Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Mehr als 200 Euro für ein TShirt
Nicolai Vrazic hat gemeinsam mit einem Freund ein Fashionlabel gegründet und verfolgt einen mutigen Ansatz. Doch aktuell kämpfen sie mit den Folgen von Katastrophen
Meitingen/Köln Etwas Eigenes auf die Beine stellen wollen und die Liebe zu Textilien: Daraus ergab sich für Nicolai Vrazic der Wunsch, ein nachhaltiges Modelabel ins Leben zu rufen. Der 24-Jährige ist in Meitingen aufgewachsen und lebt heute in Köln. Mit der Gründung der Marke „One Hundred and One“im vergangenen Jahr hat er sich seinen Traum gemeinsam mit seinem Geschäftspartner und Freund Sascha Hermanns erfüllt. Erschwert wurde der Prozess zunächst durch die Corona-Pandemie. Aktuell sind es die Fluten in Nordrhein-Westfalen und die Waldbrände in der Türkei gleichermaßen, die den jungen Unternehmern Probleme bereiten.
Doch zurück auf Anfang: Nicolai Vrazic ist in Donauwörth geboren und verbrachte einen Großteil seiner Kindheit in Meitingen. Fürs Studium zog es ihn dann nach Köln – in wenigen Wochen hat er seinen Masterabschluss in Sport-, Medienund Kommunikationsforschung mit Schwerpunkt Marketing in der Tasche. Den Bezug zum Augsburger Land hat er aber nie verloren: Vrazic schreibt seit vielen Jahren für den Sportteil unserer Redaktion im Augsburger Land und engagiert sich ehrenamtlich beim TSV Meitingen.
Die Idee, eine innovative und nachhaltige Modemarke zu gründen, entstand gemeinsam mit seinem guten Freund Sascha Hermanns aus Köln. Der Ansatz: „Slow Fashion statt Fast Fashion“oder auch „weniger ist mehr“. Vrazic und Hermanns wollen für einen bewussten, transparenten und umweltschonenden Textilkonsum einstehen, Arbeitsbedingungen verbessern und eine faire Bezahlung gewährleisten. Außerdem haben ihre
Kleidungsstücke „Exklusivitätscharakter“, denn: Jedes T-Shirt ist auf 101 Stück pro Ausführung limitiert, daher auch der Unternehmensname. Erst, wenn ein Kunde oder eine Kundin ein Shirt bestellt, wird dieses in der geforderten Größe produziert. Eine Limitationsnummer des individuell angefertigten Kleidungsstücks findet sich auf dem Rücken dezent eingestickt; außerdem erhält der Käufer ein Echtheitszertifikat. „Wir wollen die Einzigartigkeit jedes Einzelnen in den Fokus rücken. Irgendwie haben unsere Produkte somit fast schon Sammelcharakter“, findet der 30-jährige Sascha Hermanns. Abgesehen davon gebe es kaum eine Verschwendung von Materialien: Nicht einmal ein Prozent Müll falle dank neuartiger Produktionsprozesse pro T-Shirt an. Das hat durchaus seinen Preis: Mehr als 200 Euro kostet ein Shirt im Online-Shop des jungen Unternehmens.
Die Tatsache, dass jedes T-Shirt erst auf Bestellung geschneidert wird und kein bestehendes Lager vorhanden sein muss, hat die jungen Unternehmer bereits vor größerem Unheil bewahrt: Infolge der Hochwasserkatastrophe in NordrheinWestfalen sind ihnen die Geschäftsräume in Bad Münstereifel vollgelaufen und bis heute nicht nutzbar. „Hätten wir ein Lager mit Kleidung im Keller gehabt, wäre alles zerstört gewesen“, sind sich Vrazic und Hermanns sicher. Dennoch hätte das Hochwasser zwei Wochen lang alles zum Erliegen gebracht. Sie selbst waren vor Ort, um zu helfen, und spendeten erste Erträge ihres Unternehmens ins Krisengebiet. Und als wären diese Probleme in der Heimat noch nicht genug, müssen sich die beiden auch noch um ihre Produktionsstätten und Baumwollfelder in der türkischen Provinz Adana sorgen – diese werden momentan durch Brände bedroht.
Trotz all dieser Schwierigkeiten geben Nicolai Vrazic und Sascha Hermanns nicht auf. Seit der Gründung ihres Modelabels im Herbst 2020 sind sie einen Hürdenlauf gewohnt: Bürokratische Herausforderungen, coronabedingte Erschwernisse und auch die unerwartete Absage eines Textilherstellers, der einer Kooperation bereits zugesagt hatte, prägten den Entstehungsprozess von „One Hundred and One“. Doch auf der anderen Seite haben die beiden Geschäftspartner von Anfang an auch viel Unterstützung erfahren. Dankbar sind sie ihren Freunden, die zum Beispiel als Fotografen oder Models ausgeholfen haben oder auch Sascha Hermanns Mutter, die erste Prototypen der Unisex-Shirts genäht hat. Der Meitinger Fußball-Trainer Paolo Mavros bestickt auf Abruf die Produkte individuell.
Geblieben sind den „One Hundred and One“-Begründern in jedem Fall der Enthusiasmus und der Ehrgeiz. Noch schreibt Vrazic an seiner Masterarbeit und Hermanns arbeitet in einer Festanstellung als Product Designer für digitale Medien bei RTL. Doch beide können sich gut vorstellen, eines Tages von ihrer Modemarke zu leben: „Wir lassen uns einfach überraschen, was die Zukunft bringt.“
Limitierte Stückzahl und weniger als ein Prozent Müll pro TShirt