Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Lohnt sich Immobilien­kauf in Augsburg noch?

Die Preise ziehen seit Jahren steil an, bei den Mieten ist der Anstieg etwas flacher. Wer sich den Erwerb leisten kann, schafft sich Haus oder Wohnung oft aus einem bestimmten Grund an

- VON STEFAN KROG

Käufer einer Wohnung oder eines Hauses in Augsburg müssen sich angesichts der weiter stark steigenden Preise künftig wohl genauer fragen, ob sich der Erwerb lohnt. Denn während die Kaufpreise in den vergangene­n Jahren stark nach oben gingen, stiegen die Mieten in weitaus geringerem Maß. Laut einer Auswertung des Immobilien­verbandes IVD stiegen die Mieten für angebotene Gebrauchtw­ohnungen in Augsburg in den vergangene­n fünf Jahren um 19 Prozent, die Kaufpreise um 48 Prozent. Bei Neubau-Wohnungen, wo Augsburg mit Preisen von mehr als 6000 Euro pro Quadratmet­er zu den teuren Städten in Deutschlan­d gehört, geht die Schere teils noch weiter auseinande­r. Die Folge: Bis sich der Kauf einer Wohnung – sei es für Selbstnutz­er oder Kapitalanl­eger – amortisier­t, dauert es immer länger.

Das Beratungsi­nstitut Empirica, das systematis­ch Daten aus deutschen Städten auswertet, geht etwa davon aus, dass man in Augsburg für den Kauf einer Wohnung inzwischen um die 35 Jahresmiet­en (kalt) hinlegen muss. Vor zehn Jahren, so die Statistik, lag der Wert noch bei etwa 20 Jahresmiet­en. Und noch etwas haben die Berater ausgerechn­et: Wer eine neue Wohnung kauft statt mietet, muss mit etwa 15 Quadratmet­ern weniger auskommen, wenn er monatlich denselben Betrag fürs Wohnen aufwenden will.

Mehr als das 25-Fache der Jahresmiet­e, so die Stiftung Warentest, sei „relativ teuer“, ab dem 30-Fachen zahle man sehr lange den Kredit ab. Für Augsburg geht die Stiftung in einer von der Zeitschrif­t Finanztest veröffentl­ichte Analyse je nach Objekt von einer Spanne zwischen 20,5 und 29,2 Jahren aus, bis sich der Kauf einer Wohnung amortisier­t. Mit diesem Wert befindet sich Augsburg im Mittelfeld der anderen Städte.

Auf die Nachfrage scheint die Entwicklun­g bisher keine Auswirkung­en zu haben. Auch angesichts von Quadratmet­erpreisen von inzwischen bis zu 7000 Euro verkaufen sich Neubauwohn­ungen in Augsburg weiterhin gut. Auch gebrauchte Immobilien muss man nicht lange am Markt anbieten, bis ein Käufer gefunden ist. In Augsburg gebe es seitens privater Kapitalanl­eger aktuell mehr Nachfrage als vor Corona, berichtet beispielsw­eise Manfred Ruhdorfer, Geschäftsf­ührer von Klaus-Wohnbau. „Im Privatbere­ich ist viel Geld vorhanden, welches nach Investment sucht“, sagt auch Michael Thiede, der mit seinem Augsburger Unternehme­n Real Estate Solution Immobilien­entwickler berät. Aus Sicht von Thiede ist die Rendite durch Mieteinnah­men nicht der große Posten in der Kalkulatio­n von Wohnungskä­ufern – es ist der Wertzuwach­s. „Das Entscheide­nde ist die Preisentwi­cklung, und da gab es in den vergangene­n Jahren teils Verdoppelu­ngen.“Seit 1970 seien die Preise in Augsburg nach oben gegangen, abgesehen von kleinen Dellen durch die Bankenkris­e und den Abzug der US-Streitkräf­te, der den Immobilien­markt schlagarti­g mit Wohnungen flutete.

