Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Die über hundertjährigen Brücken sind Geschichte
Mehr als hundert Jahre standen zwei Brücken am südlichen Rand von Gabelbachergreut. Am Wochenende wurden sie abgerissen. Das stimmt Anwohner traurig
Zusmarshausen Schon in der Ortsmitte von Gabelbachergreut ist am Samstagmittag ein lautes, hämmerndes Geräusch zu hören. Am südlichen Ende des Orts sind an der Bogenbrücke zwei Bagger mit Abbruchhammern im Einsatz. Hier reißen Arbeiter am Samstag und Sonntag die Bogenbrücke und die Fünffeldbrücke ab. Beide Brücken standen mehr als hundert Jahre bei Gabelbachergreut, Tausende Züge sind unter ihnen hindurchgefahren.
Immer wieder lassen die Bagger jetzt einen Metallbolzen auf- und niedersausen, er bohrt sich tiefer und tiefer in den Beton hinein. Dazwischen wechseln sie den Aufsatz. Um den Schutt beiseitezuschaffen, setzen sie etwa auch einen Greifarm und eine klassische Baggerschaufel ein.
Ein Stück weiter, an der wesentlich größeren Fünffeldbrücke, hebt ein 600-Tonnen-Kran, der unten auf den Gleisen steht, den Mittelteil des Bauwerks heraus. Bauingenieurin Bettina Herbst von der Firma Hartinger Consult sagt: „Bisher sieht es bei beiden Brücken gut aus.“Die Arbeiter liegen im Zeitplan. Die Baustelle an sich sei nicht schwierig, aber das Drumherum schon, erklärt Herbst. Sie meint damit vor allem die vielen Stromleitungen, die entlang der Schienen verlaufen und die teilweise auch während der Arbeiten aktiv bleiben.
Die Bogenbrücke wird noch am
komplett abgerissen, die größere Fünffeldbrücke folgt am Sonntag. Seit Montagmorgen fahren wieder Züge auf der Strecke zwischen Freihalden und Dinkelscherben. Bis der ganze Schutt beseitigt sei, werde es aber noch zwei Wochen dauern, erklärt ein Bahn-Mitarbeiter. In dieser Zeit werde es immer wieder zu einseitigen Gleissperrungen kommen.
Dutzende Anwohnerinnen und Anwohner schauen sich den Abriss am Wochenende aus der Nähe an. So wie Richard Herner. Der 67-Jährige wohnt schon immer in Gabelbachergreut. Er erinnert sich: „Ich bin Kleinkind über die Bogenbrücke gegangen, um Himbeeren zu holen.“Auch später war sie oft Teil seiner Laufstrecke. „Ich finde schade, dass sie abgerissen wird. Für den Zweck als Fußgängerbrücke hätte sie meines Erachtens nach noch viele Jahre gereicht“, sagt Herner. „Herzblut hängt da schon dran. Die Brücken waren prägend für unser kleines Dorf.“
Birgit und Robert Leutenmayr aus Grünenbaindt, dem Dinkelscherber Ortsteil südlich der beiden Brücken, und Monika Langenmair aus Gabelbachergreut haben für die Bogenbrücke sogar eine VerabSamstag schiedung organisiert. Etwa 50 Menschen trafen sich am Freitagabend vor Ort, wenige Stunden bevor die Baggerfahrer mit ihrer Arbeit begonnen haben. Einige Gäste sprachen am Mikrofon, manche kritisierten den Abriss einer Brücke, die in ihren Augen gar nicht baufällig sei. Die Klarinettistin Alina Leutenmayr hatte ein Musikprogramm zusammengestellt, mit dem sie sich, zusammen mit anderen Blasmusikerinnen und -musikern, von der Brücke verabschiedete.
Elisabeth Langenmair, die Mutter von Monika Langenmair, trug ein Gedicht vor. „Viele haben geals kämpft zum Erhalt der Brücke ganz unverfroren und leider gegen wenige Mächtige verloren“, heißt es darin. Denn bis zuletzt hatten sich einige Anwohnerinnen und Anwohner für den Erhalt der Brücke eingesetzt. Dennoch wurde nun der Beschluss des Zusmarshauser Marktgemeinderats aus dem Jahr 2016 umgesetzt. Die beiden Brücken sind Geschichte. An ihrer Stelle steht nur noch eine Brücke, ein 3,7 Millionen Euro teurer Neubau.
» Bei uns im Internet finden Sie ein Video der spektakulären Aktion unter www.augsburgerallgemeineland.de