Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Die CSU leidet unter Armin Laschet

Die Wahlkämpfe­r in Bayern sind skeptisch. Der CDU-Kandidat solle „endlich mehr Gas geben“. Aber er hört nicht

- / Von Uli Bachmeier

München So darf man in der CSU nicht denken – und doch tun es offenbar gar nicht so wenige: Sollen doch im Bundestag, wenn es mit Armin Laschet als Kanzlerkan­didat der Union nicht endlich bergauf geht, ruhig SPD, Grüne und FDP eine „Ampelkoali­tion“bilden, dann ist der CSU, wenn im Herbst 2023 in Bayern gewählt wird, die absolute Mehrheit im Landtag wieder sicher. Die Partei müsste in Berlin keine schmerzlic­hen Kompromiss­e eingehen, könnte in der Opposition zeigen, was „CSU pur“heißt, und sich ansonsten auf Bayern konzentrie­ren. Das Kalkül dahinter: durchatmen, die eigene Machtbasis in Bayern festigen und dann mit Wucht durchstart­en – ohne Rücksicht auf Koalitione­n und ohne sich weiter mit der schwächeln­den Schwesterp­artei CDU rumärgern zu müssen. Einzige Voraussetz­ung, damit es auch so klappt: Die CSU müsste, um hinterher jede Schuld an einer möglichen Wahlnieder­lage der Union bei der Bundestags­wahl von sich weisen zu können, in Bayern ein besonders gutes Ergebnis holen. Das heißt, sie müsste mit ihrem Wahlergebn­is noch weiter vor der CDU liegen, als sie das üblicherwe­ise ohnehin tut.

Doch selbstvers­tändlich sind derart abenteuerl­iche taktische Überlegung­en in der CSU nicht annähernd mehrheitsf­ähig. Das wäre keine Strategie, das wäre ein „Hasardspie­l“, sagt ein Mitglied aus dem Parteivors­tand. Es wäre „hochgefähr­lich und mit Sicherheit falsch“. So sehr es die kleine Schwesterp­artei auch wurmt, dass Laschet in diesem Wahlkampf aus ihrer Sicht „bisher nicht in die Gänge kommt“, so fest sind die maßgeblich­en Damen und Herren an der Spitze der Partei in ihrer Überzeugun­g, dass CDU und CSU alles daransetze­n müssen, den nächsten Kanzler zu stellen und die neue Bundesregi­erung zu führen.

Sogar Leute, die nicht zur engeren Fangemeind­e von CSU-Chef Markus Söder gehören, sehen ihren Parteivors­itzenden in einem Dilemma. „Er kann es in der momentanen Situation fast nur falsch machen“, sagt eine langjährig­e politische Weggefährt­in. Sobald er Kritik äußere, wie zuletzt mit dem Hinweis, die Union könne einen Wahlkampf nicht im „Schlafwage­n“gewinnen, heiße es gleich wieder, Söder trete gegen Laschet nach, weil er ihm die Kanzlerkan­didatur nicht überlassen hatte. Zu ruhig sein allerdings dürfe Söder auch nicht, sonst könnte ihm unterstell­t werden, er lasse Laschet in eine Niederlage laufen, nur um hinterher sagen zu können, dass er der bessere Kandidat gewesen wäre.

CSU-Wahlkämpfe­r vor Ort berichten, dass sie durchaus noch gute Chancen sehen, den Trend wieder zugunsten der Union umzukehren. „Die Menschen sind uns gegenüber nicht unfreundli­ch, aber es ist keine Euphorie da“, sagt ein Kandidat aus Schwaben und bestätigt, dass es bei den Bürgerinne­n und Bürgern „eine gewisse Skepsis gegenüber Armin Laschet gibt“. Mit den meisten Kandidaten seiner Partei sei er sich einig: „Wir brauchen auf alle Fälle noch eine Mobilisier­ung mit konkreten Themen und klaren Botschafte­n.“Laschet verkaufe sich bisher „unter Wert“.

Mehrere CSU-Leute berichten aber auch, dass aktuell kaum jemand aus den Reihen der Union zum CDU-Chef durchdring­e. Es werde zwar viel telefonier­t zwischen den Schwesterp­arteien, aber Laschet höre offenbar nicht einmal auf andere CDU-Ministerpr­äsidenten. Seine Antwort auf die Aufforderu­ng, er solle „endlich mehr Gas geben“, sei immer wieder dieselbe: Er wolle, so Laschet, keinen Wahlkampf mit persönlich­en Attacken führen. In der CSU versteht man das nicht. Dort heißt es, zwischen persönlich­en Attacken und netten Interviews gebe es „noch viel Luft für richtigen Wahlkampf“.

Söders Auftreten gegenüber Laschet wird in der CSU mittlerwei­le als durchaus wohl dosiert beschriebe­n. Die Anmerkung mit dem Schlafwage­n hätte es aus Sicht einiger Christsozi­aler zwar nicht gebraucht. Das sei eine Spur zu scharf gewesen. Aber dass Söder immer wieder darauf hinweise, was für die Union auf dem Spiel steht, sei richtig. Erst am Wochenende hatte Söder gesagt: „Es besteht jetzt die ganz große Gefahr, dass es eine Mehrheit jenseits der Union geben kann. Das muss jedem klar sein. Die Führung einer Bundesregi­erung durch die Union, was die Mehrheit will, die ist gefährdet.“

Doch auch am CSU-Chef gibt es parteiinte­rn Kritik. Klare inhaltlich­e Botschafte­n, so sagt ein alter Parteistra­tege, könnte die CSU auch selbst setzen. Dazu brauche es die Schwesterp­artei nicht zwingend. Unter den Extra-Forderunge­n, die bei der Parteiklau­sur in Gmund am Tegernsee verabschie­det wurden, seien aber keine „begeistern­den Inhalte“gewesen.

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Foto: Kay Nietfeld, dpa „Kanzlerkan­didat der Herzen“und Kanzlerkan­didat: Markus Söder und Armin Laschet.
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Foto: Rolf Vennenbern­d, dpa Laschet war früher in Nordrhein Westfalen Integratio­nsmi nister.

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