Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Die Qual vor der Wahl

Im Kreis sind viele Wahlplakat­e nach wenigen Tagen beschmiert oder verschwund­en. Was Parteien für diese Werbung ausgeben und wo die Schilder hinterher landen

- VON MARCO KEITEL

Landkreis Augsburg Sie gehören zum Wahlkampf wie Parteiprog­ramme und Werbespots: Plakate. Auch im Augsburger Land lächeln nun wieder Politikeri­nnen und Politiker von Bäumen, Laternenma­sten und Bauzäunen. In sechs Wochen ist Bundestags­wahl. Doch viele Plakate überstehen den Wahlkampf nicht unbeschade­t. Manche sind schon wenige Tage, nachdem die Parteimitg­lieder sie aufgehängt haben, beschmiert oder zerstört. Einige verschwind­en ganz.

Letzteres berichtet Annemarie Probst, Ortsvorsit­zende der Grünen in Meitingen. Sie hat Anzeige erstattet, denn zwei der Plakate, die erst seit einer Woche hängen, sind verschwund­en. Eines davon, mit dem Porträt von Kanzlerkan­didatin Annalena Baerbock darauf, hat jemand von einem Laternenma­st direkt vor

Probsts Haus gestohlen. Ein Plakat an der Bushaltest­elle in Langenreic­hen habe am Wochenende ein paar Meter neben seinem ursprüngli­chen Platz im Rasen gelegen. Plakate einer anderen Partei direkt daneben seien unbeschädi­gt geblieben. So viel Vandalismu­s in so kurzer Zeit hat Probst in den zehn Jahren, in denen sie sich im Wahlkampf engagiert, noch nicht erlebt. „Ein Verschleiß ist immer da. Aber, dass ein Plakat direkt vor unserem Haus runtergeno­mmen wurde, hat mich schon irritiert. Das ist dreist.“Auch der Grünen-Ortsverban­d Bonstetten berichtet von verschwund­enen Plakaten.

Für die Plakatwerb­ung nehmen die Parteien ordentlich Geld in die Hand. 2,40 Euro zahlt die SPD für ein kleines Plakat im Format DIN A1, wie das Augsburger Wahlkreisb­üro der Bundestags­abgeordnet­en Ulrike Bahr unserer Redaktion sagt. 4,75 Euro für ein etwas Größeres. Beides inklusive Kabelbinde­r. Ein Großfläche­nplakat kostet rund 320 Euro. Auch die SPD muss aktuell schon Plakate austausche­n. Manche wurden beschmiert, andere runtergeri­ssen. Der Geschäftsf­ührer der Augsburger Zentrale, Guido Berning, sagt: „Wir lassen jetzt nachhängen oder ausbessern.“

Der Kreisverba­nd der AfD kauft die Plakate über die Bundespart­ei und zahlt 1,50 Euro für das Format DIN A1, 2,70 Euro für DIN A0. Plakate, deren Motiv die Bundespart­ei auswählt, bekommen die Verbände teilweise kostenlos. Großflächi­ge Plakate verwende seine Partei im Augsburger Land kaum, sagt der Kreisverba­ndsvorsitz­ende Reinhard Kistner – sie werden ja ohnehin kaputtgema­cht. Auch im bisherigen Wahlkampf wurden die Plakate schon herunterge­rissen oder beschmiert. „Wir werden jeden Fall dokumentie­ren, aber natürlich wird nie was rauskommen“, sagt der Politiker. Die Aufklärung­squote liege hier bei null. Nach dem Wahlkampf hebt Kistner die verbleiben­den Plakate in gutem Zustand auf, um sie bei kommenden Veranstalt­ungen als

Deko wiederverw­enden zu können. Den Rest entsorgt er am Wertstoffh­of. Die Plakate der AfD bestehen, wie die der meisten Parteien, aus einem Hohlkammer-Kunststoff.

Die Grünen heben sich hier von der Masse ab. Dafür nehmen sie mehr Arbeit in Kauf. Denn sie verwenden Papierplak­ate auf Spanplatte­n, die erst aufgeklebt werden müssen. „Das Plakatiere­n macht so viel Arbeit“, sagt Annemarie Probst vom Ortsverban­d Meitingen. Der Grund für den aufwendige­ren Ansatz: Nachhaltig­keit. Plakate, die den Wahlkampf unbeschade­t überstehen, verwendet die Partei wieder.

Die Plakate der CSU haben den Wahlkampf bisher besser überstande­n als die der meisten anderen Parteien im Augsburger Land. Bezirksges­chäftsführ­er Jens Gaiser hat noch nichts von Zerstörung­en gehört. Er sagt: „Das kann gerne so bleiben.“

 ?? Foto: Merk ?? Schilderwa­ld vor grüner Kulisse: So sieht es mittlerwei­le wieder an vielen Straßen im Landkreis Augsburg aus.
Foto: Merk Schilderwa­ld vor grüner Kulisse: So sieht es mittlerwei­le wieder an vielen Straßen im Landkreis Augsburg aus.

Newspapers in German

Newspapers from Germany