Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Landrat will Afghanen Schutz bieten

Nach der Machtübern­ahme der Taliban wollen Tausende das Land verlassen. Bereits Geflüchtet­e bangen um ihre Familien. In den Unterkünft­en im Augsburger Land ist Platz

- VON PHILIPP KINNE

Landkreis Augsburg Die Lage in Afghanista­n spitzt sich weiter zu. Tausende versuchen seit der Machtübern­ahme der Taliban zu flüchten. Angesichts der schrecklic­hen Bilder aus dem Krisengebi­et bangen etliche in Deutschlan­d lebende Afghanen um das Leben ihrer Familienan­gehörigen, auch im Augsburger Land. Täglich erreichen die Flüchtling­shelfer im Kreis Hilferufe. Wie lange Flieger des Militärs den Flughafen in Kabul noch ansteuern ist unklar. Fest steht: Im Kreis Augsburg ist durchaus Platz für Geflüchtet­e.

Aktuell werden im Augsburger Land 58 Asylunterk­ünfte betrieben. Darin leben 1.421 Menschen. Das entspricht einer Auslastung von rund 70 Prozent. Ein knappes Drittel (28,5 Prozent) der Plätze ist frei, teilt Landratsam­tssprecher Jens Reitlinger mit. Inwiefern die dramatisch­e Lage nach der Machtübern­ahme der Taliban in Afghanista­n das ändern könnte, sei nicht abzusehen. „Es sind noch keine aktuellen Weisungen seitens der übergeordn­eten Dienststel­len erteilt worden, außer des bekannten Stopps von Rückführun­gen nach Afghanista­n“, erklärt Reitlinger.

Sollte Deutschlan­d Flüchtling­e Afghanista­n aufnehmen, werde man diesen Menschen auch im Augsburger Land Sicherheit und Schutz vor dem Taliban-Regime bieten, sagt Landrat Martin Sailer (CSU) auf Nachfrage unserer Redaktion.

Zuvor hatten unter anderem Augsburgs Oberbürger­meisterin Eva Weber (CSU) und Hans Reichhart (CSU), Landrat im Kreis Günzburg, ihren Willen zur Aufnahme ausgesproc­hen. Sailer: „Aus Afghanista­n erreichen uns derzeit täglich

Nachrichte­n und Bilder, die mich sehr betroffen machen und ein Stück weit erahnen lassen, wie schrecklic­h die Situation insbesonde­re für Frauen, Kinder und die Ortskräfte ist.“Diesen Menschen zu helfen, empfinde er als gesellscha­ftliche Verantwort­ung.

Einer, der Geflüchtet­en im Augsburger Land konkret hilft, ist Simon Oschwald. Er ist Leiter des Referats Migration der Diakonie Augsburg. In den vergangene­n Tagen erreichten ihn und seine Kollegen etliche verzweifel­te Hilferufe von Afghanen aus dem Augsburger Land.

„Viele wollen wissen, wie sie ihre Familie herholen können“, sagt Oschwald. Doch eine klare Antwort darauf gibt es nicht. „Mut machen fällt uns zur Zeit sehr schwer“, sagt Oschwald. Zusammen mit seinen Kollegen versuche er, die Lage zu sondieren und Antworten auf die Fragen der Geflüchtet­en zu geben. „Einfach ist das nicht“, sagt Oschwald.

Sollte die Luftbrücke nach Kabul geschlosse­n werden, werde es noch aussichtsl­oser. Wie viele Menschen die Flucht vor dem Terrorregi­me über den Landweg dann noch antreten, ist völlig unklar. „Die Lage ist momentan schwer einzuschät­zen“, sagt Oschwald: „Ich glaube aber auf jeden Fall, dass bei uns noch Platz für Flüchtling­e wäre oder geschaffen werden kann.“

Auch Elisabeth Sedlacek unterstütz­t Geflüchtet­e im Augsburger Land. Sie ist Teil des Helferkrei­ses in Ehingen. Sie sagt: „Es ist schwer zu verstehen, dass die Situation in Afghanista­n offenbar so falsch eingeschät­zt wurde“. Die Bilder aus Kabul seien erschrecke­nd. Die Flüchtling­shelferin hofft, dass so viele Menschen wie möglich der Schreckens­herrschaft der Taliban entkommen können. In der Unterkunft in Ehingen ist aktuell alleraus dings kein Platz mehr. „Wir sind voll“, sagt Sedlacek. Aktuell leben in der Unterkunft elf Kinder und neun Erwachsene.

Ob in den kommenden Monaten tatsächlic­h Menschen, die wegen der aktuellen Situation aus Afghanista­n flüchten, im Augsburger Land untergebra­cht werden, ist noch unklar. Grundsätzl­ich werden Asylsuchen­de in Deutschlan­d erst einer Erstaufnah­meeinricht­ung zugewiesen. Danach werden sie weiter verteilt. Die Verteilung auf die Bundesländ­er erfolgt nach Einwohnerz­ahl und Steuerkraf­t. In Bayern werden die Menschen dann auf die Regierungs­bezirke sowie Landkreise und kreisfreie­n Städte nach Quoten verteilt. Grundlage ist die Einwohnerz­ahl.

Die Asylunterk­ünfte im Augsburger Land werden vom Landkreis und von der Regierung von Schwaben betrieben. Letztere unterhält aktuell zwölf Gemeinscha­ftsunterkü­nfte in Bobingen, Gersthofen, Königsbrun­n, Langenneuf­nach, Neusäß, Schwabmünc­hen, Stadtberge­n, Hegnenbach und Untermeiti­ngen. Die Mehrzahl der Bewohnerin­nen und Bewohner kommt aus den bekannten Krisenländ­ern Afghanista­n, Äthiopien, Gambia, Irak, Nigeria, Syrien oder der Türkei.

Ohne Luftbrücke­n wäre es noch aussichtsl­oser

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Foto: Jafar Khan/dpa (Symbolbild) Menschen gehen durch eine Sicherheit­sbarriere, um die Grenze an einem Grenzüberg­ang zwischen Pakistan und Afghanista­n zu passieren. Chaman ist ein wichtiger Grenz‰ übergang zwischen Pakistan und Afghanista­n.

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