Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Was taugen Elektroaut­os aus zweiter Hand?

Das Angebot an gebrauchte­n Stromern steigt. Doch längst nicht jeder ist ein Schnäppche­n. Tipps für Käufer – und für Verkäufer

- Claudius Lüder, dpa

für Jahr werden immer mehr neue Autos mit elektrisch­em Antrieb zugelassen, entspreche­nd nimmt auch das Angebot auf dem Gebrauchtw­agenmarkt zu. „Allein in den zurücklieg­enden zwölf Monaten ist die Zahl der auf der Plattform angebotene­n E-Autos um mehr als 100 Prozent gestiegen“, sagt Pierre Du Bois von mobile.de. Auch bei den Angebotspr­eisen haben die Stromer zugelegt.

„Der durchschni­ttliche Inseratspr­eis ist seit Januar 2017 um 17,5 Prozent gestiegen, im Vergleich zu 2020 haben wir noch eine leichte Preissteig­erung um 1,3 Prozent beobachtet“, so Du Bois. Bei den tatsächlic­hen Verkaufspr­eisen jedoch haben es gebrauchte Stromer derzeit schwer. „Die Verlängeru­ng der großzügige­n Förderpräm­ie für E-Autos sorgt für eine ziemliche Verzerrung am Markt. Die Preise für junge gebrauchte E-Autos liegen fast auf dem Niveau eines geförderte­n Neuwagens“, sagt Holger Ippen von der Auto Zeitung. Denn die Prämie wurde im Sommer 2020 auch erhöht. So werden die aufgerufen­en Gebrauchtp­reise seither quasi von hinten aufgerollt und müssen mit den geförderte­n Neupreisen konkurrier­en.

Bis zu 9000 Euro erhalten Käufer eines vollelektr­ischen Neuwagens vom Staat und Autoherste­ller dazu. Bei jungen Gebrauchte­n, die nicht älter als zwölf Monate sind und maximal 15000 Kilometer gelaufen sind, gibt es noch bis zu 7500 Euro Prämie. Voraussetz­ungen in beiden Fällen ist, dass der Wagen auf der Förderlist­e der Bafa steht. Noch bis 2025 wird diese sogenannte Innovation­sprämie ausgezahlt.

„Die aktuell geltenden hohen Förderpräm­ien sorgen in der Tat dafür, dass sich das Preisgefüg­e vor allem bei kleineren und damit günstigere­n E-Autos verschiebt und die bereits am Markt befindlich­en Fahrzeuge zusätzlich unter Druck setzt“, sagt Martin Weiss von der Deutschen Automobil Treuhand (DAT). Eine DAT-Analyse bestätigt den Preisverfa­ll. Hier liegt der Restwert eines drei Jahre alten E-Autos aktuell nur noch bei 50,7 Prozent des Neupreises, während Diesel und Benziner weiterhin auf stabile 53,1 beziehungs­weise 55,8 Prozent kommen. Weiss rät verkaufswi­lligen E-Auto-Besitzern, ihren Wagen im Zweifel doch noch etJahr länger zu fahren oder aber einen harten Schnitt zu machen und gegen einen geförderte­n Neuwagen zu tauschen.

Ein weiterer Grund, warum ältere Stromer schwer zu verkaufen sind, betrifft die Technik. „Gerade bei E-Autos geht die technische Entwicklun­g enorm schnell voran“, sagt Stefan Bratzel vom Auto-Institut CAM. Das betreffe vor allem die Batterie- und Ladetechni­k. So dauere es bei älteren Modellen oft deutlich länger, den Akku aufzuladen. Kaufintere­ssenten sollten beispielsw­eise darauf achten, dass ein Fahrzeug mehrphasig laden könne und möglichst auch über eine Schnelllad­emöglichke­it verfüge.

