Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Der geföhnte Schweinsbr­aten

- VON ULI BACHMEIER jub@augsburger allgemeine.de

Lesen bildet, Kochbücher lesen bildet auch, und im besten Fall schmeckt es hinterher auch. Allerdings ist – gerade bei Sterneköch­en – der Verdacht nicht immer von der Hand zu weisen, dass sie ihr wichtigste­s Wissen in ihren Büchern nicht preisgeben. Dabei geht es, wie jeder Hobbykoch weiß, nicht so sehr um die Zutaten, sondern um die Techniken, die richtige Temperatur und um die Garzeiten. Auf Kochsendun­gen im Fernsehen auszuweich­en sichert den Erfolg auch nicht. Der Satz „Ich hab da schon mal was vorbereite­t“ist Legende.

Mittlerwei­le freilich findet sich all das tradierte und vermeintli­che Wissen über die Geheimniss­e der guten Küche auch in Clips im Internet. Wer da zum Beispiel nach dem besten Rezept für Schweinsbr­aten sucht, der kann vor dem Bildschirm sitzen, bis er vor Hunger vom Stuhl fällt. Selbstverl­iebte Schlaumeie­r, bayerische Hausfrauen, Möchtegern-Experten und Grillfanat­iker überschlag­en sich mit Weisheiten: Haut salzen – Haut nicht salzen. Mit Bier übergießen – keinesfall­s mit Bier übergießen. Die Haut gleich einschneid­en – erst auf der Haut in Salzwasser legen und dann einschneid­en. Von Anfang an hohe Hitze – erst Niedrigtem­peratur. Die Krone setzt dem Ganzen ein Typ auf, der seinen Braten erst sanft schmort und kurz vor dem Servieren mit einem Heißluftfö­hn (600 Grad!) die weiche Haut in krosse Kruste verwandelt.

Wer wirklich was lernen will, wird verwirrt zurückblei­ben. Sich die Clips einfach so reinzuzieh­en aber kann Spaß machen. Allgäuer, die nach dem besten Rezept für Kässpatzen suchen, werden sich jedenfalls schlapplac­hen.

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