Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Landrat will Afghanen Schutz bieten
Nach der Machtübernahme der Taliban wollen Tausende das Land verlassen. Bereits Geflüchtete bangen um ihre Familien. In den Unterkünften im Augsburger Land ist Platz
Landkreis Augsburg Die Lage in Afghanistan spitzt sich weiter zu. Tausende versuchen seit der Machtübernahme der Taliban zu flüchten. Angesichts der schrecklichen Bilder aus dem Krisengebiet bangen etliche in Deutschland lebende Afghanen um das Leben ihrer Familienangehörigen, auch im Augsburger Land. Täglich erreichen die Flüchtlingshelfer im Kreis Hilferufe. Wie lange Flieger des Militärs den Flughafen in Kabul noch ansteuern ist unklar. Fest steht: Im Kreis Augsburg ist durchaus Platz für Geflüchtete.
Aktuell werden im Augsburger Land 58 Asylunterkünfte betrieben. Darin leben 1.421 Menschen. Das entspricht einer Auslastung von rund 70 Prozent. Ein knappes Drittel (28,5 Prozent) der Plätze ist frei, teilt Landratsamtssprecher Jens Reitlinger mit. Inwiefern die dramatische Lage nach der Machtübernahme der Taliban in Afghanistan das ändern könnte, sei nicht abzusehen. „Es sind noch keine aktuellen Weisungen seitens der übergeordneten Dienststellen erteilt worden, außer des bekannten Stopps von Rückführungen nach Afghanistan“, erklärt Reitlinger.
Sollte Deutschland Flüchtlinge Afghanistan aufnehmen, werde man diesen Menschen auch im Augsburger Land Sicherheit und Schutz vor dem Taliban-Regime bieten, sagt Landrat Martin Sailer (CSU) auf Nachfrage unserer Redaktion.
Zuvor hatten unter anderem Augsburgs Oberbürgermeisterin Eva Weber (CSU) und Hans Reichhart (CSU), Landrat im Kreis Günzburg, ihren Willen zur Aufnahme ausgesprochen. Sailer: „Aus Afghanistan erreichen uns derzeit täglich
Nachrichten und Bilder, die mich sehr betroffen machen und ein Stück weit erahnen lassen, wie schrecklich die Situation insbesondere für Frauen, Kinder und die Ortskräfte ist.“Diesen Menschen zu helfen, empfinde er als gesellschaftliche Verantwortung.
Einer, der Geflüchteten im Augsburger Land konkret hilft, ist Simon Oschwald. Er ist Leiter des Referats Migration der Diakonie Augsburg. In den vergangenen Tagen erreichten ihn und seine Kollegen etliche verzweifelte Hilferufe von Afghanen aus dem Augsburger Land.
„Viele wollen wissen, wie sie ihre Familie herholen können“, sagt Oschwald. Doch eine klare Antwort darauf gibt es nicht. „Mut machen fällt uns zur Zeit sehr schwer“, sagt Oschwald. Zusammen mit seinen Kollegen versuche er, die Lage zu sondieren und Antworten auf die Fragen der Geflüchteten zu geben. „Einfach ist das nicht“, sagt Oschwald.
Sollte die Luftbrücke nach Kabul geschlossen werden, werde es noch aussichtsloser. Wie viele Menschen die Flucht vor dem Terrorregime über den Landweg dann noch antreten, ist völlig unklar. „Die Lage ist momentan schwer einzuschätzen“, sagt Oschwald: „Ich glaube aber auf jeden Fall, dass bei uns noch Platz für Flüchtlinge wäre oder geschaffen werden kann.“
Auch Elisabeth Sedlacek unterstützt Geflüchtete im Augsburger Land. Sie ist Teil des Helferkreises in Ehingen. Sie sagt: „Es ist schwer zu verstehen, dass die Situation in Afghanistan offenbar so falsch eingeschätzt wurde“. Die Bilder aus Kabul seien erschreckend. Die Flüchtlingshelferin hofft, dass so viele Menschen wie möglich der Schreckensherrschaft der Taliban entkommen können. In der Unterkunft in Ehingen ist aktuell alleraus dings kein Platz mehr. „Wir sind voll“, sagt Sedlacek. Aktuell leben in der Unterkunft elf Kinder und neun Erwachsene.
Ob in den kommenden Monaten tatsächlich Menschen, die wegen der aktuellen Situation aus Afghanistan flüchten, im Augsburger Land untergebracht werden, ist noch unklar. Grundsätzlich werden Asylsuchende in Deutschland erst einer Erstaufnahmeeinrichtung zugewiesen. Danach werden sie weiter verteilt. Die Verteilung auf die Bundesländer erfolgt nach Einwohnerzahl und Steuerkraft. In Bayern werden die Menschen dann auf die Regierungsbezirke sowie Landkreise und kreisfreien Städte nach Quoten verteilt. Grundlage ist die Einwohnerzahl.
Die Asylunterkünfte im Augsburger Land werden vom Landkreis und von der Regierung von Schwaben betrieben. Letztere unterhält aktuell zwölf Gemeinschaftsunterkünfte in Bobingen, Gersthofen, Königsbrunn, Langenneufnach, Neusäß, Schwabmünchen, Stadtbergen, Hegnenbach und Untermeitingen. Die Mehrzahl der Bewohnerinnen und Bewohner kommt aus den bekannten Krisenländern Afghanistan, Äthiopien, Gambia, Irak, Nigeria, Syrien oder der Türkei.
Ohne Luftbrücken wäre es noch aussichtsloser