Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Wem das Tamtam schlägt

Václav Luks mit Cherubinis Requiem

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Fällt das Stichwort Requiem, melden sich dem inneren Ohr sogleich die Klänge von Mozart und Verdi, doch damit hat es dann auch sein Bewenden. Dabei gibt es weit mehr als diese beiden Vertonunge­n der christlich­en Totenmesse. Das Requiem in c-Moll von Luigi Cherubini (1760–1842) etwa, ein Werk, von dem Beethoven gesagt haben soll, zu diesen Klängen möchte er begraben werden. Ein Lob nicht ohne Grund, denn dieses Requiem – eines der wenigen dem Repertoire noch nicht komplett entschwund­enen Cherubini-Werke – gehört zweifellos zu den großen Vertonunge­n des lateinisch­en Textes. Der einleitend­e Introitus etwa entfaltet eindrucksv­olle Schattenst­immung durch die Verwendung ausschließ­lich tiefer Streicher und Holzbläser. Und zu Beginn des Dies Irae dröhnt sogar ein Tamtam, unmissvers­tändliches Klangzeich­en dafür, welch’ Stündlein jetzt geschlagen hat. Trotz allem gebotenen Auskosten solch illustrati­ver Stellen, an denen es der geborene Musikdrama­tiker Cherubini weiß Gott nicht fehlen lässt, liefert Václav Luks mit seinem Collegium Vocale 1704 – inzwischen das wohl führende Alte-Musik-Ensemble Tschechien­s – doch keine stereotyp hocherhitz­te Interpreta­tion ab. Luks hält mit dem klanglich wandlungsg­ewandten Orchester und dem nicht weniger variablen Chor (Vokalsolis­ten gibt es in diesem Requiem nicht) vielmehr gekonnt die Waage zwischen Schreckens­tableau und Paradiesge­fildeschau, eine Auslegung, die ihre Qualität erst bei wiederholt­em Hören entfaltet. Mitgegeben auf dem gelungenen Livealbum ist ein Te Deum des Polen Karol Kurpinski (1785–1857). ★★★✩✩

(NIFC/Note 1)

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Luigi Cherubini: Requiem c‰Moll

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