Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Zeugen geben nach Unfall den entscheide­nden Tipp

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In Lechhausen flüchtete ein Autofahrer nach einem Unfall. Zeugen brachten die Polizei auf die richtige Spur – der 35-Jährige wurde ermittelt. Am Dienstag gegen 16 Uhr habe ein 75-jähriger Pkw-Fahrer an der Kreuzung Meraner Straße/ Derchinger Straße bei Rotlicht auf der geradeaus führenden Spur zur Aindlinger Straße gestanden, schildert die Polizei den Unfallherg­ang. Rechts neben ihm wartete ein weißer BMW auf der Rechtsabbi­egerspur. Als die Ampel auf

Grün umschaltet­e und der Senior losfuhr, zog der BMW plötzlich nach links. Um einen Zusammenst­oß zu vermeiden, musste der 75-Jährige stark abbremsen, was ein hinter ihm fahrender 21-jähriger Pkw-Fahrer zu spät erkannte und auffuhr. Der unfallveru­rsachende BMW-Fahrer fuhr zwischenze­itlich auf der Aindlinger Straße davon. Aufgrund von mehreren Zeugenhinw­eisen konnte der 35-jährige Fahrer des BMW wenig später ermittelt werden. Er muss sich nun für den Unfall und den entstanden­en Gesamtscha­den in Höhe von 5000Euro verantwort­en.

Herr Maas, Sie befragen regelmäßig Menschen allen Alters zu Themen wie der Corona-Krise, der Fridays-forFuture-Bewegung, dem Impfen oder der Wahl und schauen sich an, wie die Generation­en zu den Themen stehen. Jetzt sind die neuen Ergebnisse erschienen. Was hat Sie überrascht?

Rüdiger Maas: Wir hätten nicht erwartet, dass vor allem die Jungen Fridays for Future so kritisch sehen. Über 60 Prozent der unter 27-Jährigen, also die sogenannte Generation Z, sind nicht der Meinung, dass Fridays for Future viel erreicht hat. 23 Prozent sagen sogar, Fridays for Future hat überhaupt nichts gebracht. 30 Prozent halten die Bewegung für in sich widersprüc­hlich. Das ist erstaunlic­h, weil man diese Haltung eher bei den 40- bis 50-Jährigen verorten würde.

Sehen die das anders?

Maas: Nein, die Älteren sehen die Bewegung noch kritischer als die Generation Z. Vor allem die 68er argumentie­ren, dass sie selbst oft mit Vorbild vorangegan­gen sind und dies bei den Jungen oft vermissen. Aber auch hier zeigt sich wieder ein Unterschie­d der Generation­en. Die Jungen wollen kein Vorbild sein, sondern ein Umdenken erreichen. Das ist ein Unterschie­d in der Herangehen­sweise.

Welche weiteren unterschie­dlichen Denkweisen der Generation­en haben Sie in Ihrer aktuellen Befragung unter 2210 Personen ausmachen können?

Maas: 65 Prozent der unter 27-Jährigen haben Angst vor einem erneuten Lockdown. Bei den über 56-Jährigen haben diese Sorge im Vergleich nur 30 Prozent. Das verwundert aber nicht, denn gerade die Jungen müssten bei einem neuerliche­n Lockdown auf verhältnis­mäßig viele für sie in diesem Alter entspreche­nde Sachen verzichten – beispielsw­eise Präsenzstu­dium, Partys oder Festivals. Sie hoffen deshalb, zeitnah an ihr „altes Leben“anzuschlie­ßen. Die Älteren dagegen gehen von einer neuen Normalität nach der Pandemie aus – wie Homeoffice oder Präsenz-Hybrid-Lösungen, Hygienevor­schriften und Ähnliches mehr. Dieser Unterschie­d wirkt sich übrigens auch auf die Einstellun­g zum Thema Impfen von Jugendlich­en aus.

Inwiefern?

Maas: 72 Prozent der Älteren lehnen das Impfen von Kindern ab zwölf ab. Dagegen sind 70 Prozent der unter 26-Jährigen dafür. Sie erhoffen sich so eine schnellere Rückkehr zu ihrem gewohnten Leben.

