Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Die ganze Geschichte des Cannabis
Cannabis wurde einer Studie zufolge vor grob 12000 Jahren in Ostasien domestiziert und zählt damit zu den frühesten Kulturpflanzen. Das schließt ein internationales Forschungsteam aus der Analyse von mehr als 110 Varianten der Pflanze aus aller Welt. Demnach wurde die Art Cannabis sativa in den ersten Jahrtausenden des Anbaus für verschiedene Zwecke genutzt, bevor man sich gezielter auf die beiden Eigenschaften als Faserlieferant und Rauschmittel konzentrierte. Das Team um Guangpeng Ren und Luca Fumagalli von der Universität Lausanne rekonstruiert die CannabisGeschichte in Science Advances.
„Wenige Kulturpflanzen standen so sehr im Rampenlicht von Kontroversen wie Cannabis sativa“, so die Forscher. „Als eine der ersten domestizierten Pflanzen hat sie eine lange, wechselhafte Geschichte, die mit der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Entwicklung menschlicher Gesellschaften eng verflochten ist.“Hanf sei als Quelle von Kleidung, Lebensmitteln und Öl sehr bedeutend gewesen, doch seit dem 20. Jahrhundert sei ihr Gebrauch als Droge vorherrschend, trotz Verbots in vielen Ländern. Zudem gibt es seit kurzem aber auch ein erneuertes Interesse an seinen medizinischen Eigenschaften.
Zwar wird die Pflanze weltweit kultiviert, doch ihre Ursprungsregion war bislang unklar. Sie wurde mal in West-, mal in Zentral- oder in Ostasien vermutet. Die Forscher analysierten nun Genome von 110 wild wachsenden und gezüchteten Varianten, hauptsächlich aus Eurasien. Aus der Analyse schließen sie, dass die Pflanze ursprünglich in Ostasien domestiziert – also erstmals angebaut – wurde. Das geschah in der Spanne von vor 6500 bis vor mehr als 15000 Jahren. Heutige Wildformen in China hätten Teile des Erbguts der Urform bewahrt.
Gestützt werde dieses Resultat durch 12000 Jahre alte Keramikfunde aus Südchina und Taiwan mit Abdrücken von Hanfschnüren sowie etwas jüngere Funde aus Japan. Bis vor etwa 4000 Jahren habe sich der Gebrauch der Pflanze nach Europa ausgebreitet.
„Wir schlagen vor, dass das frühe domestizierte Cannabis bis vor etwa 4000 Jahren als Nutzpflanze für mehrere Zwecke genutzt wurde, bevor es einer starken Selektion für eine verstärkte Faser- oder aber Rauschmittelproduktion unterzogen wurde“, schreiben die Forscher. Faserhanf enthält hohe Konzentrationen von Cannabidiol (CBD) – dafür habe man gezielt Formen gezüchtet, die einen hohen Stamm entwickeln, wenig verästeln und viel Zellulose bilden. Die stärker psychoaktiven Formen haben dagegen einen höheren Anteil Tetrahydrocannabinol (THC), dem wichtigsten psychoaktiven Inhaltsstoff der Pflanze – dafür habe man sich dagegen auf eine maximale Produktion von Blüten (Marihuana) und Harzproduktion konzentriert und kleinere, stärker verästelte Pflanzen angestrebt.