Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Alt wird sie später

Für viele bleibt sie die charmante Schauspiel­erin. Andere hören auf ihren Rat als Ärztin. Von Marianne Koch kann man aber noch etwas anderes lernen

- Daniela Hungbaur

Das passt zu ihr perfekt: Pünktlich zum 90. Geburtstag erscheint ihr neues Buch. Ein Ratgeber natürlich. Berät sie doch seit mehr als 20 Jahren die Hörerinnen und Hörer von Bayern 2

Radio im „Gesundheit­sgespräch“, schreibt Bücher, in denen sie unser Immunsyste­m erklärt oder darüber aufklärt, wie man sein Herz schützt. Da hat sich sicher schon so mancher gefragt: Wie schafft die das nur? Wie bleibt man so fit? Körperlich und vor allem auch im Kopf. Ihre Antwort auf diese Frage ist wenig spektakulä­r: richtige Ernährung, viel Bewegung, soziale Kontakte. Wer sich allerdings den Lebenslauf von Dr. Marianne Koch anschaut, der erkennt noch etwas anderes, was wichtig zu sein scheint: der Mut, immer wieder neu zu beginnen, und die Freude am Lernen.

Denn so früh für die gebürtige

Münchnerin feststand, Ärztin werden zu wollen – rund 20 Jahre war sie vor allem eins: mit über 70 Filmen eine der bekanntest­en deutschen Schauspiel­erinnen der Nachkriegs­zeit. Als Medizinstu­dentin jobbte sie bei den Bavaria-Filmstudio­s und wurde dort entdeckt. Ohne je Schauspiel­unterricht gehabt zu haben, bekam sie große Rollen an der Seite von Curd Jürgens, O.W. Fischer, Heinz Rühmann oder auch Clint Eastwood.

Ihr internatio­naler Erfolg hatte aber einen Preis: Ihre Ehe mit dem Arzt Gerhard Freund, mit dem sie zwei Söhne hat, zerbrach. Es folgte der „totale Umbruch“, wie Marianne Koch in einem Interview einmal sagte: Sie machte Schluss mit den Filmen, Schluss mit ihrer Ehe und ging mit Anfang 40 zurück an die Uni, um ihr Medizinstu­dium zu beenden. Man kann sich vorstellen, wie verblüfft manche geguckt haben, als die berühmte Schauspiel­erin im Hörsaal und am Krankenbet­t saß. Und nicht nur der berufliche Neustart glückte. In dieser Umbruchpha­se lernte sie in einem Flugzeug auch ihren Lebensgefä­hrten, ihre große Liebe, den Lyriker Peter Hamm, kennen, mit dem sie bis zu dessen Tod 2019 in Tutzing am Starnberge­r See zusammenle­bte.

Der Abschied von der Leinwand war aber kein Abschied vom Fernsehen, wo sie präsent blieb. Gerade Ältere werden sich gern an sie in der Rate-Sendung „Was bin ich?“mit Gastgeber Robert Lembke erinnern oder sie als Moderatori­n der Talkshow „3 nach 9“geschätzt haben. Marianne Koch war aber auch „die Frau mit der Goldkante“, in einer TV-Werbung für Gardinen.

Während die Internisti­n die Abende vieler Fernsehzus­chauer bereichert­e, arbeitete sie tagsüber als Ärztin. Marianne Koch war 55, als sie ihre eigene Praxis im Münchner Stadtteil Haidhausen eröffnete. Bewusst dort, wie sie mal erzählte, weil sie keinesfall­s eine Schicki-Micki-Praxis haben wollte. Da sie mit 68 Jahren laut Gesetz die Zulassung für Kassenpati­enten verloren hätte, gab sie zwar die Praxis auf, arbeitet seitdem aber weiter als Medizinjou­rnalistin. Der Titel ihres neuesten Buches passt also: „Alt werde ich später“.

 ?? Foto: dpa ??
Foto: dpa

Newspapers in German

Newspapers from Germany