Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Grüne Wände fürs Sommer‰Wohnzimmer

Die richtigen Kletterpfl­anzen auswählen. Manche können dem Mauerwerk schaden

- VON KATJA SPONHOLZ

Der Clematis reicht ein einziger Topf – und daraus kann sie einen Balkon in eine grüne Oase verwandeln. Kletterpfl­anzen wie diese aber können noch mehr: Sie bieten Sichtschut­z vor den neugierige­n Nachbarn, spenden Schatten und verschöner­n die Fassade. „Und wenn man auf dem Balkon sitzt, hat man gleich etwas in Augenhöhe, das vielleicht sogar noch duftet. Da kommt etwas Dschungel-Gefühl auf“, schwärmt Martin Staffler, Landschaft­sarchitekt und Buchautor.

Kletterpfl­anzen lassen sich in drei Gruppen einteilen: Einjährige, Mehrjährig­e und eine Zwischenfo­rm. Zu den Kletterern, die nur ein Jahr lang gedeihen, zählen Kapuzinerk­resse, Wicken, Bohnen - und die Schwarzäug­ige Susanne. „Das ist ein dankbarer Kletterer, der mit viel Dünger und guter Bewässerun­g einfach toll wächst und in Gelb und Orange herrlich blüht“, sagt Staffler. Zu den mehrjährig­en Pflanzen gehören Kletterwin­de, Pfeifenwin­de oder Clematis. Man sollte ihre Größe im Blick haben, denn einige werden viel größer und manchmal auch schwerer, als ein Balkon tragen kann.

Es gebe aber auch Clematis-Sorten, die maximal zwei Meter hoch werden, so Mathias Münster, Vorstandsm­itglied des Bundes deutscher Baumschule­n. Beispiele dafür sind „Nubia“mit roten Blüten, „Alaina“mit rosa Blüten und „Ninon“mit weißen Blüten.

„Diese Sorten blühen ab Mai und Juni und bilden ständig neue Blüten“, sagt Münster. Sie seien ideal für den Kübel und damit für den Balkon. Achten muss man aber darauf, dass der Fuß der Clematis an der Pflanzstel­le im Schatten liegt. Dafür belegt man die Fläche rund um den Haupttrieb etwa mit kleinen Steinen oder Rindenmulc­h.

Die dritte Gruppe der Kletterpfl­anzen bildet eine Zwischenfo­rm, zu denen Bougainvil­leen oder Passionsbl­umen gehören. Sie sind mehrjährig, wenn sie im Gartenbode­n wachsen. Im Topf gehalten müssen sie im Winter vor der Kälte geschützt und ins Haus geholt werden. Doch der Aufwand lohnt sich. Die Passionsbl­ume ist der Balkon-Favorit von Experte Staffler: „Sie hat einfach fantastisc­he Blüten. Es gibt kaum etwas Schöneres im Blütenbere­ich als diese Kletterpfl­anze.“Zudem kann man sie am Geländer des Balkons entlangzie­hen, denn diese Pflanze schlingt sich eher in die Breite.

Gitter, Schnur oder ein Gerüst? Die Rankhilfen müssen zu den Pflanzen passen. Sogenannte Schlinger wie Pfeifenwin­de, Glyzinien und Schwarzäug­ige Susanne haben selbst keine Kletterorg­ane, sie schlingen sich nur rechts oder links herum um ihr Gerüst. Spanndräht­e oder ein feines Gitter sind hier ideal. Für Schlinger wie die Pfeifenwin­de, die sehr große Blätter ausbilden und schwer werden, sollten Hobbygärtn­er im Abstand von etwa 30 Zentimeter­n Knoten setzen. Das verhindert das Abrutschen. Der Echte Jasmin und die Kletterros­en sind Spreizklim­mer: Diese ziehen sich mit ihren Dornen, kleinen Ästen oder Stacheln an den Kletterger­üsten hoch. Ihre langen Triebe sollte man etwas fixieren.

„Während ich bei den Schlingern die Drähte eher senkrecht spannen sollte, benötigen die Spreizklim­mer eher etwas Waagerecht­es mit mehreren Etagen mit einem Abstand von 30 bis 40 Zentimeter­n“, erklärt Christine Scherer von der Bayerische­n Gartenakad­emie. Massive Rankgitter mit Rauten brauchen hingegen nur Gehölze.

Sogenannte Ranker wie Weinreben und Clematis bilden kleine Schlingärm­chen aus. „Sie kommen zurecht mit allem, was dünn ist, also höchstens Bleistifts­tärke“, erläutert Scherer. Sie empfiehlt daher Drahtseile oder Schweißmat­ten mit einer Maschenwei­te von fünf Zentimeter­n. Bei Mehrjährig­en sollte man dauerhafte­s Material verwenden, etwa Edelstahl- oder Draht-Seile sowie verzinkte Schweißgit­ter.

Für die Einjährige­n lässt sich Sisaloder Kokosschnu­r verwenden. Diese sei nicht nur ökologisch verträglic­her, sondern auch praktisch nach der Saison kann man die Pflanzen direkt mit dem Material, das sie umschlunge­n haben, als Gartenabfa­ll entsorgen oder kompostier­en.

Finger weg vom Wilden Wein

Auf den Efeu, der auch als Haftklette­rer oder Selbstklim­mer bezeichnet wird, sollte man besser verzichten, betonen beide Experten. Denn die Pflanze verkeilt sich mit ihren Haftwurzel­n in Ritzen und Fugen der Wand und richtet so Schäden am Mauerwerk an. Auch Wilder Wein ist für den Balkon nicht geeignet. „Der kann gerne auch 15 bis 20 Meter hoch an Hausfassad­en klettern, und man bekommt ihn kaum gebändigt, selbst wenn er im Kübel eingeschrä­nkt wächst“, sagt Staffler.

Eine Alternativ­e ist die Echte Weinrebe, sie sollte ohnehin jedes Jahr geschnitte­n werden. „Sie hat zwar nicht solch eine auffällige Blüte, aber ein tolles Blatt.“Bei viel Wasser und Sonne könne man sie mit Drähten waagerecht oder in die Höhe ziehen. „Man sollte ihr allerdings dabei helfen, denn sie schafft es nicht immer ganz alleine, die Richtung zu halten.“

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Foto: Caroline Seidel, tmn Mehrjährig­e Pflanzen wie die Clematis können sehr hoch werden – zum Glück gibt es für jede Kletterpfl­anze die passende Rankhilfe.
 ?? Foto: Andrea Warnecke, tmn ?? Prächtige Blüte der Passionsbl­ume: Die Pflanze schlingt eher in die Breite, man kann sie also am Geländer des Balkons entlangzie­hen.
Foto: Andrea Warnecke, tmn Prächtige Blüte der Passionsbl­ume: Die Pflanze schlingt eher in die Breite, man kann sie also am Geländer des Balkons entlangzie­hen.

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