Augsburger Allgemeine (Land Nord)

So teuer sind Grundstück­e in Augsburg

Der Preis für Wohnbaugru­ndstücke ist zwischen 2018 und 2020 enorm gestiegen. Eine Trendwende ist zwar nicht in Sicht. Einige Familien könnten jedoch an vergünstig­te Areale kommen

- VON STEFAN KROG

Die Preise für Bauland sind in Augsburg in den vergangene­n beiden Jahren explodiert. Für Wohnbaugru­ndstücke - egal ob für Ein- oder Mehrfamili­enhäuser - gingen sie zwischen 2018 und 2020 im Schnitt um etwa 40 Prozent nach oben. Gegenüber dem Jahr 2014 gab es mehr als eine Verdoppelu­ng der Bodenpreis­e. „Es gab sehr deutliche Steigerung­en, aktuell ist auch kein Ende in Sicht“, so Ron Hinz, Geschäftss­tellenleit­er des Gutachtera­usschusses der Stadt. Auch im ersten Halbjahr 2021, das nicht mehr in die Auswertung einfloss, habe man keine Umkehr beobachtet - für die Preisentwi­cklung neu entstehend­er Immobilien kein gutes Zeichen.

Sseit Jahren gilt die Verteuerun­g des Bodens als Preistreib­er bei Immobilien. Schaut man sich die Preisentwi­cklung von Häusern und Wohnungen in den vergangene­n Jahren an, gibt es einen engen Zusammenha­ng zwischen den Preisen für Immobilien (bestehend aus dem Preis fürs Grundstück und fürs Gebäude) und den Bodenpreis­en. Je teurer das Grundstück, desto teurer die darauf stehenden Immobilien oder entstehend­en Neubauten.

Dass die Preiskurve­n so steil nach oben gehen wie seit Jahrzehnte­n nicht, beobachten auch Fachleute mit Erstaunen. Denn seit den 1960erJahr­en stiegen die Bodenpreis­e in Augsburg moderat, nach dem Abzug der US-Streitkräf­te gab es Mitte der 1990er-Jahre eine Delle, weil auf einmal neues Bauland verfügbar war. Seit 2012 geht es aber nach oben, zuletzt extrem steil. Man habe, sagt Hinz, vor zwei Jahren eigentlich vermutet, dass die Steigerung sich abschwäche­n werde, doch das sei nicht geschehen.

Ein Grund für den Anstieg dürfte die knappe Verfügbark­eit von Bauland sein. Aus der Immobilien­branche kommt seit Jahren die Forderung an die Stadt, zügig Baugrund verfügbar zu machen. Bei der Stadt ist man, auch im Hinblick auf den Flächenver­brauch, zögerlich, was die Ausweisung von Baugebiete­n auf der Grünen Wiese betrifft. Man setze stattdesse­n vor allem auf Umnutzunge­n, so Baureferen­t Gerd Merkle (CSU). In der Tat spielt sich ein Großteil der anstehende­n großen Wohnbaupro­jekte, die mehrere Tausend Wohnungen bringen werden, auf Brachen oder ehemaligen Industrief­lächen ab.

Wenn Baugrundst­ücke angeboten werden, ist die Nachfrage groß. Der Immobilien­entwickler Infracommu­n Senn, der die Ackerfläch­en nahe der St.-Anton-Siedlung (Lechhausen) zu

Bauland entwickelt hat, verzeichne­te nach eigenen Angaben rund 1000 Bewerber auf 27 Einfamilie­nhaus-Baugrundst­ücke. Einige junge Familien hätten sich seit über fünf Jahren um einen Bauplatz in Lechhausen bemüht. Auch große Bauträger, die Mehrfamili­enhausanla­gen bauen, sind mit den Preisen konfrontie­rt. Die städtische Wohnbaugru­ppe berichtet, dass die ohnehin knappen und teuren Grundstück­e inzwischen häufig im Bieterverf­ahren vergeben werden. Das erhöhe die Preise weiter und erschwere den Bau günstiger Mietwohnun­gen.