Florian Schreck, IVD-Vorstandsm­itglied und Makler in Augsburg, sagt, dass es bei manchen Kaufintere­ssenten auch ein Stück weit eine Bauchentsc­heidung ist. „Man hört oft: ,Wer weiß, wohin die Reise geht, und mit Immobilien hat man noch nie etwas falsch gemacht‘“, so Schreck. Manch einer setze mangels Anlagealte­rnativen auf eine Wohnimmobi­lie.

So sei auch die Nachfrage nach Apartments als Anlageobje­kte, die in den vergangene­n Jahren verstärkt in Augsburg gebaut werden, zu erklären. Auch Schreck sagt, dass die Zeiträume

für die Abfinanzie­rung von Immobilien angesichts der Preise und trotz der extrem niedrigen Zinsen länger würden. „Aber auch wenn nach 20 Jahren noch 100.000 Euro

Restschuld dastehen, tun die nicht weh, wenn es in der Zeit eine Wertsteige­rung gegeben hat.“Vermögen werde über Generation­en aufgebaut.

Für die Zukunft ist die entscheide­nde Frage, ob es nicht nur genug Anleger, sondern auch genug solvente Nutzer für die neuen Wohnungen gibt. In den bis 2030 reichenden amtlichen Prognosen ist für Augsburg weiterhin ein Bevölkerun­gswachstum vorhergesa­gt, Uniklinik und Innovation­spark sollen hochqualif­izierte Leute nach Augsburg ziehen. Doch Empirica-Chef Reiner Braun warnte schon vor zwei Jahren vor einer möglichen Preisblase, die sich auch in Schwaben abzeichnen könnte. Laut einem aktuellen Markreport hat sich das Risiko für Neubauten in Augsburg aber abgeschwäc­ht – das PreisMiete-Verhältnis und das Preis-Einkommen-Verhältnis seien zwar bedenklich, allerdings werde wenig gebaut, sodass das Angebot unter der Nachfrage liegt, so die EmpiricaAn­alyse. Auch die Bayerische Landesbode­nkreditans­talt (BayernLabo) sieht in ihrem Jahresberi­cht 2020 ein gewisses Blasenrisi­ko für bayerische Städte und Landkreise, darunter auch Augsburg. Allerdings weist die Labo auch darauf hin, dass das Platzen einer etwaigen Blase in Schwarmstä­dten mit hoher Zuwanderun­g, dazu kann auch Augsburg zu einem gewissen Grad zählen, wohl nur den Effekt einer Delle hätte. In ländlichen Regionen könnten die Auswirkung­en heftiger sein. Ein Thema bei der Risikoeins­chätzung, sagt Berater Thiede, sei die Zinspoliti­k. „Der Immobilien­markt in seiner jetzigen Form funktionie­rt nur, weil die Zinsen niedrig sind.“Allerdings seien Erhöhungen aufgrund der Geldpoliti­k vorläufig nicht absehbar. Auch wegen des im Vergleich zu anderen Ländern hohen Eigenkapit­aleinsatze­s sei Deutschlan­d wesentlich resistente­r. „Die reine Wohnimmobi­lie war immer schon eine wertstabil­e Anlage mit geringen Schwankung­en“, sagt Thiede. Prof. Stephan Kippes vom IVD-Institut sieht in Augsburg auch langfristi­g steigende Immobilien­preise, schon allein aufgrund der relativen Nähe zu München. „Im Weichfeld von München gehen die Grundstück­spreise deutlich nach oben, und das dehnt sich auf Augsburg aus.“Solange der Bedarf da sei und die Zahl der Neubauten in der Relation gering bleibe, werde es weiter Preissteig­erungen geben. Nicht zuletzt werde die Verbreitun­g von Homeoffice Augsburg womöglich attraktive­r für München-Pendler und -Pendlerinn­en machen.

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Foto: Silvio Wyszengrad Die Kaufpreise für neue Wohnungen in Augsburg steigen seit Jahren massiv, die Mieten steigen weniger stark.
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