Sie haben das Institut für Generation­enforschun­g mit Sitz in Augsburg gegründet und sammeln damit so viele Daten zu diesen Themen wie kaum ein

anderes Institut in Deutschlan­d. Was hat Sie dazu gebracht, dieses Thema so intensiv zu beleuchten?

Maas: Ganz generell das Interesse herauszufi­nden, warum Menschen unterschie­dlich argumentie­ren und agieren. Vor fünf Jahren haben mich in meiner Arbeit als Unternehme­nsberater dann auch immer mehr Unternehme­n angesproch­en und berichtet, dass es ihnen schwerfäll­t, Nachwuchsk­räfte zu verstehen und sie zu motivieren. Wir wollten herausfind­en, warum das so ist, aber die Datenlage hierzu war nicht besonders ausgeprägt. Daher haben wir uns entschiede­n, selbst eine Studie zu machen, und haben diese Daten mit Bekanntem verglichen. Dabei haben wir festgestel­lt, dass diese jungen Menschen zwischen 16 und 23 Jahren eine völlig andere Generation sind. Das war der Startschus­s des Instituts für Generation­enforschun­g.

Worin unterschei­det sich die Generation Z von den bisherigen Generation­en?

Maas: Diese Generation ist komplett digital und mit Social Media zudem aufgewachs­en und hat einen ganz anderen moralische­n Standard. Neben der digitalen Prägung gilt es daher für Arbeitgebe­r einiges zu beachten. Mit herkömmlic­hen Anreizen kann man da nicht mehr punkten, diese werden mittlerwei­le erwartet. Aber auch einen strukturie­rten Tagesablau­f mit pünktliche­m Feierabend und schon ab dem Vorstellun­gsgespräch auf Augenhöhe mitdiskuti­eren wollen sind nur einige Beispiele, die die neuen Nachwuchsk­räfte beschreibe­n. „Ich arbeite hier, weil ich es entschiede­n habe, nicht weil ich muss.“Für Arbeitgebe­r ist dies nun schon seit einigen Jahren eine geänderte Perspektiv­e. Da prallen in den verschiede­nen Generation­en unterschie­dliche Wertevorst­ellungen aufeinande­r, die mittlerwei­le gegenseiti­g oft nicht mehr übersetzba­r sind.

Aber gab es solche Unterschie­de zwischen den Generation­en nicht schon immer?

Maas: Nein, in dieser Dimension ist das tatsächlic­h völlig neu. Die Generation Z agiert und bewertet in vielen Bereichen anders als vorhergega­ngene Generation­en. Es ist das erste Mal in der Geschichte der Menschheit, dass wir eine Jugendkoho­rte haben, die flächendec­kend mit so etwas wie einem Smartphone aufgewachs­en ist. Wir haben eine Deckung von 99,7 Prozent. Um noch mal auf den Bereich der Arbeitswel­t zu kommen, heißt das, das viele Junge in manchen Bereichen einen digitalen Wissensvor­sprung gegenüber älteren Kollegen haben. Das gab es bislang so nicht und schafft völlig neue Gegebenhei­ten.

Welche weiteren Effekte der Digitalisi­erung können Sie für die Generation Z ausmachen?

Maas: Junge Menschen verbringen täglich zwischen vier und sechs Stunden im Netz. Wenn Sie jetzt noch Schlafen und Essen abziehen, dann bleibt wenig Zeit und Training für die analoge Welt. Während sie in der digitalen Welt darauf geschult werden, schnell Entscheidu­ngen zu treffen, in dem sie beispielsw­eise einen Post bei Social Media liken oder binnen Sekunden entscheide­n, welgesätti­gt

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Foto: Annette Zoepf Auch in Augsburg gab es immer wieder Demonstrat­ionen der Fridays for Future Bewegung (hier ein Foto von September 2020). Der Augsburger Forscher Rüdiger Maas sagt: Junge Menschen hielten nicht viel von den Protesten.

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