Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Was Touristen anlockt
Die Gästezahlen im Landkreis Augsburg sind gesunken, im Vergleich zum restlichen Bayern sind sie unterdurchschnittlich. Ein Experte erklärt, was dagegen getan werden kann
Die Gästezahlen im Landkreis Augsburg sind gesunken, im Vergleich zu ganz Bayern sind sie unterdurchschnittlich. Was dagegen getan werden kann.
Landkreis Augsburg Das Potenzial ist da. Es wird nur nicht richtig genutzt. So etwa lautet das Fazit des Tourismus-Experten Cornelius Obier. Der Chef der Unternehmensberatung Projekt M hat den Landkreis Augsburg unter die Lupe genommen, um herauszufinden, wie die Tourismusbranche in Schwung gebracht werden kann. Oberstes Ziel sei nicht allein, den Hoteliers mehr Gäste zu organisieren. „Wir wollen damit die Lebensqualität der
Bürger vor Ort verbessern“, sagt er. Bis dahin ist der Weg noch weit.
Denn im Moment stagniert die touristische Nachfrage. Im Vergleich zum restlichen Bayern entwickelt sich die Branche sogar unterdurchschnittlich. Der Landkreis will neue Strategien erarbeiten, um sinkenden Übernachtungszahlen entgegenzuwirken. Obiers Analyse zufolge liegen die Angebote in den Bereichen Natur-Aktiv und Kultur, heben sich kaum von der Masse ab und schaffen kaum Anlass zu einer Reise. Die Entwicklung der Angebote orientiere sich eher an Fördermitteln, sei kleinteilig und regional zu wenig abgestimmt. Es gebe zudem Qualitätslücken im gastgewerblichen Bereich. Die Region „vor den Toren Augsburgs“habe eine schwache Markenbildung und wenig aufbereitete touristische Höhepunkte.
Die Fugger, Mozart und Ganghofer – sie alle könnten touristisch besser in Szene gesetzt werden, findet er. Obier setzt auf die speziellen Pfunde des Landkreises: Erlebbare Kulturgeschichte und erlebbare Regionalität. Mit diesen beiden Schwerpunkten soll die Region als übergeordnetes Reiseziel etabliert werden. Hinzu kommen Römerwege wie die Via Claudia oder das Wasser im Rahmen des Unesco-Welterbes als weitere Themen, die sich gut vermarkten lassen.
Obier schlägt vor, das Profil des Angebots zu schärfen und die Marke Augsburger Land besser zu kommunizieren. Außerdem müssten Gastronomie und Übernachtungsmöglichkeiten hochwertiger werden. Viele Herbergsbetriebe hätten sich auf Geschäftsreisende spezialisiert. Seit der Corona-Pandemie ist davon auszugehen, dass ihre Zahl rückläufig ist. Obier schlägt daher vor, Herbergsbetriebe mit freizeittouristischem Fokus anzusiedeln. Die Gastronomie könnte stärker auf Regionalität setzen.
Marc Schumacher ist Sprecher der Junggastronomen in Schwaben. In seinem Hotel Alte Posthalterei in Zusmarshausen kommt schon jetzt nur Regionales auf den Teller. Aber nicht wegen der Touristen, wie er sagt: „Das entspricht einfach unserer Philosophie.“Tatsächlich ziehe die Kulinarik auch viele Gäste an.
Die Firmen werden weiterhin Hotels buchen für Team-BuildingEvents und Motivationstrainings, ist der Hotelier überzeugt. Die dürften dann sogar etwas mehr kosten. Handelsvertreter und Außendienstmitarbeiter erwartet er dagegen seltener im Hotel. Die Alte Posthalterei hat sich während des ersten CoronaLockdown auf Touristen eingestellt. Im August sind 80 Prozent der Gäste nun Touristen.
Laut Marc Schumacher kommen sie zum Wandern und Radfahren in den Westlichen Wäldern. Er weiß, dass viele seiner Kollegen im Landkreis inzwischen ebenfalls auf Touristen setzen. Sie hätten beispielsweise Karten mit Radwanderwegen im Angebot. „Wir haben hier nicht einen großen Hotspot für Touristen, sondern 30 oder 40 kleinere Hotspots“, erklärt er. Marc Schumacher würde sich mehr Budget wünschen, mit dem diese Stärken beworben werden und insgesamt mehr Unterstützung von politischer Seite.
Mehrere Städte und Gemeinden sollen sich zu touristischen Arbeitsgruppen zusammenschließen, um ein gemeinsames Konzept zu entwickeln, rät Cornelius Obier. Beispiele dafür gebe es genug, sagt er und berichtet unter anderem vom Hasetal südwestlich von Bremen. Die Region hat sich dem Radtourismus verschrieben und bietet Radurlaube an, die von der Krankenkasse bezuschusst werden. Um Vergleichbares auf die Beine zu stellen, sollten Projekte ausgearbeitet werden, deren Finanzierbarkeit gesichert ist.
Obier ist der Ansicht, dass die Finanzierung des Tourismus im Landkreis grundsätzlich auf andere Füße gestellt werden müsse. Außerdem soll ein Tourismusbeirat gegründet und Verantwortliche benannt werden.
Die Fugger, Mozart und Ganghofer besser in Szene setzen