Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Ab in die Kita
Immer mehr Eltern in Bayern lassen ihre Kinder betreuen, doch in den Einrichtungen fehlt das Personal – und das wohl noch viele Jahre
München/Gütersloh Etwa jedes Kleinkind unter drei Jahren besucht in Bayern mittlerweile eine Kita. Von 2011 bis 2020 habe sich die Zahl der unter Dreijährigen in einer Einrichtung zur Kindertagespflege deutlich von 65 617 auf 114 186 Kinder erhöht. Das entspricht einem Anteil von etwa 30 Prozent, wie aus einer neuen Studie der Bertelsmann-Stiftung aus Gütersloh hervorgeht.
Eine Verbesserung der angespannten Personallage in den Kitas zeichnet sich jedoch nicht ab. Der von der Stiftung erstellte „Fachkräfteradar für Kita und Grundschule“hat für den Freistaat errechnet, dass bis 2030 mit den bestehenden Ausbildungskapazitäten 34 000 Menschen neu auf diesem Berufsfeld starten können – notwendig wären aber mehr als 37000. Nur so könne eine kindgerechte Personalausstattung gemäß wissenschaftlicher Empfehlung gewährleistet werden, teilte die Stiftung mit. Diese Lücke sei jedoch bis 2030 weder durch die Aufstockung der Ausbildungskapazitäten zu schließen, noch dürften sich genügend Quereinsteiger finden lassen, um sich pädagogisch zu qualifizieren.
Die Experten rieten dem Freistaat, schon jetzt die Weichen für einen weiteren Ausbau der Kinderbetreuung zu stellen. Die politischen Anstrengungen sollten sich auch darauf konzentrieren, das vorhandene Personal durch attraktive Arbeitsbedingungen
und Verdienstmöglichkeiten zu binden, sagte Kathrin Bock-Famulla von der Bertelsmann-Stiftung. Eine Betreuungsquote von 30 Prozent der unter Dreijährigen liegt deutlich unter der Quote in Ostdeutschland, wo mehr als 50 Prozent der Kleinkinder eine Kita besuchen. Steige die Quote auch in Bayern auf diesen Wert an, fehlten noch mehr Erzieherinnen und Erzieher.
Für Bayern bedeute der Fachkräfteradar große Anstrengungen im Bereich der Ausbildung, der Qualifizierung und der Bindung von pädagogischen Fachkräften, sagte Brigitte Zach von Verdi Bayern. Die Gewerkschaft sieht durch die Bertelsmann-Studie eine eigene Befragung von Kita-Beschäftigten bestätigt. Fachkräfte werden demnach ihrem pädagogischen Auftrag nicht ausreichend gerecht und müssen schlechte Bedingungen durch individuelles Engagement ausgleichen.
Bayerns Familienministerin Carolina Trautner sagte am Dienstag, Maßnahmen gegen den Fachkräftemangel stünden auch ganz oben auf ihrer Agenda. Gleichzeitig kritisierte sie die Macher des Ländermonitorings. Dieses ignoriere viele aktuelle Ansätze, die bereits auf den Weg gebracht worden seien, etwa Verwaltungsund Leitungsbonus oder eine Verkürzung der Ausbildung für Quereinsteiger, die die Erzieherausbildung für diese attraktiver machen soll.