Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Die Qual vor der Wahl
Im Kreis sind viele Wahlplakate nach wenigen Tagen beschmiert oder verschwunden. Was Parteien für diese Werbung ausgeben und wo die Schilder hinterher landen
Landkreis Augsburg Sie gehören zum Wahlkampf wie Parteiprogramme und Werbespots: Plakate. Auch im Augsburger Land lächeln nun wieder Politikerinnen und Politiker von Bäumen, Laternenmasten und Bauzäunen. In sechs Wochen ist Bundestagswahl. Doch viele Plakate überstehen den Wahlkampf nicht unbeschadet. Manche sind schon wenige Tage, nachdem die Parteimitglieder sie aufgehängt haben, beschmiert oder zerstört. Einige verschwinden ganz.
Letzteres berichtet Annemarie Probst, Ortsvorsitzende der Grünen in Meitingen. Sie hat Anzeige erstattet, denn zwei der Plakate, die erst seit einer Woche hängen, sind verschwunden. Eines davon, mit dem Porträt von Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock darauf, hat jemand von einem Laternenmast direkt vor
Probsts Haus gestohlen. Ein Plakat an der Bushaltestelle in Langenreichen habe am Wochenende ein paar Meter neben seinem ursprünglichen Platz im Rasen gelegen. Plakate einer anderen Partei direkt daneben seien unbeschädigt geblieben. So viel Vandalismus in so kurzer Zeit hat Probst in den zehn Jahren, in denen sie sich im Wahlkampf engagiert, noch nicht erlebt. „Ein Verschleiß ist immer da. Aber, dass ein Plakat direkt vor unserem Haus runtergenommen wurde, hat mich schon irritiert. Das ist dreist.“Auch der Grünen-Ortsverband Bonstetten berichtet von verschwundenen Plakaten.
Für die Plakatwerbung nehmen die Parteien ordentlich Geld in die Hand. 2,40 Euro zahlt die SPD für ein kleines Plakat im Format DIN A1, wie das Augsburger Wahlkreisbüro der Bundestagsabgeordneten Ulrike Bahr unserer Redaktion sagt. 4,75 Euro für ein etwas Größeres. Beides inklusive Kabelbinder. Ein Großflächenplakat kostet rund 320 Euro. Auch die SPD muss aktuell schon Plakate austauschen. Manche wurden beschmiert, andere runtergerissen. Der Geschäftsführer der Augsburger Zentrale, Guido Berning, sagt: „Wir lassen jetzt nachhängen oder ausbessern.“
Der Kreisverband der AfD kauft die Plakate über die Bundespartei und zahlt 1,50 Euro für das Format DIN A1, 2,70 Euro für DIN A0. Plakate, deren Motiv die Bundespartei auswählt, bekommen die Verbände teilweise kostenlos. Großflächige Plakate verwende seine Partei im Augsburger Land kaum, sagt der Kreisverbandsvorsitzende Reinhard Kistner – sie werden ja ohnehin kaputtgemacht. Auch im bisherigen Wahlkampf wurden die Plakate schon heruntergerissen oder beschmiert. „Wir werden jeden Fall dokumentieren, aber natürlich wird nie was rauskommen“, sagt der Politiker. Die Aufklärungsquote liege hier bei null. Nach dem Wahlkampf hebt Kistner die verbleibenden Plakate in gutem Zustand auf, um sie bei kommenden Veranstaltungen als
Deko wiederverwenden zu können. Den Rest entsorgt er am Wertstoffhof. Die Plakate der AfD bestehen, wie die der meisten Parteien, aus einem Hohlkammer-Kunststoff.
Die Grünen heben sich hier von der Masse ab. Dafür nehmen sie mehr Arbeit in Kauf. Denn sie verwenden Papierplakate auf Spanplatten, die erst aufgeklebt werden müssen. „Das Plakatieren macht so viel Arbeit“, sagt Annemarie Probst vom Ortsverband Meitingen. Der Grund für den aufwendigeren Ansatz: Nachhaltigkeit. Plakate, die den Wahlkampf unbeschadet überstehen, verwendet die Partei wieder.
Die Plakate der CSU haben den Wahlkampf bisher besser überstanden als die der meisten anderen Parteien im Augsburger Land. Bezirksgeschäftsführer Jens Gaiser hat noch nichts von Zerstörungen gehört. Er sagt: „Das kann gerne so bleiben.“