Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Tausende Fans in den Stadien – aber wie lange?
Wenn die Bundesliga am Wochenende beginnt, dürfen die Klubs ihre Arenen mit reichlich Anhang füllen. Doch mit Blick auf die aktuelle Corona-Lage und den Herbst befürchten Verantwortliche ein kurzes Vergnügen
Augsburg Dazu bedarf es keiner hellseherischen Fähigkeiten. Dieses Thema wird in den kommenden Wochen rauf- und runterdiskutiert werden. Weil es doch um so viel mehr als nur den Fußball geht. Das Gezanke um Rechte für Geimpfte hat den Sport erreicht. Am Wochenende beginnt die Bundesliga, tausende Zuschauerinnen und Zuschauer strömen in die Stadien, um das Treiben auf dem Rasen zu verfolgen. Doch wie viele dürfen unter welchen Voraussetzungen in die Arenen? Die EM und deren Bilder von vollen Rängen schürten Hoffnungen der Klubs, sie könnten zum Vor-Corona-Modus zurückkehren. Doch weit gefehlt. Steigende Inzidenzen sorgen für Unsicherheit, womöglich steht eine weitere „Corona-Saison“bevor.
Wie viele Fans dürfen zum Bundesliga-Auftakt in die Stadien?
Anfang Juli beschlossen die Bundesländer eine Auslastung von 50 Prozent der Zuschauerkapazität. Maximal sollten jedoch 25000 Besucherinnen und Besucher die Ränge füllen. Die Politik setzte diese Regelung vorerst bis 11. September fest. Entscheidend dabei: die Sieben-Tage-Inzidenz von 35. Allerdings gibt es keine einheitliche Regelung. Bayern erlaubte lediglich eine Auslastung von 35 Prozent und rechtfertigte dies mit der ansteckenderen Delta-Variante des Covid-19-Virus.
Was passiert, wenn die Inzidenz von 35 überschritten wird?
Die Unterschiede sind in diesem Fall enorm. Steigt die Inzidenz am Austragungsort auf über 35 und lässt sich das Infektionsgeschehen nicht klar eingrenzen, sind maximal 5000 Fans erlaubt. Auch hier greifen die Gesetze des deutschen Föderalismus: In Bayern wären nur maximal 1 500 Zuschauerinnen und Zuschauer zugelassen.
In Mönchengladbach lag die Inzidenz am Montag bei 55,2. Warum dürfen gegen Bayern München am Freitag dennoch 23000 Zuschauer ins Stadion?
Wegen des Stichtags. Auch dieser unterscheidet sich – wie sollte es anders sein – innerhalb der Bundesländer. In Nordrhein-Westfalen war entscheidend, welchen Inzidenzwert Mönchengladbach am vergangenen Mittwoch aufwies. Weil dieser damals noch knapp unter 35 lag, schöpft die Borussia im Auftaktspiel dieser Spielzeit das Maximum des Erlaubten aus. Wie viel Sinn diese Regelung ergibt, kann jeder für sich beantworten.
Wie viele Zuschauer darf der FC Augsburg in die Arena lassen?
In Bayern ist der fünfte Tag vor dem Spiel entscheidend. Da die Inzidenz am Montag in Augsburg knapp unter 35 lag, dürfen gegen die TSG 1899 Hoffenheim (Samstag, 15.30 Uhr) bis zu 10700 Fans ins Stadion (35 Prozent). Der FCA zeigt sich dabei auch noch gastfreundlich: Die Deutsche Fußball-Liga (DFL) forderte ihre Klubs auf, ab dem dritten Spieltag wieder Gästefans ins Stadion zu lassen. Augsburg ermöglicht bereits beim Auftakt, dass 537 Hoffenheimer Anhänger dabei sein können.
Welche Vorgaben müssen die Fans für ihren Stadionbesuch in Augsburg erfüllen?
In Augsburg gilt die 3G-Regel. Besucherinnen und Besucher müssen folglich geimpft, genesen oder getestet sein. Der Antigen-Schnelltest darf nicht älter als 24 Stunden sein, der PCR-Test nicht älter als 48 Stunden. Auf dem Stadiongelände gilt eine Maskenpflicht, die am Sitzplatz aufgehoben wird.
Der 1. FC Köln will ab Ende August keine Fans mit negativen CoronaTests ins Stadion lassen. Was steckt dahinter?
Letztlich eine Diskussion, die sich durch alle Lebensbereiche zieht. Haben Ungeimpfte künftig weniger Rechte als Geimpfte? Wird aus 3G ein 2G? Die einen sagen, man dürfe Ungeimpfte nicht vom öffentlichen Leben ausschließen und verfassungsrechtlich sei das problematisch. Andere argumentieren, dass ein Stadion nicht zu den Bereichen zähle, die der Grundversorgung angehören. Getesteten könnte künftig also der Zugang zu Straßenbahn, Rathaus oder Krankenhaus gewährt werden, beim Fußball könnte ihnen dieser verwehrt bleiben.
Welche Haltung vertritt die Politik? Die sportpolitische Sprecherin der FDP im Bundestag, Britta Dassler, hält die Kölner Regelung für fragwürdig. „Im Stadionbereich sprechen wir über den Außenbereich. Daher lässt sich meiner Ansicht nach eine Zugangsreduzierung auf Geimpfte und Genesene kaum rechtfertigen. Die Ansteckungsgefahr im Außenbereich und mit Abstand ist ohnehin sehr gering. Daher sollte grundsätzlich der Zugang für Geimpfte, Genesene und Getestete möglich sein“, sagte sie. Das Hausrecht der Vereine bliebe aber natürlich unberührt. Ähnlich sieht es mit Eberhard Gienger der sportpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. „Eine Unterscheidung zwischen geimpften, genesenen oder negativ getesteten Zuschauern halte ich aus verfassungsrechtlichen Gründen für problematisch“, erklärte der Politiker. „Demnach müssen geimpfte, genesene oder negativ getestete Zuschauer beim Zutritt ins Stadion gleich behandelt werden.“
Können die Bundesligisten Ungeimpfte ausschließen?
Ja. Veranstalter von Großereignissen können nur Immunisierte in ihr Stadion lassen, da sie als Betreiber vom Hausrecht Gebrauch machen können. Das betrifft nicht nur Fußballspiele, sondern auch andere Events wie Konzerte oder Freiluftkinos.
Die Inzidenzen steigen in Deutschland. Wie wird sich das auf die Bundesliga auswirken?
Halten die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten an der aktuellen Regelung fest, sind die Folgen absehbar. Vor dem zweiten Spieltag in der Bundesliga wird die Inzidenz großteils auf über 35 steigen. Spiele würden vor maximal 5000 Zuschauern ausgetragen. Der FC Bayern würde am zweiten Spieltag – und somit im ersten Heimspiel der neuen Saison – sogar vor nur 1500 Zuschauern gegen Köln antreten.
Wie wollen die Bundesligisten die Reduzierung der Fans verhindern? Sie setzen darauf, dass die Politik sich nicht mehr nur an der Inzidenz orientiert und sie Planungssicherheit bekommen. Michael Ströll, Finanz-Geschäftsführer des FC Augsburg, erklärt: „Wir plädieren klar dafür, dass bei der Wiederzulassung der Zuschauer weitere Parameter wie fortschreitende Impfquoten oder eine Hospitalisierungsrate Berücksichtigung finden.“