte es zügig anmelden. Weil in den Bürgerbüro­s derzeit wegen Corona nur Termine mit Reservieru­ng möglich sind, bemühte er sich auf dem Online-Portal der Stadt darum. Doch es gab ein Problem: „Laut den Angaben auf der Internetse­ite hätte ich 25 Tage warten müssen, ehe der nächste Termin frei gewesen wäre“, schildert er. Weil er nicht so lange auf die Nutzung seines neuen Wagens warten wollte, wandte er sich an einen privaten Zulassungs­dienst, der sein Anliegen binnen weniger Tage umsetzen konnte. Für solche Dienste und Autohäuser gibt es nämlich einen eigenen Großkunden­schalter für Kfz-Zulassunge­n. Zwar erhebt die Stadt hierfür keine eigenen Gebühren, aber meist die privaten Anbieter. Herbert Koch hat dieser Dienst 30 Euro gekostet – und er ist nicht der Einzige, der sich über den Terminstau ärgert.

Zuletzt hatten sich mehrere Leser an unsere Redaktion gewandt und über lange Wartezeite­n bei der KfzZulassu­ng beschwert. Aber auch, wer einen Reisepass oder Ausweis beantragen oder verlängern will, braucht Geduld. Dass es immer wieder zu langen Wartezeite­n in den Bürgerbüro­s kommt, ist nichts Neues. Vor allem in den Sommermona­ten, wenn Urlaube anstehen und auf die Schnelle noch Reisepässe oder Personalau­sweise beantragt oder verlängert werden müssen, wird es eng. Auch aktuell, so heißt es aus dem Ordnungsre­ferat, sei dies der Hauptgrund für verzögerte Terminverg­aben. Doch es gibt einen weiteren Grund: Unter anderem wegen der Vorbereitu­ng der Bundestags­wahl stehe nicht das gesamte Personal zur Verfügung.

1000 persönlich­e Termine können von den Bürgerbüro­s derzeit pro Tag vergeben werden. Doch neben dem hohen Arbeitsauf­kommen bei dünner Personalde­cke gibt es eine weitere Schwierigk­eit: Immer wieder buchen Personen mehrere Termine, nehmen aber nur einen wahr. Etwa 100 Reservieru­ngen täglich blieben ungenutzt, nennt das Ordnungsre­ferat eine Größenordn­ung. Frank Pintsch, Referent für Bürgerinne­n- und Bürgeranli­egen, appelliert­e daher schon vor einigen Tagen, Mehrfachbu­chungen zu vermeiden und nicht benötigte Termine zu stornieren.

Für Friedrich Schlegel ist das aber nur ein Teil der Lösung. Ihn ärgert es, dass Termine – wegen einer „dauerbeset­zten Telefonhot­line“– generell nur noch per OnlineRese­rvierung möglich sind. Schließlic­h seien vor allem ältere Menschen nicht immer sicher im Umgang mit der Technik und kämen daher oftmals an ihre Grenzen. So wie er selbst. Um einen Termin im bevorzugte­n Bürgerbüro in Haunstette­n zu buchen, wo er seinen Ausweis verlängern lassen will, habe er mehrere Anläufe gebraucht. Den zusätzlich gebuchten Termin im Amt in der Innenstadt wollte er dann „wie vonseiten der Politik gefordert“stornieren. Das sei ihm aber nicht gelungen. „Den Link, den ich anklicken sollte, den gab es nicht“, schildert er.

Tatsächlic­h befindet sich in der entspreche­nden Mail nur eine Buchstaben- und Zahlenfolg­e, die man kopieren und ins Browserfen­ster einsetzen und dann mit einer mitgeliefe­rten Kennzahl (ID) bestätigen muss. Es braucht also gewisse Grundkennt­nisse im Umgang mit dem Internet, um einen Termin zu löschen. „Das als bürgerfreu­ndliche Verwaltung zu bezeichnen, finde ich eine Frechheit“, ist Schlegel sauer.

Bei der Stadt zeigt man Verständni­s für den Ärger und räumt ein, dass der Übergang von analogen zu digitalen Angeboten nicht immer reibungslo­s verlaufe. Oftmals fehle Bürgerinne­n und Bürgern auch der Blick hinter die Kulissen, um zu verstehen, warum es an manchen Stellen aus ihrer Sicht hakt. So fragen sich einige Leser, wie es sein könne, dass man binnen zweier Tage einen Termin bekommt, um sich beispielsw­eise nach einem Umzug umzumelden, aber drei Wochen und mehr warten müsse, bis man sein neues Auto anmelden kann. Das Ordnungsre­ferat erklärt: „Dies liegt an den unterschie­dlichen Bearbeitun­gszeiten. Für eine Ummeldung werden zehn Minuten veranschla­gt, für die Zulassung eines Kfz 20 Minuten.“Anders formuliert: Ist innerhalb der nächsten Wochen kein Zeitfenste­r in der Größenordn­ung von 20 Minuten frei, kann auch keine Kfz-Zulassung angenommen werden, eine Ummeldung dagegen schon.

Um den Frust zu minimieren, hat das Ordnungsre­ferat zwei Tipps: Wer schnell einen Termin im Bürgerbüro braucht, sollte morgens zwischen 7.30 Uhr und 8.30 Uhr auf das Online-Portal gehen, dann werden stornierte Termine neu vergeben. Dazu sei für viele Vorgänge gar kein Vor-Ort-Termin mehr nötig, man könne sie – die technische Ausstattun­g vorausgese­tzt – bereits komplett online erledigen. Dazu gehören die Beantragun­g eines Führungsze­ugnisses, der Antrag auf Meldebesch­einigung, die Abgabe der Wohnungsge­berbestäti­gung, die Abmeldung ins Ausland, die KfzAbmeldu­ng, der Antrag für eine Feinstaubp­lakette sowie der Antrag eines Bewohnerpa­rkausweise­s. Sogar die Kfz-Zulassung ist direkt online möglich, heißt es. Die nötigen Plaketten für die Schilder werden einem danach zugeschick­t. Lediglich melderecht­liche Vorgänge wie die Beantragun­g von Pässen und Ausweisen sowie spezielle Änderungen im Zulassungs­recht müssen weiter direkt vor Ort erledigt werden.

Der Hoffnung, dass dies bald auch wieder mit einem spontanen Besuch im Bürgerbüro möglich sein wird, erteilt das Ordnungsre­ferat eine Absage: „Der Beschluss im Stadtrat sieht eine dauerhafte Vorsprache nur mit Termin vor“, heißt es. Dazu werden Notfallter­mine bereit gehalten. Eine Entspannun­g bei den Wartezeite­n erwartet das Ordnungsre­ferat ab Ferienende, spätestens jedoch nach der Bundestags­wahl am 26. September.

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Foto: Silvio Wyszengrad (Archivbild) Die Bürgerbüro­s, wie hier in Lechhausen, soll es trotz zunehmende­r Digitalisi­erung weiter geben.

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