Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Firmen setzen künftig auf mehr Homeoffice
Corona verändert die Arbeitswelt. Noch immer sind viele Menschen von zu Hause aus tätig. Teilweise wird das so bleiben, belegen aktuelle Zahlen. Unternehmen stellen sich mit verschiedenen Angeboten darauf ein
Die Corona-Krise hat weltweit einiges durcheinander gebracht und für manche Entwicklungen wie ein Brandbeschleuniger gewirkt – auch in der Arbeitswelt. Unter anderem werden künftig mehr Beschäftigte einen Teil ihrer Arbeit im Homeoffice erledigen können. Das belegen aktuelle Zahlen der IHK: In einer Umfrage gibt rund ein Viertel der befragten Unternehmerinnen und Unternehmer an, mehr Homeoffice anzubieten, als dies vor der Krise der Fall war. Aber das ist noch nicht alles.
Zwar bezieht sich die Umfrage nicht auf Augsburg und die Region, ist aber aus Sicht von Thomas Schörg, Pressesprecher der IHK Schwaben, im Wesentlichen auf hier übertragbar. „Viele Unternehmen haben in der Krise gute Erfahrungen mit Homeoffice gesammelt“, schildert Schörg. Das befeuere den Trend hin zu hybridem Arbeiten – also dem Wechsel zwischen der Anwesenheit im Unternehmen und der mobilen Arbeit von zu Hause oder einem anderen Standort aus. Bei der IHK Schwaben selbst können Mitarbeiter künftig 30 Prozent ihrer Arbeitszeit mobil erledigen. Mehr Flexibilität im Job ist aber nicht nur eine Folge von Corona, sondern auch der Fachkräftemangel spielt eine Rolle. Wie die IHK-Umfrage weiter zeigt, sieht gut die Hälfte der Befragten im Angebot des Homeoffice die Möglichkeit, Pendlerzeiten zu verkürzen und so die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu fördern. Ein Aspekt, der bei immer mehr Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern eine entscheidende Rolle spielt und damit ein wichtiger Vorteil im Kampf um die besten Köpfe sein kann. Aktuell pendeln rund 75.000 Menschen täglich nach Augsburg ein, um hier zu arbeiten. 51.000 verlassen die Stadt. Die Mehrheit von ihnen bleibt dabei im Landkreis Augsburg, etwa 9500 Menschen fahren täglich zur Arbeit nach München.
Unternehmen wie Check24, das Preisvergleiche im Internet für verschiedene Bereiche anbietet, haben schon vor der Corona-Krise auf diese Entwicklungen reagiert und einen eigenen Standort in Augsburg eröffnet. Seit 2016 ist hier der Bereich Mietwagen tätig. Mittlerweile sitzt die Abteilung im Helio-Center am Bahnhof. Aus Sicht von Geschäftsführer Andreas Schiffelholz sprechen neben der Nähe zum Gründungsstandort in München unter anderem die Fachhochschule und die Universität für Augsburg. Beide Einrichtungen würden eine sehr gute Möglichkeit bieten, weitere Fachkräfte zu akquirieren. „Aktuell hat Check24 mehr als 32 offene Stellen in Augsburg“, so Schiffelholz.
Auch der Automobilzulieferer Webasto hat sich mittlerweile in Augsburg niedergelassen. Die rund 60 Mitarbeiter haben vor Kurzem Büroräume im Weitblick 1.7 im Innovationspark bezogen. Die neuen Webasto-Mitarbeiter waren einst bei Fujitsu in Augsburg beschäftigt. Nachdem der Standort aufgelöst worden ist, hat der Automobilzulieferer sie übernommen. „Uns war dabei wichtig, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht pendeln müssen, sondern weiter einen
Arbeitsplatz in der Stadt haben“, begründet Vizepräsidentin Nadine Schian. Fahrten zum Unternehmenssitz in Stockdorf bei München seien so nur gelegentlich nötig.
Dass sich die Art zu arbeiten in vielen Branchen verändert, merkt man auch an anderen Stellen der Stadt. Die Angebote, Büroflächen auf Zeit oder nur für bestimmte Tage der Woche zu mieten oder sich mit anderen zu teilen, nehmen zu. Neu in der Stadt ist unter anderem Regus, ein global agierendes Unternehmen, das über seine weltweit verteilten Einheiten flexible Bürolösungen anbietet. In Augsburg sind diese in verschiedenen Größen und Ausstattungen in der Viktoriastraße zu finden.
Die IHK bietet in unmittelbarer Nähe zur Uni Coworking-Arbeitsplätze an, ebenso wie Cosy oder die Office und Medien Garage in der Altstadt, um einige Beispiele zu nennen. Auch bei Neubauten oder dem Bezug von neuen Flächen gehen immer mehr Unternehmen auf die Herausforderungen ein. Webasto plant unter anderem für seinen
Neubau am Stammsitz in Stockdorf keine klassischen Büros mehr, sondern Flächen für das Zusammenkommen von Mitarbeitern sowie für Besprechungen. In Augsburg lassen sich solche Überlegungen unter anderem im Toni-Park, dem Sheridan-Tower oder im Weitblick 1.7 umsetzen
IHK-Sprecher Thomas Schörg glaubt, dass es so langfristig zu weniger (Büro-) Flächennutzung kommen wird. Doch aktuell seien viele Firmen und Betriebe noch mehr mit Corona als den Planungen für neue Bürokonzepte beschäftigt. „Der Fokus liegt auf dem Schutz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beispielsweise durch die konsequente Umsetzung von betrieblichen Impf- und Testkampagnen“, so Schörg. Und noch etwas gibt er zu bedenken: Nicht jeder Arbeitsplatz kann mobil gestaltet werden. Das trifft vor allem für Regionen wie Augsburg zu, die stark von der Industrie geprägt sind. Hier bestehe das Risiko einer Zwei-KlassenGesellschaft – auch innerhalb der Unternehmen.