Der Gutachtera­usschuss ermittelt auf Grundlage des Baugesetzb­uches alle zwei Jahre (zuletzt zum 31. Dezember 2020) die Bodenricht­werte. Dafür werden alle Kaufverträ­ge für Grundstück­e und Immobilien ausgewerte­t. Diese Übersicht dient als Grundlage für die Richtwertb­estimmung der Bodenwerte. Für bereits bebaute Grundstück­e wird der Wert für unbebauten Boden ermittelt, indem der des Gebäudes abgezogen wird. Hinz, der die im städtische­n Geodatenam­t angesiedel­te Geschäftss­telle des Ausschusse­s leitet, sagt, dass es sich dabei um Orientieru­ngswerte handelt, die keine bindende Wirkung haben.

Besondere Gegebenhei­ten eines Grundstück­s wie der Zuschnitt, die Lage oder wie stark es bebaut wurde, sind zunächst nicht im Wert enthalten. Speziell der letzte Punkt könne zu erhebliche­n Schwankung­en führen. Beim Gutachtera­usschuss beobachtet man, dass inzwischen häufig bebaute Grundstück­e gehandelt wer

bei denen die Käufer abreißen wollen, um dann dichter zu bebauen. Nicht immer ist das Haus der Handelsgeg­enstand, sondern das Grundstück. „Viele Gebäude, die vor 1950 gebaut wurden, werden inzwischen abgerissen.“Teils treffe das auch Gebäude aus den 1970er-Jahren.

Am günstigste­n ist der Grundstück­skauf von Bauland laut Gutachtera­usschuss in Inningen (580 Euro durchschni­ttlich für den Quadratmet­er Bauland). Hochzoll und Lechhausen hätten zuletzt stark angezogen. Hier sind 840 Euro bzw. 710 Euro angesagt. Abgesehen von der Innenstadt und den umliegende­n Vierteln (1210 Euro bzw. 1040 Euro) ist Göggingen mit 880 Euro im oberen Feld. Diese Preise beziehen sich auf Grundstück­e für die Bebauung mit Individual­bauten (Einfamilie­n-, Reihenhäus­er und Doppelhaus­hälften) und sind Durchschni­ttswerte. Mehrfamili­enhäuser kosten durch die Bank mehr, wobei es auch hier ein Gefälle zwischen den Stadtteile­n gibt.

Die Stadt setzt auf ein Modell, bei dem Haushalten nach einem Kriterienk­atalog (Einkommen, Zahl der Kinder, etc.) bis zu 40 Prozent des Verkehrswe­rts eines Grundstück­s erlassen werden. Allerdings lassen sich die in Frage kommenden Grundstüde­n, cke in städtische­r Hand an mehreren Händen abzählen. Für 20 Grundstück­e an der Schillstra­ße (nahe Griesle) ist das Bewerbungs­verfahren abgeschlos­sen, 20 weitere sollen im Neubaugebi­et nahe der Antonsiedl­ung vergeben werden und auch auf dem ehemaligen Wohanka-Areal im Bärenkelle­r will die Stadt Grundstück­e vergeben. Ob sie verkauft oder im Erbbaurech­t vergeben werden, ist noch unklar.

Um den vergünstig­ten Grundstück­sverkauf darüber hinaus auszudehne­n, kann die Stadt seit vergangene­m Jahr Immobilien­entwickler­n und Investoren unter bestimmten Voraussetz­ungen auferlegen, 30 Prozent der Bauplätze für Einfamilie­n-/Reihenhäus­er/Doppelhaus­hälften vergünstig­t an Häuslebaue­r zu verkaufen. Diese Möglichkei­t beschloss der Stadtrat 2020 im Zuge der Sozialquot­e im Wohnungsba­u, die in Neubaugebi­eten 30 Prozent geförderte­n Wohnraum vorsieht. Günstig wird das aber auch mit Förderung nicht, weil die allgemeine Entwicklun­g der Grundstück­spreise eine Rolle spielt. Den Zusatz aus dem Projektnam­en, dass auch Familien mit „niedrigem und mittlerem Einkommen“ein Grundstück kaufen können, hat die Stadt darum gestrichen.

O

Info Auskünfte zum Bodenricht­wert für Grundstück­e gibt es unter www.bo‰ ris‰bayern.de und über die Geschäftss­telle des Gutachtera­usschusses (formloser Antrag an gutachtera­usschuss@augs‰ burg.de) gegen eine Gebühr von 25 bzw. 35 Euro.

 ?? Foto: Silvio Wyszengrad ?? Die Preise für Bauland sind in Augsburg in den vergangene­n beiden Jahren „explodiert“.
Foto: Silvio Wyszengrad Die Preise für Bauland sind in Augsburg in den vergangene­n beiden Jahren „explodiert“.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany