Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Aus der eigenen Wohnung ausgesperrt – was nun?
In welchen Fällen Betroffene bei einer Türöffnung die Feuerwehr rufen können und woran sie einen seriösen Schlüsseldienst erkennen. Experten warnen: Missbrauch kann teuer werden
Ein Augsburger war vor Kurzem zu einer Geldbuße von 6000 Euro verurteilt worden, weil er sich aus seiner Wohnung ausgesperrt hatte und statt des Schlüsseldienstes die Polizei rief. Der 31-Jährige hatte behauptet, dass er etwas auf seinem Herd stehen habe, was nicht stimmte. Um die Gebühren für den Schlüsseldienst kam er zwar herum, die Strafe aber war am Ende wesentlich höher. Wann darf man eigentlich die Polizei rufen, wenn man ohne Schlüssel vor der Türe steht, und welche Verhaltensweise ist wann richtig? Feuerwehr und die Verbraucherzentrale geben Tipps.
Brandinspektor Anselm Brieger erklärt, dass die Feuerwehr immer dann gerufen werden kann, wenn akute Gefahr für Leib, Leben oder Sachwerte bestehe. Dies sei zum Beispiel dann der Fall, wenn die Haustür zufällt, während Essen auf dem Herd kocht oder das Bügeleisen noch angesteckt ist. Aber auch wenn ein Kleinkind aus Versehen seine Eltern auf dem Balkon aussperrt oder ein Kind alleine in der Wohnung ist, kann die Feuerwehr gerufen werden. „Die häufigsten Fälle, zu denen wir gerufen werden, sind jedoch gestürzte oder vermisste Personen in der Wohnung, die selbst nicht mehr öffnen können“, sagt Brieger. Es komme durchaus vor, dass solch eine Notsituation vorgetäuscht wird, jedoch werde die Angabe im Beisein von Zeugen nach der Türöffnung sofort kontrolliert, so Brieger. „Das heißt: Bei einem angeblich eingeschalteten Herd ist unser erster Weg der in die Küche“, erklärt der Brandinspektor. Ein Missbrauch könne teuer werden, wie der Fall des 31-jährigen Mannes zeige.
Liegt keine Gefahr vor, wenn man sich ausgesperrt hat, ist der Schlüsseldienst für die Türöffnung zustän
„Eine gewöhnliche Türöffnung, bei der die Tür ins Schloss gefallen ist, sollte sich bei einem seriösen Schlüsseldienst in einem finanziellen Rahmen von 100 bis 150 Euro bewegen“, sagt Hans Werner Ziegler, Fachberater der Augsburger Verbraucherzentrale. Bei unseriösen Anbietern hingegen starten die Preise oft erst bei einer Summe von 400 Euro. Es ließen sich dann Kosten für Maschineneinsatz, für
An- und Abfahrt und zusätzliche Sonderzuschläge auf der Rechnung finden. Unseriöse Dienstleister seien darauf aus, das Geld für die Türöffnung sofort abzukassieren, so Ziegler. Es gehe so weit, dass sie bereit sind, die Kundschaft bis zum nächsten Geldautomaten zu fahren. „Oft lassen sie den Kunden gar nicht in die Wohnung, bevor er nicht zahlt“, meint der Fachberater.
Wenn man sich aus seiner Wohnung
ausgesperrt hat, solle man auf keinen Fall aus Zeitnot den erstbesten Schlüsseldienst beauftragen, rät Ziegler. Im Internet stößt man nach seinen Worten meistens als Erstes auf Anzeigen und lande so schnell in den Fängen von unseriösen Dienstleistern. „Die wirklich seriösen Anbieter stehen viel weiter hinten. Das sind in der Regel ansässige Firmen, die ein eigenes Geschäft oder einen Handwerksbetrieb unterhalten. Dadig. ran erkennt man einen seriösen Schlüsseldienst“, sagt Ziegler. Am besten suche man sich schon im Vorhinein in Ruhe einen seriösen Ansprechpartner und hinterlege die Nummer in seinem Handy, um sie im Fall der Fälle parat zu haben und ruhig zu bleiben.
Wenn man handwerklich geschickt ist, habe man gute Chancen, eine zugefallene Tür mithilfe einer Checkkarte selbst zu öffnen, so der Fachberater. Wohne man im Erdgeschoss, könne man auch versuchen, eine Fensterscheibe so einzuwerfen, dass man Zutritt zu seiner Wohnung bekommt. „Eine Fensterscheibe kann ich für 50 Euro ersetzen, das ist ein Bruchteil davon, was ich bei einem unseriösen Anbieter für eine Türöffnung zahlen würde“, sagt Ziegler.
Falls man doch an einen unseriösen Dienstleiter gerät, sei der beste Schutz, die Barzahlung zu verweigern. Denn sobald man gezahlt hat, wird der Anbieter das Geld nicht mehr freiwillig herausrücken. Und es mache wenig Sinn, wegen 400 Euro einen Anwalt zu beauftragen und vor Gericht zu gehen, da passe das Verhältnis nicht, meint Ziegler. Außerdem ändern unseriöse Anbieter ihre Firmenbezeichnungen in kurzen Abständen, sodass es gut sein kann, dass die Firma bei einer gerichtlichen Verhandlung gar nicht mehr existiert. Ziegler bezweifelt, dass unseriöse Dienstleister bei einer Zahlungsverweigerung gerichtlich dagegen vorgehen würden. Schließlich wüssten sie, dass sie nicht seriös arbeiten und würden mit einer gerichtlichen Klärung ein Risiko eingehen.
„Grundsätzlich empfehlen wir auch, eine Anzeige bei der Polizei aufzugeben, denn wenn einem der Eintritt in die eigene Wohnung verweigert wird, ist das Nötigung“, erklärt Ziegler. Das sei bereits eine strafbare Handlung.
Gerald Pöhl,
Brunhilde Hammerl, »
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