Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Augsburger setzen sich für Afghanen ein

Bei einer Kundgebung fordern rund 250 Personen eine Luftbrücke für Afghanista­n. Oberbürger­meisterin Eva Weber kündigt an, die Stadt könne gefährdete Menschen und deren Familien aufnehmen

- VON MIRIAM ZISSLER

Die Lage in Afghanista­n erschütter­t viele Augsburger. Rund 250 Bürgerinne­n und Bürger kamen am Mittwochna­chmittag auf dem Moritzplat­z zusammen. Sie forderten bei der Kundgebung mit dem Thema „Friedensst­adt steht auf: Luftbrücke für Afghanista­n jetzt!“eine breit angelegte Rettungs- und Aufnahmeak­tion. Die Ereignisse in Afghanista­n führten in Augsburg zu ersten politische­n Reaktionen. Oberbürger­meisterin Eva Weber (CSU) bietet im Namen der Friedensst­adt der Bundes- und Landesregi­erung ihre Unterstütz­ung an.

„Die Bilder aus Afghanista­n sind verstörend und machen mich tief betroffen“, sagt Oberbürger­meisterin Weber in einer Mitteilung der Stadt. „Insbesonde­re das Schicksal der Ortskräfte, Frauen und Kinder geht mir nahe.“Anlässlich der dramatisch­en Entwicklun­gen in Afghanista­n biete sie im Namen der Friedensst­adt Augsburg der Bundesund Landesregi­erung ihre Unterstütz­ung bei der kurzfristi­gen und unbürokrat­ischen Aufnahme von Ortskräfte­n und deren Familien und weiteren zu evakuieren­den Personen an. „Ich bin der festen Überzeugun­g, dass es dringend geboten ist, den Menschen in dieser Notsituati

zu helfen. Aufgrund des langjährig­en Engagement­s in Afghanista­n und der dort erfahrenen Unterstütz­ung haben wir auch Verantwort­ung für die Menschen dort.“Diese Haltung sei für die Vertreter der Friedensst­adt selbstvers­tändlich und auch ihr Auftrag.

OB Weber erinnerte an den verheerend­en Brand im Flüchtling­slager Moria auf der griechisch­en Insel Lesbos im September 2020. Damals hatte sich Deutschlan­d bereit erklärt, über 1500 der rund 13.000 unter prekären Umständen in Notunterkü­nften lebenden Menschen unterzubri­ngen. Weber hatte an Land und Bund signalisie­rt, dass die Stadt

Augsburg Flüchtling­e aufnehmen würde. Zunächst hieß es, dass auf Augsburg 20 Geflüchtet­e entfallen werden. Inzwischen konnten nach Zuweisung vier Geflüchtet­e aufgenomme­n werden.

Um der Forderung Nachdruck zu verleihen, dass die Bundesregi­erung handeln müsse, organisier­te die Grüne Jugend Augsburg kurzerhand eine Kundgebung zu der zahlreiche Politikeri­nnen und Politiker erschienen. Neben Oberbürger­meisterin Eva Weber, nahmen Bundestags­vizepräsid­entin Claudia Roth (Grüne), die Augsburger Bundestags­abgeordnet­en Volker Ullrich (CSU), Ulrike Bahr (SPD), Landon tagsabgeor­dneter Cemal Bozoglu (Grüne) sowie einige Stadtratsm­itglieder daran teil. Sie hörten die eindringli­chen Worte von Mueen Nasrullahi vom Augsburger Integratio­nsbeirat, der selber aus Afghanista­n geflohen war. Jahrelang habe die deutsche Politik behauptet, dass Afghanista­n sicher sei und afghanisch­e Jugendlich­e nur zum Spaß flüchten würden. Mit der Abschiebun­g hätte Deutschlan­d viele Afghaninne­n und Afghanen in den Tod geschickt. Wer keinen Zufluchtso­rt habe, werde verhaftet, gefoltert und ermordet. Aus sicherer Quelle wisse er, dass die Taliban am Mittwoch mit ihren Durchsuchu­ngen in Kabul begonnen hätten.

Simon Oschwald, Leiter des Migrations­referats der Diakonie Augsburg, hofft auf ein „großherzig­es Aufnahmeve­rfahren“und eine „sichere Bleibepers­pektive“. Das Jahr 2015, als unzählige geflüchtet­e Menschen nach Europa kamen, sei kein „Schrecken“sondern ein „Erfolg“gewesen. Diese Aufnahmebe­reitschaft von 2015 müsse sich nun wiederhole­n, unterstric­h Simon Goebel vom Augsburger Flüchtling­srat in seiner Rede. Außenminis­ter Heiko Maas (SPD), Verteidigu­ngsministe­rin Annegret KrampKarre­nbauer (CDU) und Bundesinne­nminister Horst Seehofer (CSU) hätten total versagt und sollten zurücktret­en, forderte er.

Konsequenz­en forderten auch Claudia Roth und Verena von Mutius-Bartholy, Vorsitzend­e der Augsburger Stadtratsf­raktion der Grünen, in einer gemeinsame­n Erklärung ein. Die Bundesregi­erung habe die Evakuierun­gen viel zu lange blockiert und alle Warnungen ignoriert – nun müsse sie schnell und vehement alle Afghaninne­n und Afghanen retten, die noch zu retten sind. „Für viele kommt die Hilfe aber zu spät, dieses menschenre­chtliche Totalversa­gen muss daher Folgen haben“, teilen sie mit. „Wir wollen und haben als Friedensst­adt die Verantwort­ung, in dieser Situation zu helfen“, unterstrei­chen sie und begrüßen es, dass OB Weber bereits ihre Hilfe angeboten habe.

Die Stadträtin­nen Lisa McQueen („Die Partei“) und Margarete Heinrich (parteilos) wandten sich am Mittwoch in einem offenen Brief ebenfalls an die Oberbürger­meisterin. Sie führten darin aus, dass sich viele Städte und Gemeinden im Bündnis „Sicherer Hafen“zusammenge­schlossen hatten und damit humanitäre Hilfe und Unterstütz­ung signalisie­rten. Sie wollen von der OB wissen, ob sich die Friedensst­adt Augsburg vorstellen könnte, sich dieser Initiative anzuschlie­ßen.

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Foto: Silvio Wyszengrad Auf dem Moritzplat­z forderten die Teilnehmer einer Kundgebung eine Luftbrücke für Afghanista­n.

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