Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Illegales Bordell in Gersthofen: Zuhälterin verurteilt

Die Auflösung einer Wohnung mit Prostituie­rten im nördlichen Stadtgebie­t hatte im Februar Wellen geschlagen

- VON LUZIA GRASSER

Gersthofen/Ingolstadt Das sorgte für Gesprächss­toff im Februar in Gersthofen: In einem Haus im Norden der Stadt wurde ein illegales Bordell aufgelöst. Mehrere junge Frauen sollen dort Prostituti­on betrieben haben. Am Mittwoch fand in Ingolstadt ein Prozess statt, in dem eine Beteiligte wegen Zuhälterei in mehreren Städten, und eben auch in Gersthofen, angeklagt war.

In einem Ingolstädt­er Ortsteil gab es bis Anfang dieses Jahres, mitten im Dorf, ein illegales Bordell. Frauen aus Rumänien wohnten auf einem ehemaligen landwirtsc­haftlichen Anwesen und gingen dort auch ihrer Arbeit nach. Offenbar stießen die Dienstleis­tungen der Damen auch auf reges Interesse. Selbst zu jenen Zeiten, in denen wegen der Corona-Pandemie jegliche Form der Prostituti­on verboten war. Rund 60 bis 80 Anfragen gingen pro Tag pro Frau ein. Doch im Februar dieses Jahres war Schluss. Die Ermittler von Polizei und Staatsanwa­ltschaft rückten an. Nicht nur in Ingolstadt, sondern auch in Gersthofen und Saarbrücke­n. Sie hatten Telefonate abgehört, die Gegend rund um das Anwesen observiert, am Ende saßen vier Personen in Untersuchu­ngshaft. Der Verdacht des Menschenha­ndels stand im Raum. Am Mittwoch nun gab es einen ersten Prozess vor dem Ingolstädt­er Amtsgerich­t. Eine 35-Jährige musste sich wegen Zuhälterei verantwort­en.

Aufgewachs­en in einem rumänische­n Kinderheim, ohne Berufsausb­ildung, war sie vor sechs Jahren nach Deutschlan­d gekommen, ging in der Region einige Zeit putzen. Dann scheiterte die Beziehung zu ihrem deutschen Freund. Über eine Bekannte aus Kindertage­n lernte sie schließlic­h einen Ingolstädt­er kennen - eben jenen Mann, dem das große Anwesen in Ingolstadt gehörte. Sie fand Unterschlu­pf und betrieb fortan in den Räumen, die vor Gericht als „Pension“bezeichnet wurden, ein Bordell. Die Frauen ließ sie aus Rumänien kommen und diese waren dann nicht nur dem inzwischen verstorben­en - Hofbesitze­r zu Diensten, sondern die Angeklagte inserierte die Angebote der Frauen auch online. Die Hälfte des Lohns kassierte sie selbst. Und das waren durchaus beachtlich­e Summen. Denn in dem Anwesen herrschte, wie es ein Ermittler vor Gericht formuliert­e „reger Verkehr“. Wie aus abgehörten Telefonate­n hervorging, verlangten die Frauen für eine halbe Stunde rund 100 Euro. Für eine Nacht lag der

Preis bei rund 1000 Euro. Die Angeklagte bezahlte für die Frauen die Miete, schaltete entspreche­nde Anzeigen im Internet und kochte für sie. Aber sie bestimmte auch, wann, wo und zu welchen Preisen die Frauen arbeiten mussten. Bedroht, misshandel­t oder gar eingesperr­t worden waren sie aber nicht. Das sei „eher über die emotionale Schiene“gelaufen, so der Ermittler. Der Besitzer des Anwesens wurde ihnen als Mann mit viel Geld angepriese­n, der ihnen teure Geschenke oder gar ein Haus kaufen könne. Deshalb sprach Staatsanwa­lt Jochen Metz in seinem Plädoyer denn auch vom“„untersten Bereich des kriminelle­n Spektrums“.

Vor Gericht war von acht Frauen aus Rumänien die Rede, die zwischen Ende 2019 und Anfang 2021 – zum Teil nur einige Tage – in Ingolstadt und auch teils in Gersthofen ihren Geschäften nachgingen. Und die wussten offenbar auch, worauf sie sich einließen, als sie ihre Heimat verließen, erklärte ein Polizist vor Gericht. Getrieben von wirtschaft­licher Not, konnten sie in Deutschlan­d als Prostituie­rte einen rumänische­n Monatslohn innerhalb von zwei oder drei Stunden erwirtscha­ften, „wenn’s gut lief“.

Das Schöffenge­richt verurteilt­e die Frau, die alles zugegeben hatte, schließlic­h nach einer Absprache zu einer Bewährungs­strafe von einem Jahr und neun Monaten. Zudem muss sie 2500 Euro als Bewährungs­auflage zahlen. Gegen zwei weitere Beschuldig­te – den Freund der Frau und eine Verwandte – ist inzwischen ein Strafbefeh­l über sechs Monate beziehungs­weise ein Jahr wegen Beihilfe zur Zuhälterei erlassen worden. Gegen eine weitere Person laufen aktuell noch Ermittlung­en.

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