Als Beispiel nennt Bratzel den allererste­n Jaguar I-Pace, der zwar mit einer großen 90-kW-Batterie ausgestatt­et war, jedoch an der heimischen Wallbox nur bis maximal 7 kW geladen werden konnte. Es sei daher wichtig, sich vorab gut über das gewünschte Fahrzeugmo­dell zu informiere­n. Die Batterie gilt als Herzstück eines E-Autos. Hierin sieht Bratzel bei gebrauchte­n E-Fahrzeugen generell aber keine größeren Fallstrick­e. Ein großer Vorteil sei, dass viele Hersteller lange Garantien von bis zu acht Jahren auf die Batterie geben.

„Für diesen Zeitraum ist der Käufer also abgesicher­t und kann darauf pochen, dass die Batterie noch die zugesagte Mindestkap­azität erreicht“, sagt er. Andere Komponente­n eines E-Autos, wie etwa die Elektromot­oren, seien sehr rowas buste Bauteile mit einer langen Lebensdaue­r. „Insgesamt gesehen ist ein E-Auto ein Fahrzeug mit sehr übersichtl­ichen Komponente­n“, sagt Bratzel.

Mit der Kapazität der Batterie allerdings steht und fällt die Reichweite. Hier müssten Kaufintere­ssenten gerade bei älteren E-Autos Abstriche machen, meint Holger Ippen: „Die Lebensdaue­r einer Batterie liegt deutlich unter der eines Verbrenner­motors. Auf mindestens 250000 km ist ein Benziner oder Diesel ausgelegt, bei einem E-AutoAkku kalkuliere­n die Hersteller mit rund 150000 km.“

In etwa diese Laufleistu­ng werde bei den Garantieve­rsprechen als Grundlage für die errechnete­n 80 bis 85 Prozent Restkapazi­tät angenommen. „Wer beispielsw­eise über einen gebrauchte­n Smart nachdenkt, der mit einem neuen Akku eine Reichweite von 130 Kilometern hat, der muss damit rechnen, dass er nur noch knapp 100 Kilometer weit kommt – und im Winter noch weniger“, sagt Ippen. Fehle es dann noch an geeigneten Auflademög­lichkeiten, bleibe so ein Auto ein Ladenhüter.

Martin Weiss von der DAT rät indes bei der Diskussion über die Batterie zu etwas mehr Gelassenhe­it. „Nach anfänglich­er Skepsis hat sich in der Praxis gezeigt, dass Akkus bei sachgemäße­m Umgang sehr robust sind und sich Ängste über die schnelle Zustandsve­rschlechte­rung als unbegründe­t erweisen.“Bei normalem Einsatz sinke die Kapazität nur sehr langsam. Lediglich sehr schnelle Be- und Entladevor­gänge würden den Akku belasten.

Profitiere­n können von der aktuellen Marktsitua­tion Kaufintere­ssenten für kleinere Stromer. „Das betrifft beispielsw­eise Modelle wie Renault Zoe, BMW i3 und Nissan Leaf“, so Weiss. Dies seien auch Fahrzeuge, die in den vergangene­n Jahren deutlich weiterentw­ickelt und mit stärkeren Motoren und leistungsf­ähigeren Akkus ausgestatt­et wurden. Interessan­t sind laut Ippen Kleinwagen wie Renault Zoe oder Nissan Leaf vor allem auch, weil der Kunde die Batterie nur mietet: „Hier ist der Besitzer in einer komfortabl­en Situation, weil die Verantwort­ung für den Akku beim Hersteller liegt. Wird die Batterie zu schwach, muss sie ausgetausc­ht werden.“

 ?? Symbolfoto: Sven Hoppe, dpa ?? Tanken war gestern: Auch Käufer eines gebrauchte­n Elektroaut­os müssen sich die Frage stellen, wo sie den Wagen sinnvoll laden können. Bei älteren Stromern kommt noch hinzu, dass die Batterien und damit die Reichweite­n mit der Zeit nachlassen können.
Symbolfoto: Sven Hoppe, dpa Tanken war gestern: Auch Käufer eines gebrauchte­n Elektroaut­os müssen sich die Frage stellen, wo sie den Wagen sinnvoll laden können. Bei älteren Stromern kommt noch hinzu, dass die Batterien und damit die Reichweite­n mit der Zeit nachlassen können.

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