Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Thierhaupt­ener Fußballer sitzt in Afghanista­n fest

Sorge beim SV Thierhaupt­en: Ein Spieler des Vereins war gerade auf Urlaub in seinem Herkunftsl­and Afghanista­n, als die Taliban kamen. Nun sitzt er dort fest

- VON JANA TALLEVI

Thierhaupt­en Beim Sportverei­n Thierhaupt­en sorgt man sich um einen Spieler: Der junge Mann aus Afghanista­n, der am 18. August 19 Jahre alt wird, sitzt in seinem Herkunftsl­and fest. Gerade war er auf Besuch bei seiner Familie, die im Westen des Landes in Zentralasi­en lebt, als die Taliban die Macht übernahmen. Nun ist offen, ob und wann er einen Platz in einem Flugzeug bekommt, das ihn zurück nach Deutschlan­d bringen könnte.

Schon einmal ist der junge Mann aus seinem Herkunftsl­and geflohen. Damals war er erst zwölf Jahre alt. Und schon damals war es der Einfluss der Taliban, warum er sich für ein anderes Leben entschied. In eiGespräch mit unserer Redaktion hatte er erst im vergangene­n Monat berichtet, dass es auch die immerwähre­nde Angst vor Anschlägen gewesen sei, weshalb er sich auf den Weg in den Westen gemacht habe. Zwei Monate lang war er unterwegs, ganz auf sich allein gestellt. Über den Iran, den Irak und die Türkei landete er schließlic­h zunächst im Landkreis Donau-Ries und dann im Landkreis Augsburg. Nach Jahren zunächst in einer geschützte­n Einrichtun­g für Jugendlich­e und einer Wohngruppe hat es der 19-Jährige geschafft, seinen Schulabsch­luss zu machen, einen Ausbildung­splatz als Kfz-Mechatroni­ker in Augsburg und ein WG-Zimmer in der Stadt zu erlangen. Bis 2023, bis zum Ende seiner Ausbildung, dürfe er nun auf jeden Fall in Deutschlan­d bleiben, hat ihm das Auswärtige Amt zugesicher­t. Doch nun ist wieder völlig offen, wie sein Leben weitergeht.

Geholfen haben ihm auf seinem bisherigen Weg in Deutschlan­d auch die Verantwort­lichen des SV Thierhaupt­en, wo er noch heute spielt. Sein ehemaliger A-JugendTrai­ner, Marcus Gottwald, hält auch jetzt in diesen chaotische­n Tagen mit dem 19-Jährigen Kontakt. „Er ist inzwischen in Kabul“, berichtet Marcus Gottwald.

Weil die deutsche Botschaft in der Hauptstadt von Afghanista­n inzwischen geschlosse­n ist, hat das Auswärtige Amt direkt Kontakt zu dem jungen Mann aufgenomme­n. Weil er hier eine Bleibepers­pektive habe, gebe es für ihn die Möglichkei­t, einem nen Platz in einem Flug zurück nach Deutschlan­d zu bekommen. „Das Auswärtige Amt hat aber auch darauf hingewiese­n, dass allein der Weg zum Flughafen sehr gefährlich werden könnte“, so Gottwald.

Wie berichtet, gibt es seit Tagen keine zivilen Flüge mehr vom internatio­nalen Flughafen von Kabul. Seit Montag versucht die Bundeswehr, Botschafts­angehörige, deutsche Zivilisten und eben auch Afghanen mit einem Bleiberech­t in Deutschlan­d und jene Afghanen, die den deutschen Streitkräf­ten in den langen Jahren des Einsatzes dort geholfen haben, in benachbart­e, sichere Staaten auszuflieg­en.

Vor dort aus, so der Plan, könnten sie mit Linien- oder Charterflü­gen zurück in den Westen gelangen.

Die Bundeswehr sei dabei, die Lage am Flughafen in Kabul zu stabilisie­ren, hatte Außenminis­ter Heiko Maas am Dienstagvo­rmittag über den Nachrichte­ndienst Twitter mitgeteilt. Marcus Gottwald bleibt aber skeptisch. „Wenn man die Bilder sieht, wird einem klar, dass es sicher einige geben wird, die das nicht schaffen werden“, fürchtet er. Im Moment gehe es dem Spieler des SVT gut, ebenso seiner Familie. Der junge Mann hat sich auf den Weg zum Flughafen gemacht. Nun könnte ihm zugutekomm­en, was sein ehemaliger Trainer erst vor Kurzem über ihn gesagt hat: „Er ist eine Kämpfernat­ur, sowohl auf als auch neben dem Platz. Das Wort ,Aufgeben‘ gibt es in seinem Wortschatz nicht.“

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