Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Sideris Tasiadis braucht eine Pause
Olympischer Bronzemedaillen-Gewinner verzichtet auf die WM im September. Nach seiner Verlobung will der Canadierfahrer im Jahr 2022 wieder voll angreifen
Sideris Tasiadis braucht Pause. Nicht nur ein paar Wochen, sondern eine längere Zeit zum Durchschnaufen und Kraftschöpfen für die nächsten sportlichen Herausforderungen. „Kajak und Paddel haben Urlaub“, sagt der Olympia-Bronzemedaillengewinner von Tokio im Canadier Einer mit einem Schmunzeln. Der 31-Jährige gönnt sich nach seinem olympischen Medaillengewinn gerade ein paar erholsame Tage mit seiner Verlobten Denise und Hündin Milou im Ötztal. Kurz zuvor hatte Tasiadis verkündet, dass er seine Paddelsaison vorzeitig beenden wird und damit auch nicht an der Kanuslalom-Weltmeisterschaft im September in Bratislava (Slowakei) teilnimmt.
„Ich fand die letzten fünf Jahre auf dem Weg zu den Olympischen Spielen sehr hart. Durch die Verschiebung hatten wir viermal das harte Wintertraining. Seit der nationalen Qualifikation 2019 musste man wegen Olympia noch mehr Gas geben und der Druck war in jedem Wettkampf sehr hoch“, beschreibt der Paddler von Kanu Schwaben Augsburg die Belastung der vergangenen Zeit.
An den beiden Weltcups im September in Pau (Frankreich) und La Seu d’Urgell (Spanien) hätte der Augsburger wie auch Olympiasiegerin Ricarda Funk (Bad Kreuznach), und die beiden Olympia-Bronzemedaillengewinner Andrea Herzog (Leipzig) und Hannes Aigner (Augsburger Kajak Verein) ohnehin
teilgenommen. Bei diesen beiden Wettkämpfen sollen sich andere deutsche Athleten in einem internen, nationalen Ausscheid für die Weltmeisterschaft qualifizieren.
Tasiadis wollte vor diesem letzten Saisonhöhepunkt im Jahr aber nicht nach drei Wochen Pause noch mal kurz ins Boot steigen. Es sei ihm dann nämlich nicht möglich, seine beste Leistung zu erbringen, sagt er. Zudem fände er es unfair, anderen Sportlern, die die ganze Zeit über trainiert haben, einen Platz wegzunehmen, wenn er selbst nicht optimal vorbereitet ist. „Ich habe lange überlegt, ob ich die WM mitfahren soll. Aber wenn ich eh drei bis vier Wochen nicht trainiere, werde ich nicht gewinnen können. Das macht dann keinen Sinn, das schaffe ich von der Leistung her nicht. Deshalb konzentriere ich mich auf nächstes
Jahr und lasse es dieses Jahr einfach gut sein.“
Denn 2022 steht mit der HeimWeltmeisterschaft auf dem Augsburger Eiskanal für den gebürtigen Augsburger mit griechischen Wurzeln unter einem ganz besonderen Stern. Vor heimischem Publikum möchte er richtig angreifen und um den WM-Titel im C1 fahren. Er erwartet organisatorisch wie sportlich Großes auf der traditionsreichen Olympia-Anlage von 1972, die derzeit für rund 18 Millionen Euro von Bund, Land und Stadt saniert wird. „Die zwei Vereine Kanu Schwaben und AKV werden alles dafür tun, dass das eine gescheite Veranstaltung wird. Dabei möchte ich auch mithelfen, damit sich die Sportler wohlfühlen und wieder gern nach Augsburg zurückkommen.“
Seine Pause betreffend hat Tasianicht dis auch mit Chef-Bundestrainer Klaus Pohlen das Gespräch gesucht und ihm seine Gründe erklärt. Pohlen zeigte Verständnis. „Die Mitglieder der Olympiamannschaft stehen seit zwei Jahren unter Volldampf. Dazu kam bei Sideris noch, dass er den Quotenplatz für die Olympischen Spiele und damit seine Teilnahme im Frühjahr dieses Jahres bei den Europameisterschaften sichern musste“, sagte Pohlen, „da ist ein dritter Saisonhöhepunkt besonders mental sehr schwer zu realisieren. Wir bedauern, auf einen unserer Leistungsträger bei der WM in Bratislava verzichten zu müssen, haben aber volles Verständnis für seine Entscheidung“.
Zumal der Polizeiobermeister aus Friedberg nach Tokio auch die Weichen für seine private Zukunft gestellt hat. Geplant hatte er es schon länger, doch nach den Spielen in Japan hat er dann stilgerecht für einen Medaillengewinner auf dem Münchner Olympiaturm um die Hand seiner Freundin Denise angehalten. „Wir sind hochgefahren und ganz oben auf dem zweiten Plateau habe ich den Antrag gemacht. Sie war sehr überrascht, denn ich habe zuvor gar keine Anspielungen gemacht“, berichtet Tasiadis.
Seit fünf Jahren sind der Kanute und die gelernte Malerin und Lackiererin ein Paar. Mit der gebürtigen Aichacherin hat Tasiadis privat sein neues Glück gefunden, nachdem er 2015 einen schweren Schicksalsschlag verkraften musste. Seine Freundin Claudia Bär, ebenfalls eine international erfolgreiche Paddlerin, war damals an Leukämie gestorben.