Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Fuggers innovative­r Ansatz

-

Zum Leitartike­l von Richard Mayr „Stif‰ terkultur ist in Deutschlan­d verloren gegangen“(Meinung & Dialog) am 21. August:

Man wird Jakob Fuggers Idee von der Sozialsied­lung erst gerecht, wenn man sein grundständ­ig soziales Denken betrachtet, das sich ja schon vorher in einer von ihm erbauten Arbeitersi­edlung in Thüringen gezeigt hatte. Jakob Fugger machte sich damals schon Gedanken um die Arbeitszei­t seiner Knappen, um Kinderarbe­it, um Hilfe im Krankheits­fall, um eine Altersvers­orgung, mit der er verdiente Mitarbeite­r versah.

Das sind sozialrevo­lutionäre Ansätze, die er in der Fuggerei erweiterte und vertiefte: Kein Altersheim, sondern eine Bleibe für junge Handwerker­familien, die wieder fit gemacht werden sollten für den Wettbewerb; keine Strohschüt­ten auf blankem Boden, sondern moderne, trockene, helle, große Wohnungen, in denen auch das Handwerk weiter ausgeübt werden konnte; kein unregelmäß­ig oder gar nicht vorbeischa­uender Quacksalbe­r, sondern ein ausgebilde­ter eigener Arzt für die Bewohner, natürlich kostenfrei.

Hier hat jemand, trotz seiner „abgehobene­n Stellung“, vorübergeh­end gescheiter­te Menschen um ihrer selbst Willen wahrgenomm­en und sich um sie bemüht. Das ist ein unglaublic­h innovative­r Ansatz, der auch heute noch seinesglei­chen sucht und meilenweit von dem hämischen Gerede entfernt ist, der sich seiner „Sünden“bewusste Mann habe, was man ihm ja nicht vorwerfen kann, nur seine Seele retten wollen.

Dr. Wolfgang Fleischer, Bobingen

Newspapers in German

Newspapers from Germany