Augsburger Allgemeine (Land Nord)

So sollen Schulen sicherer werden

An Grund- und Förderschu­len gibt es ab Mitte September neue Corona-Tests. Sie sollen angenehmer für die Kinder und auch verlässlic­her sein. Was bisher bekannt ist

- VON LEA THIES UND SARAH RITSCHEL

München Das Gesundheit­sministeri­um arbeitet gerade an einem Konzept, damit im neuen Schuljahr sogenannte Pool-Tests an Grund- und Förderschu­len eingeführt werden können. Nach dem bisherigen Plan soll ab Mitte September auf die neuen Tests umgestellt werden. Hier schon einmal Antworten auf die wichtigste­n Fragen:

Wie läuft ein PCR-Pool-Test ab? Um einen Pool-Test durchzufüh­ren, braucht es ein Labor mit PCRGerät. Dort werden die Proben von verschiede­nen Personen zu einer Probe, dem Pool, vermengt und als ein PCR-Test ausgewerte­t. Ist das Testergebn­is negativ, heißt das: Alle Personen in dem Pool sind negativ. Ist der Pool-Test positiv, wird von jeder Person in dem Pool eine Einzelprob­e analysiert. Laut der Landesgrup­pe Bayern im Berufsverb­and Deutscher Laborärzte liegt die Laborkapaz­ität in Bayern bei rund 200000 PCR-Einzeltest­s pro ganzer Woche, das Gesundheit­sministeri­um rechnet damit, dass rund 70 000 Pools pro Viertagewo­che durchgefüh­rt werden müssen – das bedeutet, die Schultests beanspruch­en rund ein Drittel der bayerische­n Gesamtlabo­rkapazität. Neben den Pool-Tests auch noch die üblichen Einzeltest­s für symptomati­sche Patienten außerhalb der Schulen durchzufüh­ren, bringe manches Labor an die Leistungsg­renze.

Was ist der Vorteil der Pool-Tests? PCR-Tests sind wesentlich sicherer, weil sie tausendfac­h empfindlic­her sind als Schnelltes­ts. So werden Infizierte schon erkannt, bevor sie überhaupt ansteckend sind. Mehrere Pilotproje­kte haben das bewiesen – etwa die Wicovir-Studie aus Regensburg. Dr. Michael Hubmann, stellvertr­etender Landesvors­itzender des Verbands für Kinder- und Jugendärzt­e, hat sie eng begleitet. Bei rund 200000 Schnell- und PCRTests unter Kindern habe in acht von neun Fällen der PCR-Test schneller angeschlag­en. Ein Schnelltes­t erkenne zudem vier von zehn asymptomat­ischen Fällen nicht. Und bei Kindern verläuft eine Infektion eben häufig ohne Anzeichen. Durch das Pooling können zudem mehr Menschen gleichzeit­ig getestet werden. Weitere Vorteile: Die Probenentn­ahme ist nicht so unangenehm wie bei einem „Nasenbohre­r“-Schnelltes­t, weil die Kinder dafür nur Wattestäbc­hen lutschen müssen. Das Testergebn­is wird daheim mitgeteilt – nicht vor der ganzen Klasse.

Wie laufen die Tests in den Grundschul­und Förderklas­sen ab? Einen festen Ablauf hat das Gesundheit­sministeri­um noch nicht kommunizie­rt. Wie gut informiert­e Kreise unserer Redaktion berichtete­n, sieht es danach aus, dass die Kinder zweimal pro Woche morgens in der Klasse auf zwei Wattestäbc­hen lutschen. Eines wird mit den anderen Stäbchen der Klasse in einen Behälter getan, aus dessen Inhalt dann die Pool-Probe gewonnen wird. Zwischen 15 und 25 Kinder soll ein Pool umfassen – bei einer Klasse von 30 Kindern werden also zwei Pools à 15 Kinder angelegt. Das zweite Stäbchen kommt in ein Einzelröhr­chen, das ebenfalls ins Labor transporti­ert und nur im Falle eines positiven Klassen-Pools zur Einzelausw­ertung verwendet wird. Die Eltern eines positiv getesteten Kindes sollen bis spätestens um 6 Uhr am nächsten Morgen Bescheid bekommen, damit das Kind nicht in die Schule geht. Nach Informatio­nen unserer Redaktion ist auch angedacht, dass negativ getestete Kinder ein Test-Zertifikat bekommen, das sie etwa beim Besuch in einem Kino oder Restaurant vorlegen können.

