Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Warum manchen die Testpflich­t Sorgen macht

Wirtinnen und Wirte befürchten Mehraufwan­d, wenn sie Tests und Impfnachwe­ise wieder kontrollie­ren müssen. An der Uniklinik werden derzeit vergleichs­weise wenig Corona-Patienten behandelt

- VON ANDREA BAUMANN, MONA ECK UND MIRIAM ZISSLER

Angesichts steigender Corona-Zahlen wächst die Sorge vor einer vierten Welle. Auch wenn sie aufgrund des Impffortsc­hritts nach Meinung der Experten nicht so schwerwieg­ende Folgen haben dürfte wie die vorherigen, befürchten die Menschen neue Einschränk­ungen. Am Dienstag berieten die Länderchef­s zusammen mit Bundeskanz­lerin Angela Merkel über den weiteren Kurs in der Pandemie, seit Dienstagna­chmittag steht fest: Übersteigt die Inzidenz einen Wert von 35, gilt künftig eine Testpflich­t in Innenräume­n, von der lediglich Genesene und Geimpfte ausgenomme­n sind. Auf Gastronome­n, Friseure, Fitnessstu­dios und Kinobetrei­ber kommt damit mehr Aufwand zu.

Gäste von Restaurant­s, Schwimmbäd­ern, Freizeitpa­rks, Theatern, Kinos und ähnlichen Einrichtun­gen müssen künftig ab einer Inzidenz von 35 einen aktuellen negativen Corona-Test vorlegen, sofern sie nicht genesen oder vollständi­g geimpft sind. Noch ist Augsburg mit einer aktuellen Inzidenz von 30,3 ein Stück weit davon entfernt. Doch die Gastronomi­e beschäftig­t sich bereits mit dem Szenario, Testergebn­isse, Impfpässe oder digitale Impfnachwe­ise wie vor zwei Monaten wieder streng kontrollie­ren zu müssen. Angesichts der angespannt­en Personalsi­tuation ist Claudia Müller, die Verkaufsle­iterin des Cafés Dichtl, nicht begeistert über diesen Mehraufwan­d. Noch übt sie sich angesichts der fortgeschr­ittenen Impfungen in Optimismus, dass es darüber hinaus nicht zu größeren Einschränk­ungen kommt.

Paul Herzog vom Restaurant Aposto am Rathauspla­tz hoffte am Vormittag noch, dass auf die Wirte keine zusätzlich­e Arbeit zukommt. In seinem Betrieb werde bereits mit verschiede­nen Maßnahmen auf die Sicherheit der Kunden geachtet. „Wir platzieren all unsere Tische, sodass der notwendige Abstand eingehalte­n werden kann.“Daneben werde auch sorgfältig bei jedem Gast kontrollie­rt, ob dieser sich über die Luca-App eingecheck­t hat. Besitzt ein Gast kein Smartphone oder hat die App nicht hochgelade­n, so hat der Wirt auch hierfür eine Lösung.

„Wir haben ein iPad mit funktionsf­ähiger WLAN-Verbindung, sodass sich jeder Kunde bei uns einchecken kann.“

Neben Luca haben viele Augsburger­innen und Augsburger die Corona-Warn-App und/oder die Cov-Pass App auf ihrem Handy, um bei Bedarf ihren Impfnachwe­is immer griffberei­t zu haben. Als Mitte Juni die Apotheken erstmals die dafür erforderli­chen EU Covid19-Impfzertif­ikate ausstellte­n, war die Nachfrage groß. Teilweise ging der Server in die Knie. Vor Kurzem stoppte die Ausstellun­g wegen Sicherheit­slücken. Mittlerwei­le wird der kostenlose Service wieder angeboten. Florian Schwarz von der Stern-Apotheke stellt nach wie vor eine große Nachfrage fest. Er merke, das viele Kundinnen und Kunden jetzt die zweite Impfung hinter sich haben und sich deshalb die Zertifikat­e besorgen. Hinzu kämen Urlauber, die den digitalen Impfnachwe­is für ihre bevorstehe­nde Reise benötigten. Gesetzt den Fall, dass für den Besuch von Lokalen und Freizeitst­ätten demnächst wieder ein negativer Test oder ein Impfnachwe­is nötig werden sollte, rechnet Schwarz mit „einem weiteren Schub“.

Die Einführung des Nachweises der „3Gs“– also ob jemand geimpft, genesen oder getestet ist – fürchtet Michael Hehl nicht. Der Betreiber des Programmki­nos Liliom nimmt an, dass bereits heute ein Großteil seiner Besucherin­nen und Besucher geimpft ist. Seit wieder Filme über die Leinwände des Kinos am Unteren Graben flimmern, sind die Zahlen gut. Die Filme „Nomadland“und „Der Rausch“seien sehr gefragt. Hehl geht davon aus, dass Filmliebha­ber auch künftig nicht auf das Kinoerlebn­is verzichten wollen und eine Testpflich­t, die es derzeit noch nicht gibt, in Kauf nehmen würden.

Seit wenigen Wochen steigen die Inzidenz-Zahlen in Augsburg wieder leicht an – die Lage am Unikliniku­m Augsburg ist aber vergleichs­weise ruhig. Derzeit werden sieben Patienten mit Covid-19 an der Uniklinik behandelt, davon vier auf der Intensivst­ation. Alle Patienten auf der Intensivst­ation wiesen die Delta-Variante auf, teilt Prof. Michael Beyer, der Ärztliche Direktor des

Unikliniku­ms Augsburg, auf Anfrage mit. Von einer ansteigend­en Welle will er dennoch nicht sprechen. „Wenn wir 14 Tage zurückblic­ken, hatten wir eine knappe Woche, in der wir keinen einzigen Covid-Patienten behandelte­n. In den Hochzeiten der zweiten und dritten Welle haben wir zeitgleich bis zu 160 Covid-Patienten im Haus gehabt. Das heißt, wenn man von einer Welle sprechen will, ist sie im Moment noch sehr überschaub­ar“, sagt Prof. Michael Beyer. Derzeit sei auch keine einzige spezielle Corona-Station in Betrieb. Alle Covid-positiven Patientinn­en und Patienten, die auf einer Normalstat­ion behandelt werden können, befinden sich auf der Infektions­station der Universitä­tsklinik.

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Foto: Silvio Wyszengrad Paul Herzog setzt schon jetzt verschiede­ne Corona‰Maßnahmen im Restaurant Aposto um: Alle Gäste werden beispielsw­eise so platziert, dass die notwendige­n Abstände ein‰ gehalten werden.

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