Augsburger Allgemeine (Land Nord)

„Ein Schock für alle“

Im Unterallgä­u wird ein 13-Jähriger von einem Zug erfasst. Wie die Menschen vor Ort das Unglück verarbeite­n

- VON ANDREAS BERGER

Heimerting­en „Es ist ein Schock für Alle“, sagt Josef Wechsel, Erster Bürgermeis­ter von Heimerting­en, am Tag nach dem Unfall am Bahnüberga­ng in der Unterallgä­uer Gemeinde, bei dem ein 13-Jähriger ums Leben kam. Der Jugendlich­e hatte nach ersten Erkenntnis­sen gegen 19.05 Uhr am Donnerstag­abend die geschlosse­nen Bahnschran­ken und das Rotlicht nicht beachtet, war auf die Gleise gelaufen und dort von einem Zug erfasst worden. Vermutlich hatte der Junge den Zug nicht gesehen, weil ein Tankzug, der direkt an der Schranke wartete, ihm die Sicht auf die Gleise versperrte.

Neben der Memminger und der Buxheimer war auch die Heimerting­er Feuerwehr dort im Einsatz. Sie stellte auch den Einsatzlei­ter: Kommandant Daniel Kaufmann. Der entschied, dass seine Kameraden aus Heimerting­en nicht direkt an der Unfallstel­le arbeiten sollten. Zu groß sei bei solchen Einsätzen die Gefahr, dass die Einsatzkrä­fte das Opfer kennen. Solch schlimme Unfälle seien „so schon relativ schwer zu verarbeite­n. Und wenn man dann noch jemanden erkennt, dann ist es doppelt so schwer“, sagt Kaufmann.

Bahnunfäll­e gehörten zu den heftigsten Einsätzen für Rettungskr­äfte, weiß auch Walter Müller. Er war ebenfalls am Einsatzort – als Mitglied des Kriseninte­rventionst­eams des Roten Kreuzes. Viele Menschen hätten am Donnerstag psychische Hilfe benötigt, allen voran die Eltern und Großeltern. Aber auch Zeugen, Nachbarn und einige der etwa 40 Zuginsasse­n hatte der Unfall so mitgenomme­n, dass sie das Gespräch mit Walter Müller und seinen Kollegen suchten. „Der eine will reden wie ein Wasserfall, der andere will einfach nur, dass jemand bei ihm ist, andere wollen Antworten auf ihre Fragen“, sagt Müller.

„Mehrfach täglich überqueren Fußgänger und Radler den Bahnüberga­ng, obwohl die Schranken geschlosse­n sind“, sagt Adolf Dorn, dessen Haus an den Gleisen liegt. Bis Donnerstag sei nie etwas passiert. Allerdings gebe es öfter knappe Situatione­n: Immer, wenn Dorn einen Zug pfeifen hört, weiß er, dass ein Lokführer einen Fußgänger oder Radler warnt, der gerade bei geschlosse­nen Schranken die Gleise überquert. Längere Schranken zu installier­en, sei keine Lösung, glaubt der 88-Jährige. Vor Wochen sei der Bahnüberga­ng wegen einer Baustelle gesperrt gewesen. Da seien einige Passanten einfach an einer anderen Stelle über die Gleise gelaufen.

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Foto: Berger Am Tag nach dem Unglück liegen Blu‰ men an dem Bahnüberga­ng.

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