Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Grundstücksgeschäfte passen Gruppierung nicht
Grundstückskäufe für 26 Millionen Euro plant die Stadt Gersthofen in diesem Jahr. Unter anderem sollen die Bäder verlegt werden. Das gefällt nicht jedem Stadtrat
Gersthofen Einen Nachtragshaushalt hat die Stadt Gersthofen aufgestellt. Dieser sieht unter anderem eine Neuverschuldung in Höhe von 26 Millionen Euro vor. Eines der Grundstücksgeschäfte betrifft bisher für landwirtschaftliche Zwecke genutzte Flächen im Norden der Stadt. Dort könnte Wohnraum für bis zu 900 Menschen geschaffen werden. Östlich der Hangkante Richtung Lech könnten Flächen für Freizeit und Naherholung entstehen. Einer Gruppierung im Stadtrat gefällt dies allerdings nicht.
Markus Brem (Bewegung Zukunft) schreibt in einer Pressemitteilung zum Nachtragshaushalt: „Dieser Flächenverbrauch in unserer Region ist unsäglich und untergräbt jeden Ansatz von Nachhaltigkeit.“Das, was der Stadtrat in Gersthofen mit Brems Gegenstimme im Rahmen des Nachtragshaushalts verabschiedet und dann in nicht öffentlicher Sitzung entschieden habe, „ist ein Vergehen an unserer Umwelt, an nachfolgenden Generationen und an einer zukunftsfähigen Entwicklung der Stadt“.
Im Gespräch mit unserer Redaktion hatte Bürgermeister Michael Wörle die Möglichkeiten der 23 Hektar umfassenden Grundstücke nördlich und östlich der AdalbertStifter-Siedlung umrissen: So könnte die Fläche nördlich für eine Erweiterung der Siedlung genutzt werden. Dies brächte auch eine zweite Zufahrt über die B2-Anschlussstelle Stettenhofen und eine Aufwertung dieses Teils der Stadt. Im Osten, nach der Hangkante, könnten demzufolge ein Ganzjah
sowie das Sportgelände des TSV Gersthofen angesiedelt werden. So hätte auch der größte Verein im Landkreis Augsburg mehr Platz für seinen Betrieb und weniger Probleme mit Anwohnern, die sich über
beschweren. Der Umzug von TSV und Bädern würde den Weg frei machen, um an den bisherigen Freizeit- und Sportstätten an der Sportallee hochwertige Wohnbebauung zu errichten, so Wörle. Zuresbad dem ließe sich das Problem der im Sommer durch die Autos von Badegästen und Sportlern zugeparkten Straßen im ganzen Umfeld der Sportallee verringern oder gar beheben. Brem wirft nun in diesem ZuLärm sammenhang seinen Stadtratskollegen mangelnde Sensibilität vor. Eine Diskussion zu strategischen Fragen des Siedlungsmanagements und der vorsätzlichen Naturzerstörung, die nunmehr wieder zusätzlich im Außenbereich, also auf bisher unversiegelten Flächen möglich wird, bleibe aus.
Weiter würden im südlichen Stadtgebiet mit der Erweiterung des Porschezentrums wieder Tausende von Quadratmetern neu versiegelt, damit Luxusmobilität verkauft werden kann. Brem: „Es schmerzt mich als Agraringenieur und Landwirt, wenn Mutterboden für ein solches Objekt abgetragen wird, während gleichzeitig Leerstand und Ineffizienzen in bestehenden Siedlungsstrukturen vorherrschen.“
An der Universität Augsburg entstehe gerade das Zentrum für Klimaresilienz, unter anderem mit einer Professur für Resilienzfragen von Agrar- und Forstsystemen. „Während also die Wissenschaft schon längst die Zerstörung der natürlichen Lebensgrundlagen und deren Wirkung benannt hat, schmückt sich der Großraum Augsburg ständig mit Nachhaltigkeitsideen.“Gleichzeitig werde die unversiegelte Naturfläche, also die endliche Ressource Boden, „vergewaltigt, als wenn sie unendlich vorhanden wäre, sich ständig regenerieren könnte und keine Bedeutung für Klima und Leben hätte“, schreibt Brem.
Genau das Gegenteil sei aber der Fall: „Diese 20 bis 50 Zentimeter Erdhaut, genannt Boden, ist der wichtigste Teil unserer Ökosysteme. Ohne diese Haut kein Leben auf der Erde.“