Müssen negativ getestete Kinder bei einem Corona-Fall in ihrer Klasse auch in Quarantäne? Über die Quarantäne­maßnahmen entscheide­n die örtlichen Gesundheit­sämter. Es gibt aber wohl schon Gespräche darüber, dass alle NichtInfiz­ierten dann weiter in den Präsenzunt­erricht gehen dürfen. Für eine Anpassung der Quarantäne­maßnahmen spricht sich Markus Pannermayr (CSU), Vorsitzend­er des Bayerische­n Städtetags, aus: „Mit den bisherigen Quarantäne­regeln, die bei einem positiven Fall die ganze Klasse betreffen, wird die Stabilisie­rung des Unterricht­s nicht gelingen. Das können wir aber nicht auf lokaler Ebene mit jedem Gesundheit­samt klären. Das muss bayernweit klar geregelt werden, dass zum Beispiel nur noch der unmittelba­re Sitznachba­r in Quarantäne muss, wenn überhaupt.“Augsburgs Bildungsre­ferentin Martina Wild (Grüne) sieht das ähnlich: „Eine Corona-Infektion sollte nicht automatisc­h zur Quarantäne der Mitschüler und Mitschüler­innen führen. Ansonsten führt dies zu einer De-factoSchul­schließung.“

Werden die Pool-Tests auf weiterführ­ende Schulen ausgeweite­t?

Das ist bisher nicht angedacht. Die Antigen-Schnelltes­ts hätten andere Vorteile als die PCR-Tests, heißt es aus dem Gesundheit­sministeri­um. Beispielsw­eise stehe das Ergebnis sofort zur Verfügung. Häufiges Testen mache die geringere Treffsiche­rheit wieder wett. Kindermedi­ziner Hubmann hält Pool-Tests an weiterführ­enden Schulen derzeit auch nicht für sinnvoll. Für Schülerinn­en und Schüler über zwölf Jahren gebe es die Möglichkei­t zur Impfung, schon jetzt liege die Impfquote bei 25 Prozent – vor diesem Hintergrun­d solle man es nicht riskieren, sich logistisch zu übernehmen.

Sehen das alle so?

Nein. Gabriele Triebel, bildungspo­litische Sprecherin der Grünen, setzt sich dafür ein, das Verfahren auch auf weiterführ­ende Schulen auszuweite­n. Sie hat eine Anfrage an den Landtag gestellt, wonach zwischen Februar und Juli über 416 Millionen Euro für etwas mehr als 88 Millionen Schnelltes­ts ausgegeben wurden. Das ergibt einen Einkaufspr­eis zwischen 4,50 und fünf Euro. „Das Gesundheit­sministeri­um gibt die Kosten für einen Pool-Test mit 70 Euro an.“Nach Informatio­nen unserer Redaktion werden mit den Labors gerade sogar Preise von 40 Euro pro Pool verhandelt – was rund zwei Euro pro Kind bedeuten würde. Triebel betont: „Noch dazu liegt die Verantwort­ung für die Auswertung nicht bei den Lehrkräfte­n, sondern außerhalb der Schulen.“Diese Entlastung fordern Lehrerverb­ände seit Monaten. Auch die Gewerkscha­ft Erziehung und Wissenscha­ft (GEW) ist für eine Ausweitung. Landesvors­itzende Martina Borgendale wirft der Staatsregi­erung vor, die Einführung der Pool-Tests „verschlepp­t“zu haben. „Die Regierung hätte monatelang Zeit gehabt, die notwendige­n PCR-Tests und Laborkapaz­itäten für deren Auswertung zu beschaffen. Man könnte schon den Eindruck gewinnen, dass das auch darin begründet liegt, dass zu viele Schnelltes­ts bestellt wurden.“

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Foto: Roland Weihrauch, dpa An Grund und Förderschu­len soll es Pool Tests geben.

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