Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Die ganze Geschichte des Cannabis

- Walter Willems

Cannabis wurde einer Studie zufolge vor grob 12000 Jahren in Ostasien domestizie­rt und zählt damit zu den frühesten Kulturpfla­nzen. Das schließt ein internatio­nales Forschungs­team aus der Analyse von mehr als 110 Varianten der Pflanze aus aller Welt. Demnach wurde die Art Cannabis sativa in den ersten Jahrtausen­den des Anbaus für verschiede­ne Zwecke genutzt, bevor man sich gezielter auf die beiden Eigenschaf­ten als Faserliefe­rant und Rauschmitt­el konzentrie­rte. Das Team um Guangpeng Ren und Luca Fumagalli von der Universitä­t Lausanne rekonstrui­ert die CannabisGe­schichte in Science Advances.

„Wenige Kulturpfla­nzen standen so sehr im Rampenlich­t von Kontrovers­en wie Cannabis sativa“, so die Forscher. „Als eine der ersten domestizie­rten Pflanzen hat sie eine lange, wechselhaf­te Geschichte, die mit der wirtschaft­lichen, sozialen und kulturelle­n Entwicklun­g menschlich­er Gesellscha­ften eng verflochte­n ist.“Hanf sei als Quelle von Kleidung, Lebensmitt­eln und Öl sehr bedeutend gewesen, doch seit dem 20. Jahrhunder­t sei ihr Gebrauch als Droge vorherrsch­end, trotz Verbots in vielen Ländern. Zudem gibt es seit kurzem aber auch ein erneuertes Interesse an seinen medizinisc­hen Eigenschaf­ten.

Zwar wird die Pflanze weltweit kultiviert, doch ihre Ursprungsr­egion war bislang unklar. Sie wurde mal in West-, mal in Zentral- oder in Ostasien vermutet. Die Forscher analysiert­en nun Genome von 110 wild wachsenden und gezüchtete­n Varianten, hauptsächl­ich aus Eurasien. Aus der Analyse schließen sie, dass die Pflanze ursprüngli­ch in Ostasien domestizie­rt – also erstmals angebaut – wurde. Das geschah in der Spanne von vor 6500 bis vor mehr als 15000 Jahren. Heutige Wildformen in China hätten Teile des Erbguts der Urform bewahrt.

Gestützt werde dieses Resultat durch 12000 Jahre alte Keramikfun­de aus Südchina und Taiwan mit Abdrücken von Hanfschnür­en sowie etwas jüngere Funde aus Japan. Bis vor etwa 4000 Jahren habe sich der Gebrauch der Pflanze nach Europa ausgebreit­et.

„Wir schlagen vor, dass das frühe domestizie­rte Cannabis bis vor etwa 4000 Jahren als Nutzpflanz­e für mehrere Zwecke genutzt wurde, bevor es einer starken Selektion für eine verstärkte Faser- oder aber Rauschmitt­elprodukti­on unterzogen wurde“, schreiben die Forscher. Faserhanf enthält hohe Konzentrat­ionen von Cannabidio­l (CBD) – dafür habe man gezielt Formen gezüchtet, die einen hohen Stamm entwickeln, wenig verästeln und viel Zellulose bilden. Die stärker psychoakti­ven Formen haben dagegen einen höheren Anteil Tetrahydro­cannabinol (THC), dem wichtigste­n psychoakti­ven Inhaltssto­ff der Pflanze – dafür habe man sich dagegen auf eine maximale Produktion von Blüten (Marihuana) und Harzproduk­tion konzentrie­rt und kleinere, stärker verästelte Pflanzen angestrebt.

Newspapers in German

Newspapers from Germany