Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Der geföhnte Schweinsbraten
Lesen bildet, Kochbücher lesen bildet auch, und im besten Fall schmeckt es hinterher auch. Allerdings ist – gerade bei Sterneköchen – der Verdacht nicht immer von der Hand zu weisen, dass sie ihr wichtigstes Wissen in ihren Büchern nicht preisgeben. Dabei geht es, wie jeder Hobbykoch weiß, nicht so sehr um die Zutaten, sondern um die Techniken, die richtige Temperatur und um die Garzeiten. Auf Kochsendungen im Fernsehen auszuweichen sichert den Erfolg auch nicht. Der Satz „Ich hab da schon mal was vorbereitet“ist Legende.
Mittlerweile freilich findet sich all das tradierte und vermeintliche Wissen über die Geheimnisse der guten Küche auch in Clips im Internet. Wer da zum Beispiel nach dem besten Rezept für Schweinsbraten sucht, der kann vor dem Bildschirm sitzen, bis er vor Hunger vom Stuhl fällt. Selbstverliebte Schlaumeier, bayerische Hausfrauen, Möchtegern-Experten und Grillfanatiker überschlagen sich mit Weisheiten: Haut salzen – Haut nicht salzen. Mit Bier übergießen – keinesfalls mit Bier übergießen. Die Haut gleich einschneiden – erst auf der Haut in Salzwasser legen und dann einschneiden. Von Anfang an hohe Hitze – erst Niedrigtemperatur. Die Krone setzt dem Ganzen ein Typ auf, der seinen Braten erst sanft schmort und kurz vor dem Servieren mit einem Heißluftföhn (600 Grad!) die weiche Haut in krosse Kruste verwandelt.
Wer wirklich was lernen will, wird verwirrt zurückbleiben. Sich die Clips einfach so reinzuziehen aber kann Spaß machen. Allgäuer, die nach dem besten Rezept für Kässpatzen suchen, werden sich jedenfalls schlapplachen.