Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Wir müssen jetzt ganz stark sein
Es sieht so aus, als würde der Größte einen stillen Abschied nehmen. Roger Federer muss erneut am rechten Knie operiert werden, dann schon zum dritten Mal. Der inzwischen 40-Jährige teilte das seinen Fans in einem kurzen Video mit, das er am Sonntagabend auf seinem Instagram-Kanal hochlud. Knapp zwei Millionen Menschen schauten es sich in den ersten 24 Stunden an. Und wer ganz genau hinsieht, erkennt dort einen Sportler, der weiß, dass es vorbei ist. Wir, die wir diesen edlen Meister des Tennissports immer bewundert haben, müssen nun ganz stark sein, denn die Zeit des achtfachen Wimbledon-Siegers ist abgelaufen. Auch wenn er sich selbst in dem Video attestiert, noch aktiv zu sein und darauf hinarbeiten will, auf die Tour zurückzukehren. Zuerst aber werde er jetzt einige Wochen an Krücken gehen und dann eine monatelange Reha absolvieren müssen. Und dann?
Federer wird fehlen. Seine Leichtigkeit des Spiels. Gegen all jene, die den Ball mit Vehemenz auf die andere Seite des Spielfeldes dreschen, wirkte er stets wie ein leichtfüßiger Tänzer, der den Ball sehr viel lieber streichelte als drosch. Natürlich
konnte er auch das, was konnte er nicht? Doch keiner vereinte Eleganz und Technik so perfekt mit Präzision und Dynamik.
Seine spielerischen Qualitäten, gepaart mit einer angenehm zurückhaltenden Art, machten den Schweizer zu einem der beliebtesten und bekanntesten Sportler überhaupt. Und bescherten ihm einen warmen Geldregen. 130 Millionen Dollar hat Federer in seiner Karriere allein an Preisgeldern verdient. Diverse Werbeverträge steigerten sein geschätztes Vermögen auf 400 Millionen Dollar. Sei es ihm gegönnt, immerhin muss er eine Familie mit vier Kindern ernähren und zwischen den Wohnsitzen in der Schweiz und Dubai pendeln.
So ganz will es das Herz aber noch nicht wahrhaben, was ihm der Verstand sagt: Die Ära des Roger Federer geht zu Ende. Ein klitzekleines Fünkchen Hoffnung sei da noch, sagt er in dem Video. Und wirkt dabei, als glaube er selbst nicht mehr daran. Damit bleibt ihm der letzte große Erfolg seiner Karriere verwehrt: aufzuhören, wann er es will. Jetzt muss er, wie so viele, aufhören, weil es ihm sein Körper befiehlt. Wie schnöde. Wie menschlich.